Glinde. Mehrheit der Politik votiert für neue Rathausabteilung in Glinde mit vier Vollzeitstellen. Mitarbeiter erhalten Schutzwesten.
In Schleswig-Holstein hatte sich Heide jüngst dafür entschieden, größere Städte wie zum Beispiel Neumünster, Kiel, Dortmund und Karlsruhe verfügen schon länger über diese Spezialabteilung in ihren Rathäusern. Jetzt zieht auch Glinde nach. Die Kommune im Süden des Kreises Stormarn legt sich einen kommunalen Ordnungsdienst zu. Dafür werden 2024 vier Vollzeitstellen geschaffen. Die neuen Verwaltungskräfte sollen die öffentliche Sicherheit verbessern, werden den Großteil ihrer Arbeitszeit mit Kontrollgängen verbringen. Sie bekommen Schutzwesten und womöglich Schlagstöcke. Diese gelten als Waffen, dürfen nur zur Notwehr eingesetzt werden bei einem Angriff auf die eigene Person.
Dafür sind im kommenden Jahr Personalkosten in Höhe von 280.000 Euro veranschlagt sowie weitere 150.000 für Schulungen und Ausrüstung samt Uniform, Smartphones und Tablets. Initiatoren der neuen Verwaltungseinheit, die ans Ordnungsamt angedockt ist, sind CDU und FDP. Beide Fraktionen hatte im Hauptausschuss einen gemeinsamen Antrag vorgelegt, den sie ohne Zustimmung von SPD und Grünen durchdrückten. Die Bestätigung im Stadtparlament ist eine Formalie. Dort hat Schwarz-Gelb eine Mehrheit.
Sicherheitskräfte sollen in einem Zwei-Schicht-Modell arbeiten
Das Rathaus ist jetzt beauftragt, ein „Konzept mit maximalen Eingriffsbefugnissen und Kompetenzen auszuarbeiten“. Das beinhaltet auch, welche Dinge zur Eigensicherung notwendig sind. Die Antragsteller pochen auf sogenannte Distanzmittel. „Das kann ein Schlagstock oder auch Pfefferspray sein“, sagt der CDU-Vorsitzende Claus Peters. Ziel ist es, in einem Zwei-Schicht-Modell zu arbeiten. Die Uniformen des Ordnungsdienstes sollen möglichst stark an jene der Polizei angelehnt sein. Mit der will man sich abstimmen, an welchen Orten und zu welchen Zeiten die neuen Verwaltungskräfte patrouillieren.
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Diese sollen in erster Linie an Straßen und auf Plätzen im gesamten Stadtgebiet Ansprechpartner für Bürger sein. Sie könnten aber auch Parksünder überführen, illegaler Müllentsorgung nachgehen, bei Verstößen gegen das Gewerbe- und Gaststättenrecht eingesetzt werden und bei Krawallen etwa durch Jugendliche und junge Erwachsene deeskalierend wirken. Peters und FDP-Fraktionchef Thomas Kopsch haben ein breites Tätigkeitsspektrum aufgezeigt. Sie berichten von zahlreichen Beschwerdeschreiben aus der Bevölkerung mit dem Inhalt von Sorge um die Sicherheit. Der CDU-Politiker spricht zudem von drei Locations, ohne diese genau zu verorten, wo man illegale Betäubungsmittel kaufen kann.
Neue Abteilung kann Personen in Gewahrsam nehmen
Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Barbara Bednarz erzählt von einem Vorfall auf dem Marktplatz Ende Oktober nach der von ihr organisierten Suppenküche für Bedürftige im Bürgerhaus: „Gegen 14.30 Uhr wurden zwei unserer Gäste von Jugendlichen mit Knallkörpern beschossen.“ Die Polizei sei zwar aufgetaucht, habe die Täter aber nicht zur Rede stellen können. Noch schlimmer war es an Halloween. Zu später Stunde versammelten sich rund 100 jüngere Menschen an dem zentralen Ort, Feuerwerkskörper und Gegenstände wurden auf ankommende Streifenwagen geworfen. Mit einem Hammer zerschlug ein Chaot, der eine Sturmhaube trug, die Schaufensterscheibe eines Friseursalons. Vandalismus ist in Glinde keine Seltenheit.
Einen privaten Sicherheitsdienst haben Christdemokraten und Liberale nicht vorgeschlagen wegen fehlender Befugnisse, dazu unter der Überschrift „rechtliche Möglichkeiten“ eine Vergleichsliste skizziert. Vorteile der kommunalen Kräfte sind: Sie können Personen in Gewahrsam nehmen und durchsuchen, Platzverweise aussprechen, Personalien feststellen. Dafür muss es natürlich einen Anlass geben. Das Verweisen aus einer Wohnung bei häuslicher Gewalt, Finger- und Handabdrücke abnehmen und Ermittlungen in Strafsachen sind ausgeschlossen. Das alles obliegt allein der Polizei.
Bürgermeister wäre gern niederschwelliger an die Sache herangegangen
Derzeit hat das Glinder Ordnungsamt nur Mitarbeiter im Außendienst, die Knöllchen an Falschparker verteilen. Für Rundgänge mit anderen Tätigkeitsschwerpunkten fehlt es an Kapazitäten. Um das neue Personal auf die Aufgaben vorzubereiten, schlagen CDU und FDP ein gemeinsames Sicherheitstraining mit der Polizei vor. Der Verwaltung hat das Parteien-Duo klar aufgezeigt, was es zu eruieren gilt. Bürgermeister Rainhard Zug kritisiert die Vorgehensweise. „Der Weg ist verkehrt, ich hätte gern erst ein Konzept vorgelegt als Grundlage für einen Beschluss.“ Außerdem sei es sein Wunsch gewesen, man wäre niederschwelliger an die Sache herangegangen.
Das sieht der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Lauterbach genauso. „Es geht auch ein bisschen kleiner. Man könnte bürgernahe Beamte einstellen, die den Menschen zur Seite stehen, oder auch einen Streetworker für Jugendliche einsetzen. Nun aber wird eine Polizei neben der Polizei installiert. Dabei ist Glinde kein Kriminalitätsschwerpunkt.“ Das Tragen einer Uniform erzeuge sofort Aggressionen und demonstriere Macht. Grünen-Fraktionschef Lüder Lückel lehnt den kommunalen Ordnungsdienst nicht prinzipiell ab. „Wenn er auf vernünftigen Füßen steht, kann ich mir das vorstellen. Allerdings halte ich nichts davon, im ersten Schritt gleich bewaffnetes Personal auf die Straße zu schicken.“ Wie Lauterbach plädiert er für Streetworker, die sich um junge Menschen kümmern und wichtige Präventionsarbeit leisten.