Todendorf. Todendorfer hat Rechtsstreit um Zuwegung von der Bundesstraße aus verloren. Nun ist auch die Alternativroute gesperrt.
Es ist nicht einmal vier Wochen her, da musste Philipp Lemke eine juristische Niederlage einstecken, die seine wirtschaftliche Existenz gefährden könnte. Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte damals die Klage des Todendorfers gegen den Planfeststellungsbeschluss für den dreispurigen Ausbau der Bundesstraße 404 zwischen der A1 und der A24 abgewiesen.
Der 36-Jährige betreibt auf dem familieneigenen Hof an der B404 ein Fachgeschäft für Imkereibedarf. Die derzeitige Zuwegung über einen Wirtschaftsweg von der Bundesstraße aus soll für den Bau einer Nothaltebucht wegfallen. Das wollte Lemke nicht hinnehmen. Den Weg habe es seit dem Bau der Bundesstraße in den 1960er-Jahren immer gegeben, er sei für die Handelstätigkeit des Familienbetriebs unverzichtbar, damit Kunden und Zulieferer das Geschäft erreichen könnten.
Die Richter in Schleswig wiesen die Klage ab. Einen „Anspruch auf optimale Erreichbarkeit“ gebe es nicht, solange „andere zumutbare Alternativen“ existierten mit Umwegen von bis zu zweieinhalb Kilometern Länge, so die Urteilsbegründung. Lemke und seine Familie, zu der außerdem Ehefrau Claudia sowie die Kinder Max (9), Laura (6) und Nesthäkchen Sofie (4) gehören, könnten seinen Hof auch von Todendorf aus über die Straße Zum Mühlenteich östlich der Bundesstraße erreichen. Nun gibt es für den 36-Jährigen die nächste Hiobsbotschaft. Denn plötzlich ist auch diese Ausweichroute gesperrt. Der Grund: Brückenarbeiten an der B404.
„Am Montagmorgen war die Absperrung da“, sagt Lemke. Zunächst habe er seinen Augen nicht getraut. „Von heute auf Morgen war die Straße einfach dicht.“ Bis voraussichtlich Montag, 13. November, soll die Vollsperrung laut Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) andauern. An der Brücke wird noch länger gebaut, die Arbeiten sollen nach sechs Wochen am Sonntag, 3. Dezember, abgeschlossen sein.
Ausweichstrecke ist noch komplizierter als die neue Zuwegung
Die Straße Zum Mühlenteich verläuft unter der B404-Brücke. Die Kosten für die Instandsetzung jener in Höhe von 115.000 Euro trägt der Bund. „Aus Gründen der Verkehrssicherheit, des Arbeitsschutzes und der Bauqualität“ können die Arbeiten laut LBV nur unter Vollsperrung erfolgen.
Philipp Lemke, seinen Kunden und seinen Zulieferern bleibt damit zeitweise nur noch eine Möglichkeit, um überhaupt zu Hof und Geschäft zu gelangen: Über den Feldweg Kahlredder von der Lasbeker Straße im Steinburger Ortsteil Mollhagen aus. „Dieser Weg ist noch schwieriger zu finden und noch kleiner“, beklagt der Unternehmer und versucht sich mit Sarkasmus: „Wenn das so weitergeht, komme ich bald nur noch mit einem Hubschrauber zu meinem Hof.“
Zulieferer wollen das Imkereigeschäft nicht mehr anfahren
Schon die Zuwegung über die Straße Zum Mühlenteich stellt den Familienbetrieb vor große Probleme. Der Feldweg ist über weite Abschnitte unbefestigt sowie auf gesamter Länge von 2,5 Kilometern nur einspurig. Weil bei Begegnungsverkehr im Ernstfall viele Hundert Meter zurückgesetzt werden müsste, hatten mehrere Speditionen laut Lemke angekündigt, das Geschäft künftig nicht mehr zu beliefern, sollte eine direkte Zufahrt über die B404 nicht mehr möglich sein.
Die aktuelle Umleitung sei zwar ausgeschildert, aber dennoch alles andere als trivial. „Man muss durch ganz Todendorf fahren und dann in Mollhagen noch einmal durch den ganzen Ort“, so der 36-Jährige. Zudem erfolge die Zufahrt zum Geschäft nun von einer ganz anderen Himmelsrichtung aus, was Kunden und Lieferanten verwirren könne.
Lemke bemängelt eine fehlende Kommunikation seitens des LBV
Philipp Lemke bemängelt nicht die Tatsache der Sperrung an sich. Dem Todendorfer stößt vor allem die Kommunikation des LBV sauer auf. „Die findet quasi nicht statt“, sagt er. „Man hat uns diese Sperrung einfach vor den Latz geknallt, ohne Rücksicht zu nehmen.“
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„Ein Nachbar hat durch eine Whatsapp-Nachricht von der Sperrung erfahren, die ich ihm an dem Morgen geschickt habe“, so Lemke. Insgesamt seien fünf Haushalte betroffen. „Hätten wir rechtzeitig von der bevorstehenden Sperrung gewusst, hätte ich meine Kunden informieren und erklären können, wie sie die Zufahrt finden oder für bestellte Waren einen anderen Abholtermin vereinbaren können“, sagt der Unternehmer.
Die Familie befürwortet den Ausbau der Bundesstraße
Gegen den Ausbau der B404 habe er nichts, betont Lemke. Im Gegenteil: „Unsere Familie hat dieses wichtige Infrastrukturprojekt von Beginn an unterstützt.“. Das sei schon beim Bau der B404 so gewesen und daran habe sich auch in der Gegenwart nichts geändert. „Sie durch die Überholspuren sicherer zu machen, begrüßen wir ausdrücklich“, so Lemke.
Der Urgroßvater des Todendorfers hatte Anfang 1961 für den Bau der Bundesstraße mehrere Flurstücke aus seinem Grundbesitz abgetreten, sollte dafür im Gegenzug ein grundbuchlich gesichertes Nutzungsrechtsrecht für den Anschluss an die B404 erhalten. Diese Eintragung ist durch das Land allerdings nie vorgenommen worden – und der Anspruch darauf inzwischen verjährt.
Lemke erwägt, mit dem Fall vor das Bundesverwaltungsgericht zu ziehen
Philipp Lemke kann nicht nachvollziehen, warum die Abzweigung nicht trotz Nothaltebucht erhalten bleiben kann. Den Rechtsstreit in dieser Sache möchte er noch nicht endgültig verloren geben, obwohl das OVG eine Revision in seiner Entscheidung nicht zuließ. „Wir prüfen einen Widerspruch gegen die Nichtzulassung“, sagt der 36-Jährige. Dann könnte der Fall am Bundesverwaltungsgericht (BVG) in Leipzig landen.
Das BVG könnte für die Lemkes der letzte Ausweg sein. Eine Verlagerung des Geschäfts sei aus familiären und finanziellen Gründen derzeit keine Option. „Hier an der B404 sind wir auf unserem eigenen Land. Woanders müssten wir Gewerbefläche anmieten oder gar neu erwerben, das macht betriebswirtschaftlich überhaupt keinen Sinn“, erklärt Lemke. Sollte die Direktzufahrt von der Bundesstraße dauerhaft wegfallen, werde er das Geschäft wohl aufgeben müssen.