Weil das Gebäude eine Solaranlage bekommt, kündigt Vermieter griechischem Lokal Sirtaki. Wirtspaar sieht Zerstörung seines Lebenswerks.
- Das griechische Restaurant Sirtaki in Glinde steht vor dem Aus
- Nicht etwa schlecht laufende Geschäfte sind schuld, sondern der geplante Bau einer Photovoltaikanlage
- Die Betreiber müssen sich jetzt beruflich umorientieren
Glinde. Wie immer steht Ioannis Bakirtzis (52) auch an diesem Morgen um 9.30 Uhr in der Küche. Rund zwei Stunden dauern die Vorbereitungen für den Mittagstisch. Er backt unter anderem Brot, schneidet Gurken und bestückt den Drehspieß mit Fleisch, während seine Frau Dimitra (49) Gläser sortiert und Tischdecken aufzieht.
Seit 2003 betreibt das Paar das griechische Restaurant mit dem Namen Sirtaki am Glinder Marktplatz in bester Lage. Demnächst müssen die Gastronomen den Betrieb schließen. Letztmalig werden Gäste am 29. Februar kommenden Jahres mit Gyros, Zaziki, Souvláki, Lammfilet und Calamari verköstigt. Der Vermieter, Glunz Immobilien, hat den Vertrag gekündigt. Es ist das Ende einer Institution.
Restaurant in Glinde: Sirtaki muss schließen – Betreiber muss sich umorientieren
Als Institution bezeichnet nicht nur Sven Rau das Lokal. Er ist Mitglied der Glinder Gewerbevereinigung und fungiert als Berater der Eheleute. Die Vertragsauflösung begründet der 58-Jährige so: „Uns wurde mitgeteilt, dass aufgrund von energietechnischen Maßnahmen ein Restaurant nicht mehr betrieben werden kann. Das Gebäude wird saniert und bekommt eine große Photovoltaikanlage aufs Dach, Fette aus dem Abzugskanal würden die Module bei ungünstigen Windverhältnissen verunreinigen.“ Rau ist selbst oft zum Speisen im Sirtaki. Mit seinen Arbeitskollegen wird er sich hier auch zum Weihnachtsessen treffen. Er sagt: „Es geht sehr familiär zu. Ich empfinde den Besuch wie ein Nachhausekommen.“ Ioannis Bakirtzis erzählt, er lebe quasi von der Stammkundschaft.
Die Kündigung, die er Ende Oktober erhalten hat, war für ihn und seine Frau ein schwerer Schlag. „Sie hat uns erstmal den Boden unter den Füßen weggezogen. Unser Lebenswerk wird zerstört. Wir hätten gern noch fünf bis zehn Jahre weitergemacht.“ Was die Zukunft bringt, weiß er noch nicht. Ihm schwebt die Arbeit als Angestellter in einem Lokal vor. Mit dem Schreiben von Bewerbungen wird sich Ioannis Bakirtzis aber erst nach den Weihnachtsfeiertagen beschäftigen. Zu viel sei derzeit zu tun. Seine Frau hat auch noch keinen neuen Job. Die anfängliche Existenzangst habe sich inzwischen gelegt, sagen die beiden. Das Paar lebt in Glinde und hat zwei Töchter, 13 und 23 Jahre alt.
Ioannis Bakirtzis ist gebürtiger Hamburger und hat sein komplettes Berufsleben in der Gastronomie verbracht. Vor dem Gang in die Selbstständigkeit war er bei seinem Onkel in einem griechischen Lokal in Bergedorf als Servicekraft und Koch tätig. Sein Restaurant in Glinde hat er gemütlich eingerichtet. Stühle und Zweisitzer sind aus dunklem Kunstleder, die Wände in hellem Farbton und mehrere Bilder angehängt. Die brusthohe Trennwand zwischen Gästebereich und jenem mit Getränkeeinschank und Telefonannahme für Bestellungen hat er selbst mit Gips-Dekor versehen. Noch vor zwei Jahren investierte das Paar rund 4000 Euro in einen neuen Laminatboden in Holzoptik.
In dem griechischen Restaurant in Glinde ist Platz für 45 Gäste
Nun gilt es, möglichst viel vom Interieur zu verkaufen. „Einiges wird sicherlich auf dem Müll landen“, sagt Ioannis Bakirtzis. Er wirkt gefasst, als er diese Worte spricht, verschwendet keine Zeit damit, sich selbst zu bemitleiden. Eines weiß er aber schon jetzt: „So richtig weh tun wird es am 29. Februar.“ Dann hat es sich im Sirtaki zu später Stunde sozusagen ausgetanzt.
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Das Restaurant ist rund 130 Quadratmeter groß, hat 45 Plätze und genauso viele im Außenbereich, wo allerdings nur in der warmen Jahreszeit serviert wird. Früher hatte das Paar vier Angestellte, inzwischen nur noch zwei: einen Koch für die Abendstunden sowie eine Servicekraft. „Es ist schwer, qualifiziertes Personal zu finden“, sagt der Gastronom. Der Vorteil mit sechs Personen sei gewesen, dass er trotz Familienurlaubs Einnahmen generieren konnte. Die Kollegen regelten den Betrieb. Der ruhte in den vergangenen Jahren immer zwei bis drei Wochen, wenn die Betreiber in den Ferien waren.
Vabali Spa in Glinde hat dem Sirtaki zusätzliche Kundschaft gebracht
Vor allem an Wochenenden ist das Sirtaki gut besucht. Sonnabend und Sonntag sind die umsatzstärksten Tage. Profitiert hat das Gastronomenpaar vom Bau der Wellness-Oase mit integriertem Hotel an der Straße In der Trift. Das Vabali Spa ist zu Fuß nur wenige Minuten entfernt. „Das hat uns zusätzliche Kundschaft gebracht“, sagt Ioannis Bakirtzis. Im Internet findet man Hunderte Bewertungen über sein Lokal auf Google. In Summe vergeben die Gäste viereinhalb von fünf möglichen Sternen. „Super leckeres Gyros und Lammfilet. Das gebratene Gemüse ist frisch und schmeckt sehr gut. Wir kommen sehr gerne wieder“, schreibt jemand. Begeistert ist auch ein anderer Gast: „Gemütliche Taverne durch Zufall gefunden mit sehr guter Küche. Essensqualität und Würzung sehr gut. Sehr liebe Bedienung mit schnellem Service. Komme gerne wieder vorbei.“
Berater Sven Rau hat sich in Glinde nach Alternativen umgeschaut für Ioannis Bakirtzis, jedoch keine passende Immobilie gefunden. Er sagt: „Wenn man im Alter von 52 Jahren noch 150.000 Euro in Abzugsanlage und Fettabscheider investieren muss, dann lohnt es sich einfach nicht.“ Und in benachbarten Kommunen gebe es ohnehin genug griechische Gastroangebote. Wer auf das Sirtaki folgt in dem Gebäudekomplex mit der ehemaligen Commerzbank-Filiale, darüber haben weder Betreiberpaar noch die Gewerbevereinigung Kenntnis. Auf Anfrage dieser Redaktion wollte sich Glunz Immobilien nicht äußern.