Ahrensburg. Politiker in Ahrensburg planen eine Stellungnahme zu umstrittenem Bau. An welchen Punkten die Verwaltung Nachbesserungsbedarf sieht.

Ahrensburgs Bau- und Planungsausschuss und Umweltausschuss haben in einer gemeinsamen Sondersitzung über die städtische Stellungnahme zum Bau der S4 beraten. Die Schlossstadt hat bis Mittwoch, 8. November, Zeit, im Planfeststellungsverfahren für den 8,5 Kilometer langen, dritten Bauabschnitt von der schleswig-holsteinischen Landesgrenze bis zum Stadtteil Gartenholz Einwendungen geltend zu machen.

Die S4 soll ab Ende 2029 Hamburg-Altona über den Hauptbahnhof mit Bad Oldesloe verbinden. In Ahrensburg ist das 1,85 Milliarden Euro teure Projekt umstritten. „Derzeit tragen wir alle Einwendungen zusammen und gießen sie in ein Schreiben“, sagte Rafael Haase, der als S4-Beauftragter der Verwaltung die Federführung bei der Begleitung des Großprojektes übernimmt. Der Bearbeitungsstand liege derzeit bei 80 Prozent.

S4 nach Ahrensburg: Stadt sieht Mängel bei Lärmschutz und Umwelt

„Leider werden die Fristen in solchen Verfahren von den zuständigen Behörden bewusst eng gesetzt, damit sich die mitspracheberechtigen Träger und Personen nicht zu ausufernd äußern können“, sagte der Bauingenieur und verwies darauf, dass der Verwaltung seit der Veröffentlichung der Planunterlagen am 26. September nur sechs Wochen Zeit geblieben seien, diese durchzuarbeiten und eine Reaktion zu verfassen. Haase ist dennoch optimistisch: „Wir werden es schaffen, bis zum 8. November eine qualifizierte Stellungnahme abzugeben.“

In die Erarbeitung sind laut Bürgermeister Eckart Boege verschiedene Fachbereiche der Verwaltung sowie ein externer Fachanwalt und ein Schallgutachter eingebunden. Seit Ende der Sommerferien habe zudem einmal in der Woche eine Arbeitsgemeinschaft mit Vertretern der Fraktionen getagt und auch der BUND sei beratend tätig geworden. „Ich danke allen Beteiligten, die sehr viel Arbeit in sehr kurzer Zeit geleistet haben“, sagte der Verwaltungschef.

S4-Beauftragter spricht von Ungereimtheiten und veralteten Annahmen

Laut Haase wird sich die Stadt zu Punkten wie Lärmschutz, Verkehr und Liegenschaften äußern. „Die entsprechenden Gutachten liegen weitgehend vor“, so der S4-Beauftragte. Der Ingenieur sieht insbesondere in den Bereichen Lärmschutzvoruntersuchungen und Umweltfolgen Mängel in den Planungen der Bahn. „Wir haben teilweise Ungereimtheiten und veraltete Annahmen in den Plänen, da setzen wir an“, so Haase.

So soll der Bahnhof Ahrensburg-Gartenholz nach dem Umbau für die S4 aussehen.
So soll der Bahnhof Ahrensburg-Gartenholz nach dem Umbau für die S4 aussehen. © DB | db

„Wir reden erst seit etwa zehn Jahren über die Bedeutung von Mooren und Talräumen für das Klima, die Planungen sind deutlich älter“, nennt der Experte ein Beispiel. Welche Auswirkungen der Bau der Trasse auf ebenjene Naturräume im Ahrensburger Tunneltal und im Auetal habe, sei somit seinerzeit gar nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Stadt pocht auf Ausgleichsmaßnahmen in unmittelbarer Nähe

Insbesondere werde sich die Stadt dafür einsetzen, dass Ausgleichsmaßnahmen für die Eingriffe in die Natur beim Bau der S4 in direkter Umgebung umgesetzt werden. „Das ist ein wesentlicher Punkt, denn zurzeit plant die Bahn Maßnahmen in Flensburg, Bad Oldesloe oder Schwarzenbek, aber lässt Potenziale im Trassierungsbereich liegen. Da werden wir massiv gegen angehen“, sagt der Ingenieur. Die Einzelheiten des Entwurfs für die Stellungnahme wird der S4-Beauftragte in der kommenden Woche vorstellen.

Die Politiker befassten sich auch mit den Anregungen an die Stadtverordneten aus der Einwohnerversammlung vom 27. September. Das Gremium hat die Möglichkeit, dem Stadtparlament Vorschläge zur Abstimmung vorzulegen. Dazu muss eine Mehrheit, die mindestens 30 Prozent der anwesenden Bürger entspricht, sich für die Anregung aussprechen. Fünf Vorstöße hatten dieses Quorum erreicht.

