Bargteheide. Der partei- und fraktionslose Stadtvertreter macht für die Abwahl der Amtsinhaberin Kampagne der CDU verantwortlich.

Als gegen 22.30 Uhr die ultimative Siegeshymne „We Are The Champions“ der legendären britischen Rockband Queen erklang, erlebte der Wahlabend im großen Saal des ehemaligen Jagdschlosses Malepartus seinen emotionalen Höhepunkt. Wenige Augenblicke zuvor war die Meldung vom letzten der sieben Bargteheider Wahllokale eingegangen, die das Endergebnis der Bürgermeisterinnenwahl fixierte: Mit 65,20 Prozent der gültigen Stimmen hatte Herausforderin Gabriele Hettwer Amtsinhaberin Birte Kruse-Gobrecht deutlich hinter sich gelassen, die nur auf 34,80 Prozent gekommen war.

„Ich freue mich riesig über das klare Votum und werde wohl eine Woche brauchen, um das richtig begreifen zu können“, sagte Hettwer gerührt. Anschließend bedankte sie sich bei allen, die sie unterstützt haben. Bei ihrem Mann Jürgen und ihrer Tochter Charlotte. Bei den Parteien SPD, FDP und CDU sowie der Wählergemeinschaft WfB, die sie Mitte Juni des Vorjahres zu ihrer gemeinsamen Kandidatin auserkoren hatten. Vor allem aber bei den 5577 Bargteheidern, die sie mit ihrer Stimme zur neuen Bürgermeisterin gewählt haben.

Neue Ära für Bargteheide beginnt

CDU-Fraktionschef Mathias Steinbuck bezeichnete das als „herausragendes Ergebnis“, mit dem die Bürger der Stadt ein deutliches Zeichen gesetzt hätten. Für mehr Einvernehmen zwischen Verwaltung und Kommunalpolitik und ein konstruktives Miteinander, um Bargteheide weiter voranbringen zu können.

Für SPD-Fraktionschef Mehmet Dalkilinc war der Wahlausgang Ausdruck eines weit verbreiteten und starken Wunsches nach Veränderung. Die große Gemeinschaft an diesem Abend habe gezeigt, dass Bargteheide eins sein könne, unabhängig vom Parteibuch. „Ich bin überzeugt, dass mit Gabriele Hettwers Amtsantritt am 15. September eine neue, erfolgreiche Ära für Bargteheide beginnen wird“, so Dalkilinc.

Generalabrechnung mit der CDU

WfB-Fraktionschef Norbert Muras kritisierte unterdessen, dass es im Wahlkampf diesmal weniger respektvoll zugegangen sei, als man das aus früheren Zeiten gewohnt war. Namentlich der partei- und fraktionslose Stadtvertreter Klaus Mairhöfer habe mit seiner Info-Aktion in der Schlussphase nicht nur demokratisch gewählte Volksvertreter, sondern auch den Personalrat der Stadtverwaltung, die Feuerwehr, den Ring Bargteheider Kaufleute (RBK) sowie weitere Vereine brüskiert. „Das ist kein Umgang miteinander, dafür gibt es keine Rechtfertigung mehr“, so Muras.

Mit einem vierseitigen Flyer, den Mairhöfer nach eigenem Bekunden selbst erstellt und finanziert hat, habe er einen Beitrag zu einer „demokratischen Wahlentscheidung“ leisten wollen. Das sogenannte Informationsschreiben, das im Laufe des Freitags an viele Bargteheider Haushalte verteilt worden ist, geriet unterdessen zu einer Generalabrechnung mit der CDU.

