Bargteheide. Zoff zwischen Politik und Bürgermeisterin: Ein Workshop mit neutraler Moderation durch Verwaltungsrechtler soll jetzt helfen.

Seit Monaten gibt es erhebliche Dissonanzen zwischen der Bargteheider Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht und den meisten Fraktionen in der Stadtvertretung. Daran haben auch eine Vielzahl von Gesprächen nichts geändert. Nun hat die Chefin der Bargteheider Stadtverwaltung zu einer „Arbeitskonferenz Selbst- und Hauptverwaltung“ am 5. Juni eingeladen. Moderiert werden soll sie durch Professor Marcus Arndt, einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Eine Maßnahme, die den Steuerzahler 9139 Euro kosten wird.

Unabhängiger Dritter soll neutralen Blick werfen

 Mathias Steinbuck von der CDU
Mathias Steinbuck von der CDU © HA

„Ich denke, der Schritt ist notwendig, weil wir sonst auf Dauer nicht mehr arbeitsfähig wären“, sagt CDU-Fraktionschef Mathias Steinbuck. Die Konflikte seien offenkundig so tiefgreifend, dass es ein „weiter so wie bisher“ nicht geben könne. Deshalb sei ist es mit Sicherheit nicht falsch, sich der Expertise eines ausgewiesenen Fachmanns wie Professor Arndt zu versichern.

„Als unabhängiger Dritter soll er einen neutralen Blick auf die Spannungsfelder in der Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Kommunalpolitik werfen und Empfehlungen geben, wie eine gute Arbeitsebene zum Wohle der Stadt hergestellt werden kann“, erklärt Steinbuck. Unabdingbar sei jedoch die Bereitschaft bei allen, aufeinander zuzugehen.

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Fraktionen kritisierten übergreifend die Bürgermeisterin

Wie gravierend die Verwerfungen sind, zeigte im Oktober 2020 der gemeinsame Vorstoß von CDU, FDP und Wählergemeinschaft (WfB). In einer gemeinsamen Erklärung hatten die Fraktionen die Amtsführung Kruse-Gobrechts scharf kritisiert. Sie entscheide zu oft eigenmächtig und sei bei vielen Themen beratungsresistent, hieß es. Sie setze Beschlüsse der Stadtvertretung teilweise nicht um und schließe erteilte Aufträge nicht zeitnah ab.

Norbert Muras von der WfB.
Norbert Muras von der WfB. © Dorothea Benedikt

„Daran hat sich seitdem rein gar nichts geändert“, sagt WfB-Fraktionschef Norbert Muras. Jüngste Beispiele seien etwa der empörende Kahlschlag am Südring oder der Umgang mit dem Thema Carsharing. „Tatsache ist, dass es seit ihrem Einzug ins Rathaus deutliche Fehlentwicklungen gibt und viele Stricke im Zusammenwirken zerrissen worden sind. „Aus unserer Sicht hat sich Birte Kruse-Gobrecht mit ihrer Amtsführung zunehmend selbst isoliert“, moniert Muras. Sie wirke oft überfordert, es fehle ihr an Kompetenz, Fingerspitzengefühl und Souveränität.

FDP kritisiert die hohen Kosten

FDP-Fraktionschef Gorch-Hannis la Baume sieht in der Mediation den Versuch, die Stadtvertreter „zu disziplinieren“ und mundtot zu machen: „Ich komme vom Bau und da wird Klartext gesprochen. So bin ich, daran wird dieser Workshop nichts ändern.“ Kruse-Gobrecht verhalte sich oft „mimosenhaft“, weil sie ein massives Problem habe, mit Kritik angemessen umzugehen. Andererseits sei sie aber eine Meisterin der Selbstinszenierung.

