Ahrensburg. Stadt fordert von Martin Wolke Beteiligung an Reparaturkosten. Verwaltung plant mit 30.000 Euro im Haushalt. SPD will Sperrvermerk.
Es ist bereits zwei Jahre her, dass der Muschelläufer, jenes Kunstwerk, das die Gemüter der Ahrensburger so sehr erhitzt wie kein zweites, von seinem prominenten Standort auf dem Rondeel verschwunden ist. Die Verwaltung hatte damals neue Schäden an der Skulptur entdeckt und sah die Standfestigkeit nicht mehr gewährleistet.
Ahrensburg ringt weiter mit Bildhauer um Zukunft des Muschelläufers
Bürgermeister Michael Sarach ließ das ungeliebte Werk deshalb im November 2019 entfernen. Seitdem hat der „Blaumann“ auf dem Gelände des Bauhofs im Gewerbegebiet Nord ein neues, wenn auch weniger exponiertes Zuhause gefunden. Dort steht das Kunstwerk in einer Ecke draußen neben einer Lagerhalle. Seine Zukunft ist weiter ungewiss.
Nachdem es einige Zeit ruhig um den Muschelläufer war, wird sich an diesem Mittwoch, 8. Dezember, nun der Umweltausschuss mit der Skulptur befassen. Anlass sind die Beratungen über den Haushalt für die kommenden beiden Jahre. Der Entwurf der Verwaltung sieht 30.000 Euro für die Jahre 2022 und 2023 vor, um Schäden an der Figur zu beseitigen und sie mit einem Fallschutz für spielende Kinder auszustatten.
SPD möchte Mitspracherecht bei Verhandlungen mit dem Künstler
Die SPD hat nun beantragt, die Haushaltsmittel mit einem Sperrvermerk zu versehen. Ein solcher würde bedeuten, dass Ahrensburgs Bürgermeister Michael Sarach noch einmal explizit das Votum des Ausschusses einholen müsste, bevor er die Summe abrufen kann, um Unternehmen mit den Arbeiten zu beauftragen. „Wir als Politiker wollen mitbestimmen, welches Geld am Ende in den Muschelläufer fließt“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Jochen Proske. Hintergrund ist der Streit zwischen der Stadt Ahrensburg und dem Schöpfer des Muschelläufers, dem Bildhauer Martin Wolke. Die Schlossstadt verlangt, dass sich der Künstler an den Kosten für die Instandsetzung beteiligt. Wolke lehnt das jedoch vehement ab.
„Wir möchten erreichen, dass erst Mittel ausgegeben werden, wenn eine aus unserer Sicht akzeptable Einigung erzielt wurde“, sagt Proske und verweist auf die lange Vorgeschichte im Streit um das Kunstwerk. In der Tat kann der in einen blauen Anzug gekleidete Mann eine ebenso kontroverse wie ereignisreiche Vergangenheit vorweisen. 2005 war das Kunstwerk auf dem Rondeel enthüllt worden. Es war ein Geschenk des Rotary Clubs an die Stadt Ahrensburg anlässlich seines 25-jährigen Bestehens.
Stadt hat bereits 10.000 Euro für Reparaturarbeiten gezahlt
Der Künstler Martin Wolke hatte die Figur explizit für diesen Standort entworfen. Die Skulptur fand schnell erste Gegner. Immer wieder wurde der Muschelläufer mutwillig beschädigt. Laut Verwaltung sind bislang rund 10.000 Euro in Reparaturarbeiten geflossen. Eine Verlegung des „Blaumanns“ an einen anderen Standort oder gar der vollständige Abbau des Werks scheiterten am Widerstand Wolkes.
Der Künstler beharrt auf sein Urheberrecht, das laut Gesetz bis 70 Jahre nach seinem Tod gilt. Gemäß Vertrag fällt darunter auch, dass Wolke den Standort der Figur bestimmen darf. 2010 beschlossen Ahrensburgs Stadtverordnete schließlich, auf jegliche Reparaturen zu verzichten, solange die Verkehrssicherungspflicht gewahrt sei. Nachdem neue Risse und Schäden entstanden, ließ Sarach den „Blaumann“ entfernen.
Verwaltung macht Bildhauer für Schäden mitverantwortlich
Eine Fachfirma aus Neumünster untersuchte die Figur anschließend und kam zu dem Schluss, dass diese ein „wirtschaftlicher Totalschaden“ sei. Die Kosten für eine Reparatur bezifferten die Experten auf 29.000 Euro. Die Summe übersteigt den ursprünglichen Wert, der bei 25.000 Euro gelegen hatte. Ahrensburgs Politiker wollen, dass sich Wolke an den Reparaturkosten beteiligt. Andernfalls wollen sie den Muschelläufer nicht wieder aufstellen. 6500 Euro soll der Künstler einem einstimmigen Beschluss des Hauptausschusses aus dem Juni 2020 zufolge beisteuern.
Grund ist, dass die Verwaltung Wolke für einen Teil der Schäden mitverantwortlich macht. Sie sieht die Ursache teilweise in dem Polyurethanschaum, mit dem die Figur ausgefüllt ist. Bauamtsleiter Peter Kania spricht von einem „Konstruktionsfehler“. Durch Risse in der Außenhülle dringe Wasser in das Kunstwerk und auch in den Bauschaum ein. Dort gefriere es bei Frost. Die Folge: Der Kunststoff dehne sich aus und drücke die Außenhülle auseinander, sodass weitere Risse entstünden.
Bürgermeister schließt juristische Auseinandersetzung nicht aus
Martin Wolke wehrt sich gegen den Vorwurf einer Fehlkonstruktion und verweist darauf, dass nur deshalb Wasser in das Kunstwerk eindringen könne, weil die Stadt ihrer Pflicht der Instandhaltung nicht nachgekommen sei. Seitdem schwelt der Streit zwischen der Stadt Ahrensburg und dem Künstler. Eine Lösung zeichnet sich nicht ab. „Die Verhandlungen mit dem Urheber dauern an“, sagt Bürgermeister Sarach. Die Haushaltsmittel wolle die Verwaltung lediglich vorsorglich einstellen.
„Eine Vorentscheidung ist nicht gefallen“, betont der Bürgermeister. „Nur weil wir eine Summe einplanen, heißt es nicht, dass wir sie wirklich ausgeben“, so der Verwaltungschef. Bislang sei keine Einigung absehbar. „Auch eine juristische Auseinandersetzung ist nicht ausgeschlossen“, sagt der Verwaltungschef. Wolke hatte mit einer Klage gedroht, sollte der Muschelläufer nicht an seinen Standort auf dem Rondeel zurückkehren. Bei den Verhandlungen will sich Sarach nicht in die Karten schauen lassen. „Die Linie der Stadt ist mit den Fraktionen abgestimmt“, sagt er.
Umweltausschuss Mi 8.12., 19.30, Peter-Rantzau-Haus, Manfred-Samusch-Straße 9