Hettwer Visionslosigkeit vorgeworfen

Freunde und Unterstützer dankten Verliererin Birte Kruse-Gobrecht für ihre Zeit als Bürgermeisterin.
Freunde und Unterstützer dankten Verliererin Birte Kruse-Gobrecht für ihre Zeit als Bürgermeisterin. © Juliane Minow | Juliane Minow

Mit ihren Kontakten in die Kreisverwaltung, den Kreistag sowie viele Vereine und Organisationen der Stadt habe die Partei der amtierenden Bürgermeisterin geschadet und den Wechsel an der Spitze des Rathauses von langer Hand geplant und mithilfe von SPD, FDP und Wählergemeinschaft WfB in ungehöriger Weise forciert.

Mairhöfer warf den Unterstützern der vermeintlich „visionslosen“ Gegenkandidatin Gabriele Hettwer „Machtmissbrauch“, „destruktives Tun“ und das „Torpedieren“ anderer vor, ohne selbst „etwas Positives“ beizutragen. Das alles bezeichnete der selbst ernannte Aufklärer als „Arroganz der Macht“, der die Bürger mit einem Votum für die amtierende Bürgermeisterin ein Ende setzen müssten.

Scharfer Protest aus allen Ecken

Der Ausgang ist bekannt. Und angesichts des klaren Wahlergebnisses erscheint seine erneut vorgetragene Behauptung, bei einem Abwahlverfahren noch während der laufenden Amtszeit wären die notwendigen 20 Prozent an Bürgerstimmen „niemals“ zustande gekommen, als ziemlich gewagte These.

Tatsache ist, dass Mairhöfer scharfen Protest aus allen Ecken für seine Einlassungen erntete. Sie wurden wahlweise als „abwegig“, „anmaßend“ und „perfide“ bezeichnet. „Was kommt als Nächstes“, fragte Mathias Steinbuck: „Dass wir jeden Hettwer-Wähler mit zehn Euro geködert haben?“

Feuerwehr reagiert mit einer Richtigstellung

Die Feuerwehr Bargteheide reagierte umgehend mit einer Richtigstellung auf ihrer Homepage. Darin rügte die Wehrführung ausdrücklich, dass einzelne Mitglieder „in die Nähe politischer Machtspiele gerückt“ werden. „Die Wehr hat sich zu keiner Zeit in den Wahlkampf eingebracht, sie ist politisch neutral“, betonte Wehrführer Hinnerk Bielenberg.

Der RBK wies Unterstellungen zurück, wonach ein Vorstandsmitglied mit dem CDU-Ortsvorsitzenden Hans-Werner Harmuth Urlaube verbracht habe. „Aber selbst wenn es so wäre: Wer mit wem befreundet ist und deshalb gemeinsam verreist, ist reine Privatsache und hat nichts in der Öffentlichkeit verloren“, so RBK-Chef Wolfgang Sarau.

Kaufleute erwägen rechtliche Schritte

Wegen der „verleumderischen Äußerungen“ erwägt der RBK ebenso rechtliche Schritte wie der Rotary Club, der das weitere Vorgehen in einer Vorstandssitzung am Dienstagabend beraten will. Der ebenfalls attackierte Personalrat der Stadt wollte sich auf Abendblatt-Anfrage vorerst nicht äußern. Er zeigte sich allerdings am Sonntagabend im Malepartus in einem demonstrativen Schulterschluss mit der neuen Bürgermeisterin Gabriele Hettwer.

Neben der abgewählten Amtsinhaberin Birte Kruse-Gobrecht gelten auch die Grünen als große Verlierer der Bürgermeisterinnenwahl. Weder Fraktionschefin Ruth Kastner, noch die Ortsvorsitzende Claudia Mac Arthur standen hernach für ein Statement zur Verfügung. Dafür schickten sie den im Landtagswahlkampf gescheiterten Nils Bollenbach vor, um der Enttäuschung Ausdruck zu verleihen. „Wir nehmen es, wie es kommt, schließlich sind wir überzeugte Demokraten. Gratulation an Frau Hettwer. Wir setzen auf gute Zusammenarbeit“, ließ der 21-Jährige im Namen des Ortsvorstands wissen.