Bargteheide. In einer Großen Anfrage an die Stadtverwaltung kritisiert die Partei explodierende Kosten und die Forcierung des Projekts.
Die Kontroverse um ein Carsharing-Angebot für Bargteheide geht in die nächste Runde. Die CDU-Fraktion hat zum Thema jüngst eine Große Anfrage mit insgesamt 17 Einzelfragen gestellt. Deren Beantwortung seitens der Stadtverwaltung konnte die Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Projekts allerdings nicht zerstreuen. „Für uns ist es völlig aus dem Ruder gelaufen. Dass von den prognostizierten Kosten in Höhe von knapp 112.000 Euro trotz Förderung 70.000 Euro von der Stadt finanziert werden müssen, halten wir für nicht vertretbar“, sagt CDU-Fraktionschef Mathias Steinbuck.
Im Mai 2018 hatte Bargteheides Klimaschutzbeauftragte Ulrike Lenz das Projekt erstmals vorgestellt. Carsharing könne das Verkehrsaufkommen verringern, für alternative Antriebe werben, das Angebot des Öffentlichen Personennahverkehrs ergänzen und dadurch zu einem besseren Klimaschutz beitragen, hieß es in der Begründung. Deshalb sollte sich die Stadt in einem ersten Schritt um zwei Fahrzeuge bemühen.
Vorwegnahme politischer Willensbildungsprozesse
Dennoch gab es von Beginn an erhebliche Vorbehalte. Ohne größere Bedenken votierten nur die Grünen und der fraktionslose Stadtvertreter Klaus Mairhöfer für den Vorschlag. Zu den größten Skeptikern gehörten hingegen die Christdemokraten. Unter anderem wegen der Art und Weise, in der das Projekt durch die Stadtverwaltung forciert worden ist.
Bereits im Juni des vergangenen Jahres hatte der CDU-Abgeordnete Sven Meding eine „Vorwegnahme politischer Willensbildungsprozesse“ moniert. Seinerzeit sei durch Pressemitteilungen über Förderzusagen der Aktivregion Alsterland der Eindruck vermittelt worden, der zuständige Umweltausschuss würde ein Carsharing-Angebot für Bargteheide in jedem Fall befürworten.
car2go und DriveNow zeigten kein Interesse an Bargteheide
Die Skepsis speiste sich indes vor allem aus der Tatsache, dass namhafte Unternehmen wie etwa car2go und DriveNow keinerlei Interesse zeigten, in der Kleinstadt tätig zu werden. Allerdings sind auch die Offerten kleinerer Anbieter überschaubar geblieben. Angeblich soll es vier Rückmeldungen gegeben haben. Tatsächlich präsentiert hatte sich im September 2019 aber nur ein Ford-Händler mit Sitz in Halstenbek im Kreis Pinneberg. Der allerdings ausdrücklich davon abriet, Fahrzeuge mit einem Hybrid- oder Elektromotor einzusetzen, da zu viele Nutzer mit diesen Antriebsvarianten Probleme hätten.
Unklar bleibt weiterhin, ob sogenannte Ankerkunden das Carsharing-Angebot tatsächlich ebenso nutzen werden wie Mitarbeiter der Stadtverwaltung. „Derzeit treten sieben Unternehmen immer wieder per Mail oder telefonisch an uns heran, um sich nach dem geplanten Datum der Ausschreibung zu erkundigen“, sagt Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht.
CDU: Gute Idee wird an die Wand gefahren
Unabhängig davon erschließt sich der CDU-Fraktion nicht, weshalb die Stadt dieses Projekt partout in Eigenregie durchführen will. „Wir sind der Ansicht, dass Carsharing von privaten Unternehmen angeboten werden sollte, die das Geschäft beherrschen und das finanzielle Risiko tragen“, erklärt Steinbuck. Zumal auch sie Fördergelder bei der Aktivregion Alsterland beantragen und so Wirtschaftlichkeit herstellen könnten.
Carsharing ist für die Christdemokraten prinzipiell eine gute Idee. Aber so, wie es die Stadtverwaltung bewerkstelligen wolle, werde sie krachend an die Wand gefahren. Es könne nicht sein, dass in den Ausschüssen hart um einen ausgeglichenen Haushalt gerungen, andererseits aber viel Geld regelrecht verschwendet werde.
Allein für das Marketing 49.000 Euro veranschlagt
„Die Carsharing-Kosten für die Stadt stehen einfach in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zum ursprünglichen Ansatz“, sagt Sven Meding. Es bleibe unerklärlich, warum die Stadt Bargteheide über drei Jahre Fahrzeuge für ein Carsharing finanzieren sollte, um diese anschließend wieder anzumieten. „Deshalb ist es sinnvoll, an dieser Stelle die Notbremse zu ziehen“, so Meding.
Allein für Marketingmaßnahmen hat die Stadt laut einer aktuellen Kostenaufstellung knapp 49.000 Euro veranschlagt. Auf die Bereitstellung der Fahrzeuge entfallen 30.600 Euro, die Installation zweier Ladesäulen für die vorgesehenen E-Mobile schlägt mit weiteren 14.000 Euro zu Buche.
Businessplan wurde Fraktionen nicht vorgelegt
Dass die Stadtverwaltung in dem ganzen Verfahren nicht sauber und transparent agiert habe, macht die CDU-Fraktion an verschiedenen Versäumnissen fest. So habe Kruse-Gobrecht in ihren Antworten von einem Businessplan für das Projekt gesprochen, den die Fraktionen aber nie gesehen hätten. Außerdem sei zwar eine Kostenkalkulation vorgelegt worden, die aber mitnichten den formalen Vorgaben für einen Wirtschaftsplan entspreche.
Aus Sicht der CDU habe sich die Stadtverwaltung wiederholt über politische Beschlüsse zum Projekt Carsharing hinweggesetzt oder sie anders interpretiert, als sie gemeint waren. So gehe der vermeintliche Auftrag zum Carsharing auf einen rechtswidrigen Beschluss zurück. Das hatte Kruse-Gobrecht in der 13-seitigen Beantwortung der Großen Anfrage kritisiert und zurückgewiesen. In den Fragen seien „Feststellungen und Wertungen“ getroffen worden, die laut Geschäftsordnung unzulässig seien.