Ahrensburg. Kunstfigur hat ein Problem, das zum Himmel stinkt. Politiker empört. Behörde ordnet wegen Sicherheitsmängeln Spielverbot an.
Es ist ein umstrittenes Kunstobjekt, an dem sich die Geister in Ahrensburg seit Jahren scheiden: Der Muschelläufer auf dem Rondeel. Seit geraumer Zeit ist er nicht mehr sicher. Arm und Handmuschel sind notdürftig mit Klebeband verbunden. Die Öffnung der Muschel, aus der sonst Meeresrauschen und Verkehrsgeräusche dringen, ist verschlossen. Längst hat der Bauhof ein Schild aufgestellt. Darauf steht: „Unfallgefahr – Spielen und Klettern verboten“. Außerdem hat das Objekt ein Problem, das zum Himmel stinkt: Wie mehrfach beobachtet wurde, erleichtern sich nachts Betrunkene an der Fiberglas-Figur, auf der tagsüber immer wieder Kinder herumturnen. Nun fragen sich Politiker: Ist das noch Kunst oder kann das weg?
Bela Randschau, der für die SPD in der Stadtverordnetenversammlung sitzt, sagt: „Ich habe mehrfach gehört und einmal selbst beobachtet, dass gegen den Muschelläufer gepinkelt wird.“ Das geschehe vor allem am Wochenende, wenn in der naheliegenden Diskothek gefeiert wird. Er hoffe, dass das neue barrierefreie WC an der Großen Straße Abhilfe schafft.
Politik uneins über weiteres Vorgehen
Ähnlich sieht das CDU-Fraktionschef Detlef Levenhagen. Wenn gegen das Kunstwerk uriniert werde, sei das ekelhaft. „Ich sehe regelmäßig Kinder darauf spielen“, sagt der Vater und Großvater. Die Diskussion um einen Abbau oder die Verlegung der auch „Blaumann“ genannten Figur habe sich zwar beruhigt, bei einer Reparatur müsse jedoch die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. „Es ist schließlich Steuergeld“, sagt der CDU-Mann.
FDP-Fraktionschef Thomas Bellizzi ist gegen die Reparatur. „Das Geld ist woanders sinnvoller angelegt.“ Wenn der Muschelläufer eine Gefahr darstelle, müsse er weg, so Bellizzi zum Abendblatt. Anders sieht das Peter Egan, Fraktionschef der WAB: „Kunst darf sich nicht verscheuchen lassen.“ Er sieht die Stadt in der Pflicht, die Figur vor Vandalismus zu schützen und bei Bedarf zu reparieren. Dass das neue WC Abhilfe schafft, glaubt er nicht. „Gut, dass wir den Standort Richtung Königstraße verschoben haben, sonst hätte ich auch hier Sachbeschädigung befürchtet.“
Urheberrecht gilt bis 70 Jahre nach Tod des Künstlers
Christian Schubbert, der für die Grünen den Kulturausschuss leitet: „Ich finde es traurig, wenn Kunst als Urinal missbraucht wird.“ Unabhängig davon, ob einem das Werk gefalle, müsse sich die Politik damit abfinden, dass der Muschelläufer nicht umgesetzt werden könne. „Da die Figur speziell für den Platz auf dem Rondeel geschaffen wurde, gilt das Urheberrecht des Künstlers bis 70 Jahre nach seinem Tod.“ So könne der Muschelläufer nur mit dessen Einverständnis einen neuen Standort bekommen.
Künstler Martin Wolke reagierte auf mehrfache Abendblatt-Anfrage bisher nicht. In der Vergangenheit hatte er sich gegenüber der Stadt immer wieder gegen einen Abbau oder eine Umsetzung ausgesprochen. Seine Zustimmung gebe es nur – so steht es in Verwaltungsunterlagen – wenn er mit der Schaffung eines neuen Kunstwerks beauftragt werde oder den Kaufpreis von 25.000 Euro erneut erhalte.
Der Muschelläufer
Der Rotary Club Ahrensburg, der den Muschelläufer der Stadt geschenkt hatte, vertritt heute keine einheitliche Linie mehr. „Für mich gehört er auf den Platz“, sagt der Jurist und Club-Präsident Ingolf Schulz. Der Zustand der durch Vandalismus beschädigten Figur sei bedauerlich – doch Kunst im öffentlichen Raum auch nicht für die Ewigkeit.
Standfestigkeit der Figur muss überprüft werden
Wie marode der Muschelläufer wirklich ist, weiß Annette Kirchgeorg von der Verwaltung. „Durch Vandalismus ist der Arm beschädigt.“ Die Standfestigkeit der Figur müsse deswegen von einer externen Firma überprüft werden. Solange nicht auf ihr geklettert werde, gehe von ihr jedoch keine Gefahr aus. Wegen einer Vielzahl von Vorhaben im Baubereich habe die Stadt aber noch keinen Auftrag dazu vergeben. „Ziel ist, dass die Figur wieder bespielt werden kann.“ Dazu müsse jedoch auch noch geklärt werden, ob dazu noch ein Fallschutzbelag um den Muschelläufer angebracht werden muss, damit sich Kinder bei Stürzen auf das Kopfsteinpflaster nicht verletzen. „Einen Zeitplan dafür gibt es noch nicht. Außerdem müssen die Stadtverordneten der Investition zustimmen.“
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