Ahrensburg. Skulptur wurde am Dienstag abtransportiert. Nun sollen die Schäden geprüft werden. Ob sie wiederkommt, ist noch unklar.
Um kurz nach halb neun Uhr am Dienstagmorgen war es soweit: Eines der umstrittensten Kunstwerke der Schlossstadt, der Muschelläufer, verließ seinen angestammten Platz auf dem Rondeel. Die 300 Kilogramm schwere Skulptur aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) wurde auf einen Transporter verladen, um in Neumünster von der Firma Expo:nat, einem Spezialisten für GFK-Arbeiten, auf seine Schäden hin untersucht zu werden. Zahlreiche Risse in der Oberfläche sowie Zweifel an der Standfestigkeit hatten diesen Schritt aus Sicht der Stadt Ahrensburg notwendig gemacht.
Seit längerer Zeit war das Kunstwerk bereits für spielende Kinder, die das Objekt in der Vergangenheit gern als Klettergerät benutzt hatten, gesperrt. Auch der ausgestreckte Arm des barfußlaufenden Anzugträgers und seine Handmuschel waren vor Jahren beschädigt und nur notdürftig mit Klebeband gesichert, der Zugang zum inneren der großen Standmuschel verschlossen worden. Die 2005 vom Kieler Künstler Martin Wolke speziell für das Rondeel entworfene Skulptur ist ein Geschenk des Rotary Clubs Ahrensburg für die Stadt anlässlich seines 25-jährigen Bestehens gewesen.
Werk wurde immer wieder Opfer von Vandalismus
Von Anfang an polarisierte das Werk und wurde immer wieder Opfer von Vandalismus. „Mehrmals wurden Silvesterböller in der Muschelöffnung gezündet, die erhebliche Schäden anrichteten“, sagt Annette Kirchgeorg, Leiterin des städtischen Grünflächenamts. „Dadurch wurde unter anderem die Funktion, etwas in die Handmuschel zu sprechen und über Lautsprecher in der großen Standmuschel hörbar zu machen, zerstört.“ Für diese Funktion hatte die Stadt 2005 einen unterirdischen Stromanschluss mitten auf dem Rondeel verlegt.
Seit Dienstagmorgen ragen nur noch ein paar Kabel aus dem Erdreich, wo sonst der blonde Hüne im blauen Anzug auf seiner Muschel residierte. Ein niedriger Bauzaun sichert die offene Stelle wegen der Unfallgefahr für Fußgänger und Radfahrer. Ob die Reise nach Neumünster womöglich seine letzte war, ist noch unklar. „Wir werden die Skulptur jetzt begutachten und dann einen Kostenvoranschlag für die notwendigen Reparaturen erstellen“, sagt Florian Schima von Expo:nat.
Politiker wollen nicht mehr in viel Geld in den Erhalt investieren
Ob die Reparaturen dann in Auftrag gegeben werden, darüber müssen die Fachgremien der Stadt Ahrensburg entscheiden. Ahrensburgs Politiker hatten, nachdem rund 10.000 Euro in die Instandhaltung geflossen waren, beschlossen, nicht länger in den Erhalt des Kunstwerks zu investieren. 2006 hatte Martin Wolke sein Werk noch selbst repariert, dafür aber der Stadt 6500 Euro in Rechnung gestellt.
Nun würde die Firma in Neumünster, die auch schon andere Fiberglas-Skulpturen von Martin Wolke saniert hat, den Muschelläufer reparieren – sofern sich die Investition noch lohnen und von der Politik mitgetragen würde. „Wir können derzeit noch nicht ermessen, wie stark die Skulptur tatsächlich beschädigt ist“, sagt Annette Kirchgeorg. „Wenn das innere Stahlgestell Korrosionen aufweist, kann das die Kosten in die Höhe treiben.“ Für den Transport und das Gutachten würden jedenfalls keine hohen Kosten entstehen, so Kirchgeorg, der es vor allem darum geht, nun „Klarheit zu schaffen“, was das weitere Schicksal des Muschelläufers angeht.
Künstler will seine rechtlichen Ansprüche durchsetzen
Für Martin Wolke besteht darüber schon jetzt Klarheit: „Grundsätzlich ist die Stadt als Eigentümerin verpflichtet, den Muschelläufer instandzuhalten. Sollte sie die Skulptur nicht reparieren, würde ich meine Ansprüche, die mir rechtlich zustehen, verfolgen“, sagte er dem Abendblatt. Er gehe davon aus, dass die Reparaturen in Neumünster in enger Zusammenarbeit mit ihm erfolgten und ihn die Stadt informieren werde, wenn eine Entscheidung gefallen ist.
Auch für Florian Schima von der Firma Expo:nat, der den Abtransport der Figur nach Neumünster überwacht hat, ist am Dienstagmorgen auf dem Ahrensburger Rondeel klar, dass es für den Muschelläufer eine Rückkehr geben wird: „Er muss hier wieder her, das ist Vertragsbestandteil.“
Auch auf Sylt stehen Werke des Künstlers
In anderen norddeutschen Orten wie Eckernförde, wo im Kurpark eine Nixe von Wolke steht oder Westerland auf Sylt, wo am Bahnhof von ihm geschaffene grüne Riesen im Wind stehen, habe es keine Kontroversen um die Kunstwerke gegeben, so das Onlineportal Kunst@SH, das schleswig-holsteinweit einen Überblick über Kunst im öffentlichen Raum liefert. Im Gegenteil: Dort seien die Plastiken beliebte Fotomotive und würden als Wahrzeichen gelten. Bleibt abzuwarten, ob der Muschelläufer diesen Weg nach 15 Jahren in Ahrensburg auch noch nehmen kann.