Mehrere Anregungen aus Einwohnerversammlung nicht zulässig

Die Verwaltung hat alle Anregungen von einem Fachanwalt auf ihre rechtliche Zulässigkeit prüfen lassen und das Ergebnis nun den beiden Ausschüssen vorgestellt. Hintergrund ist, dass die Stadt als Trägerin öffentlicher Belange anders als Privatpersonen nur zu Bereichen Einwände erheben kann, die in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich liegen. Darunter fallen beispielsweise Auswirkungen des Bauprojektes auf Stadtplanung, Verkehrsführung und -sicherheit, nicht aber die Bereiche Umwelt und Natur, für welche die Untere Naturschutzbehörde des Kreises verantwortlich ist.

Gleich mehrere Anregungen aus der Einwohnerversammlung bezögen sich auf solche Punkte, die nicht in die Zuständigkeit Ahrensburgs fielen, sagte Bauamtsleiter Peter Kania. Zum Beispiel die Forderung, beim Bau der Brücke, die den derzeitigen Bahnübergang Brauner Hirsch ersetzen soll, auf Gründungspfeiler zu verzichten, um das dortige Grabungsschutzgebiet für Steinzeitfunde nicht zu beeinträchtigen.

Über Verkehrskonzept und HVV hop sollen Gremien separat beraten

Die Stadt könne dazu keine Stellungnahme abgeben, habe die Anregung aber an das zuständige Archäologische Landesamt weitergegeben. Andere Punkte seien nicht Teil des Planfeststellungsverfahrens. Dazu zählt die Forderung des Vorsitzenden der Dorfgemeinschaft Ahrensfelde, Peter Körner, nach einem Verkehrskonzept für den südlichen Stadtteil.

Die Anwohner in Ahrensfelde befürchten eine massive Zunahme des Durchgangsverkehrs, wenn der Bahnübergang durch eine Brücke ersetzt wird. Der Verkehr im weiteren Umfeld der S-Bahn sei eine Angelegenheit der Stadt, über ein solches Konzept müsse deshalb der Bau- und Planungsausschuss unabhängig von den Planfeststellungsverfahren beraten, so Kania. Dasselbe gelte auch für den Wunsch nach einer Ausweitung des Angebots der On-Demand-Shuttles von HVV hop und anderer öffentlicher Verkehrsmittel für die sogenannte „letzte Meile“ zwischen Bahnhof und Haustür.

Verwaltung folgt Anregungen zu

Anderen Anregungen folgt die Verwaltung hingegen und empfiehlt den Stadtverordneten, sie in die städtische Stellungnahme aufzunehmen. Zum Beispiel soll eine Forderung zum Schutz des Grundwassers Teil des Textes werden, ebenso soll sich die Stadt für den Erhalt der Querungsmöglichkeit am Weg zum Moor einsetzen.

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Der dortige Bahnübergang, der von Fußgängern als Abkürzung ins Naturschutzgebiet östlich der Gleise genutzt wird, soll den Plänen der Deutschen Bahn zufolge ersatzlos wegfallen. Unstrittig ist auch die Forderung, die Verwaltung möge sich bei der Bahn für innovative, optisch verträglichere Lärmschutzkonzepte als Alternative zu den geplanten, bis zu sechs Meter hohen Wände entlang der Trasse einsetzen.

S4: Tempolimit für Züge würde Lärmpegel nicht nennenswert senken

Eine weitere Anregung beauftragt die Verwaltung, sich aus Lärmschutzgründen für ein Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde für Züge im Ahrensburger Stadtgebiet einzusetzen. Das sei zwar rechtlich möglich, aber die Untersuchungen eines vom Rathaus beauftragten Schallgutachters hätten ergeben, dass eine solche Geschwindigkeitsbegrenzung keine nennenswerten Auswirkungen auf den Lärmpegel habe, heißt es dazu. Ob die Forderung dennoch Teil der Ahrensburger Stellungnahme wird, liegt in der Hand der Stadtverordneten.

Sie entscheiden bei einer außerplanmäßigen Sitzung am Montag, 30. Oktober, welche der Punkte aufgenommen werden. Nach deren Votum soll der vollständige, finale Text am Mittwoch, 1. November, bei einer weiteren Sondersitzung des Bau- und Planungs- uns des Umweltausschusses beraten werden. Am Montag, 6. November, kommen die Stadtverordneten erneut zusammen, um über das Ergebnis abzustimmen, ehe die Verwaltung das Papier an das zuständige Amt für Planfeststellung Verkehr übergibt.

Stadtverordnetenversammlung Mo 30.10., 19.30, Reithalle Marstall, Lübecker Straße 8