Ahrensburg. Reparaturkosten übersteigen ursprünglichen Wert des Kunstwerks. Politiker zeigen wenig Bereitschaft, eine so hohe Summe zu investieren.
Wird der Ahrensburger Muschelläufer jemals wieder an seinen angestammten Platz auf dem Rondeel zurückkehren? Das ist angesichts der hohen Reparaturkosten mehr als fraglich. Die Entscheidung über das weitere Vorgehen liegt nun bei der Politik. Und die Fraktionschefs sprechen sich auf Anfrage dieser Zeitung mehrheitlich dagegen aus, so viel Geld in die umstrittene Skulptur zu investieren – sofern dies rechtlich möglich sei.
Thomas Bellizzi spricht von einem „Fass ohne Boden“
Wie berichtet, hat eine Fachfirma aus Neumünster den „Blaumann“ in den vergangenen Monaten auf seine Schäden hin untersucht. Der Kostenvoranschlag für die notwendigen Arbeiten übersteigt nach Rathausangaben den ursprünglichen Wert des Kunstwerks. Dieser lag bei 25.000 Euro. Der Muschelläufer weist damit einen wirtschaftlichen Totalschaden auf.
FDP-Fraktionschef Thomas Bellizzi spricht von einem „Fass ohne Boden“. Er sagt: „Es zeigt sich, dass das Kunstwerk von seiner Beschaffenheit her nicht dazu geeignet ist, im öffentlichen Raum zu stehen.“ Er rechne für die Zukunft mit weiteren Schäden und Folgekosten. Für ihn habe sich das Thema nun „erledigt“, so Bellizzi. „Wir müssen den Muschelläufer abschreiben.“
Geld werde für andere Projekte gebraucht
Insbesondere angesichts der derzeitigen Haushaltslage. Wegen der Corona-Krise erwartet die Stadt in diesem Jahr ein Minus von fast zwölf Millionen Euro. Die Politiker diskutieren deshalb im Juni über einen Nachtragshaushalt und die Frage, welche Projekte sich aufschieben lassen, um Geld einzusparen.
Vor diesem Hintergrund habe der Muschelläufer für ihn „absolut keine Priorität“, sagt CDU-Fraktionschef Detlef Levenhagen. „In der jetzigen Situation sind 25.000 Euro eine Menge Geld. Die Summe könnten wir gut für andere Projekte gebrauchen.“ Er wolle aber zunächst abwarten, wie die Verwaltung die rechtliche Situation bewerte und dann innerhalb der Fraktion über das Thema beraten. Die Verwaltung will den Politikern die Ergebnisse der Begutachtung in der nächsten Sitzung des Hauptausschusses am Montag, 15. Juni, vorstellen und ihnen dann auch eine Beschlussvorlage präsentieren.
Verwaltung vermutet einen Konstruktionsfehler
Nach Angaben von Bauamtsleiter Peter Kania hängt der schlechte Zustand des Muschelläufers erheblich mit dessen Konstruktion zusammen. So habe Künstler Martin Wolke die Figur aus glasfaserverstärktem Kunststoff im Inneren ausgeschäumt. Dies habe zur Folge, dass sich bei Regen eindringendes Wasser in den Hohlräumen sammle, nicht abfließen könne und dann im Winter gefriere. „Das Eis drückt die Außenhülle auseinander, es entstehen Risse“, sagt Peter Kania. Um dieses Problem zu lösen, müsste die Figur mit erheblichem Aufwand aufgeschnitten, die Ausschäumung entfernt und dann alles wieder verschlossen werden.
Martin Wolke hatte den Muschelläufer im Jahr 2005 speziell für das Rondeel konzipiert. Er hatte auf Anfrage dieser Zeitung mehrfach betont, die Stadt sei als Eigentümerin in der Pflicht, „den ursprünglichen Zustand der Skulptur zu erhalten und zu pflegen“. Er verwies auf das Urheberrecht und sagte: „Sonst würde ich meine Ansprüche, die mir rechtlich zustehen, verfolgen.“ Auf eine erneute Anfrage zu dem Thema reagierte er bis Sonntagnachmittag nicht.
Ahrensburg hat bereits mehr als 10.000 Euro investiert
„Grundsätzlich müssen wir uns als Stadt an Verträge halten“, sagt Jochen Proske, Fraktionschef der SPD. „Aber wenn es irgendeine Möglichkeit gibt, dass wir aus dem Vertrag heraus- und damit an den Reparaturkosten vorbeikommen, wäre mir das sehr recht. Ich hoffe darauf.“ Er wolle ungern einen fünfstelligen Betrag für ein Kunstwerk ausgeben, „dass viele Ahrensburger gar nicht möchten“. Proske sagt: „Aber es muss rechtlich einwandfrei ablaufen.“
Nadine Levenhagen, Fraktionschefin der Grünen, erinnert daran, dass Ahrensburg bereits in der Vergangenheit sehr viel Geld in die Instandhaltung des Muschelläufers investiert habe. Nach Rathausangaben sind bislang 10.000 Euro in das Kunstwerk geflossen, für den Transport zu der Fachfirma und die Begutachtung kamen weitere 6000 Euro dazu. „Wir sollten bei der Summe darüber nachdenken, ob wir den Muschelläufer überhaupt noch einmal aufstellen wollen“, sagt Levenhagen. Fraktionsintern sei über das Thema aber noch nicht gesprochen und entschieden worden. Sie persönlich bezweifle aber, dass der Nutzen diese Kosten rechtfertige.
Befürchtung, dass weitere Investitionen nötig sein werden
Zudem sei der Muschelläufer ihrer Ansicht nach kein Spielgerät für Kinder. Weil der Künstler es aber als ein solches konzipiert hat, müssten laut Bauamtschef Peter Kania künftig Schutzmatten um die Skulptur herum in den Boden auf dem Rondeel eingearbeitet werden. Auch das sei ein großer Kostenfaktor.
Für Peter Egan, Fraktionschef der Wählergemeinschaft WAB, sind die hohen Reparaturkosten wenig überraschend. „Wir wussten schon, dass er ziemlich kaputt ist“, sagt er. „Jetzt haben wir die amtliche Gewissheit.“ Er wolle zunächst die Empfehlung der Verwaltung in der Sache abwarten, halte mehr als 25.000 Euro in dem Fall aber für „nicht gut investiertes Geld“. Er sagt: „So wie es aussieht, müssten wir den Muschelläufer fast neu bauen.“ Egan befürchtet, dass in Zukunft weitere Investitionen in das Kunstwerk nötig sein werden. Sein Vorschlag: Den Muschelläufer „als Erinnerung an eine Epoche in Ahrensburg“ in ein Gebäude wie den Marstall stellen, wo das Kunstwerk nicht durch Umwelteinflüsse und Vandalismus beschädigt wird. Das Rondeel könnte stattdessen mit etwas anderem verschönert werden, so Egan. Er sagt: „Ich habe den Bezug des Muschelläufers zu Ahrensburg eh nie erkannt.“