Gorch-Hannis la Baume von der FDP
Gorch-Hannis la Baume von der FDP © FDP Stormarn

In der gegenwärtigen Haushaltslage, in der auch viele freiwillige Leistungen der Stadt hinterfragt werden, fast 10.000 Euro für einen konstruktiveren Umgang miteinander auszugeben, hält der Liberale für ein Armutszeugnis. Für ihn stehe vor allem der Führungsstil der Bürgermeisterin zur Diskussion. „Ihr Gestaltungswille in allen Ehren. Aber den grundsätzlichen Rahmen für die Entwicklung der Stadt setzt noch immer die Kommunalpolitik, sie entscheidet über den Einsatz der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel“, sagt la Baume.

Umgang mit Bürgermeisterin soll kritisch hinterfragt werden

Die Grünen sehen in der anberaumten Konferenz keine Mediation, sondern eine Klarstellung über die Befugnisse von Politik und Verwaltung. „Da haben sich in den vergangenen drei Jahrzehnten gewisse Verfahrensweisen eingeschliffen, die eben weder korrekt noch selbstverständlich sind“, sagt Fraktionschefin Ruth Kastner. Es sei dringend notwendig, dass die Geschäftsordnung überarbeitet werde.

Ruth Kastner, Fraktionschefin der Grünen
Ruth Kastner, Fraktionschefin der Grünen © HA

Im Übrigen hätten einige Fraktionen offenbar noch immer ein Problem mit der Art, wie das Rathaus jetzt geführt werde. Noch dazu, da das Stadtoberhaupt nun kein (CDU-)Mann mehr sei, sondern eine Frau. Deshalb sollte der Workshop auch dazu genutzt werden, den eigenen Umgang mit der Bürgermeisterin kritisch zu hinterfragen. „Wenn bereits gefasste Beschlüsse nachträglich wieder kassiert und aufgeweicht werden, kann man das nicht ihr anlasten“, so Kastner. Vom Carsharing über das Moorgutachten bis zum Klimaaktionsplan gebe es dafür vielfache Beispiele. Daher seien die 9139 Euro gut und richtig investiertes Geld.

Zu viele Reibungsverluste, die Zeit und Kraft kosten

Klaus Mairhöfer, parteiloser Stadtvertreter
Klaus Mairhöfer, parteiloser Stadtvertreter © HA | Harald Klix

Das sieht der partei- und fraktionslose Stadtvertreter Klaus Mairhöfer ebenso. Ja, die Kritik an der Bürgermeisterin sei durchaus partei- und fraktionsübergreifend und habe sich in den vergangenen Monaten weiter zugespitzt, räumt er ein. In der Konferenz gehe es aber nicht vordergründig um Friedensgespräche, sondern um eine Analyse, wie Differenzen auf Sachebene ausgeräumt werden könnten.

„Es gibt in der Zusammenarbeit zwischen Kommunalpolitik und Verwaltung einfach zu viele Reibungsverluste, die Zeit, Kraft und Manpower binden“, sagt Mairhöfer. Deshalb sei es wichtig „Sand aus dem Getriebe“ zu bekommen, bevor das Getriebe völlig auseinanderfalle. In diesem Sinne gehe es darum, sich der Konfliktfelder anzunehmen, die sich aus unzureichender Beachtung der rechtlichen Grundlagen für den Handlungsrahmen der Gremien ergeben. Hier liege einiges im Argen, das einer dringenden Klarstellung bedürfe.

SPD kritisiert externe Beratungskosten

Mehmet Dalkilinc, SPD-Fraktionschef in Bargteheide.
Mehmet Dalkilinc, SPD-Fraktionschef in Bargteheide. © Timon Kronenberg | Timon Kronenberg

Die Arbeitskonferenz wird auch von der SPD-Fraktion mitgetragen. Deren Vorsitzender, Mehmet Dalkilinc, findet es aber grenzwertig, dass selbst dafür externe Beratungskosten anfielen: „Das geschieht angesichts des enormen Stellenaufwuchses viel zu oft. Dieses Geld hätte man auch anders investieren können.“