Ahrensburg. Tiefgarage unter Rathausplatz steht seit Jahren leer. Nun wird Verwaltung sie öffnen – gegen den Willen des Besitzers. Wie es dazu kam.
Im Ahrensburger Zentrum sind die Parkplätze knapp – auch wenn von der Stadt in Auftrag gegebene Erhebungen zu einem anderen Ergebnis kommen, ist das der Eindruck, den viele Kunden und Ladeninhaber haben. Anders lässt sich zumindest nicht erklären, warum bei dem Bürgerentscheid im vergangenen September eine knappe Mehrheit von 51,6 Prozent dafür gestimmt hat, dass die Zahl der Stellplätze in der Innenstadt nicht reduziert werden darf. Nun ist eine Lösung in Sicht, die schon kurzfristig spürbar für Entspannung sorgen könnte.
Bereits in den Tagen nach Ostern soll die seit mittlerweile 13 Jahren gesperrte Tiefgarage unter dem Rathausplatz freigegeben werden. 134 Stellplätze in bester Innenstadtlage liegen dort brach und haben sich in einen vermüllten, mit Graffiti übersäten Schandfleck verwandelt. Schon seit Jahren ringt die Ahrensburger Verwaltung mit dem Besitzer der Garage, der Hamburger Immobilienfirma Miramar Luserke des Unternehmers Jens-Jürgen Luserke, um die Wiedereröffnung. Eine Einigung gibt es auch jetzt nicht. Stattdessen bedient sich die Stadt in einem beispiellosen Schritt des Instruments des Verwaltungszwangsverfahrens und wird die Garage selbst eröffnen.
Tiefgarage wird eröffnet: 134 kostenfreie Parkplätze in Ahrensburg
Dies ist möglich, wenn ein Immobilienbesitzer seinen rechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommt. „Wir werden die Tiefgarage mittels Ersatzvornahme im Rahmen der Bauaufsicht für die Öffentlichkeit zugänglich machen“, sagt Ahrensburgs Bürgermeister Eckart Boege. „Der Besitzer hat auf Gesprächsangebote und Warnungen nicht reagiert. Deshalb haben wir dieses Mittel gewählt“, so der Verwaltungschef, der betont, dass ihm eine einvernehmliche Lösung lieber gewesen wäre.
Aufgrund verschiedener gesetzlicher Fristen und Vorgaben war es laut Boege erst jetzt möglich, aktiv zu werden. Juristischer Ansatzpunkt ist die Bauordnung. Denn die Stellplätze in der Tiefgarage sind zum überwiegenden Teil im Bebauungsplan den Gebäuden am Rathausplatz zugeordnet. Nur so kann Luserke den Stellplatzschlüssel für die Wohn- und Geschäftshäuser, die dem Unternehmer ebenfalls gehören und in denen unter anderem die Hamburger Sparkasse und der Budni-Drogeriemarkt Mieter sind, erfüllen. „Der Besitzer der Immobilien ist verpflichtet, diese Parkplätze nachzuweisen und dazu gehört, dass diese zugänglich sind“, sagt Boege. Die Garage gehört eigentlich der Stadt, ist aber per Erbpacht an den Unternehmer vergeben.
Ordnungsgeld hat der Pächter bis heute nicht bezahlt
Schon unter Boeges Vorgänger Michael Sarach hatte die Verwaltung wiederholt versucht, bei Luserke eine Freigabe der Garage zu erwirken, die 2010 im Zuge des Baus des CCA-Einkaufszentrums saniert, aber seitdem nie freigegeben wurde – ohne Erfolg. Immer wieder vertröstete er die Ahrensburger. Boege sagt, ihm sei unverständlich, welche Motivation hinter dem Verhalten des Unternehmers stehe. Zumal sich mit der Garage wohl beträchtliche Einnahmen erzielen ließen.
„Wir haben als Teil des Zwangsverfahrens bereits zweimal ein Ordnungsgeld verhängt, zuletzt in fünfstelliger Höhe“, sagt Boege. Bezahlt worden seien diese bis heute nicht. „Ein Problem ist, dass wir bei der Vollstreckung auf die Amtshilfe der Behörden in Hamburg angewiesen sind und es dort offenbar andere Prioritäten gibt“, sagt der Bürgermeister.
Mitarbeiter des Bauhofs haben bereits mir Aufräumarbeiten begonnen
Miramar Luserke sei über das Vorgehen der Verwaltung informiert worden, eine Reaktion habe es nicht gegeben. Auch eine Anfrage unserer Redaktion ließ der Unternehmer unbeantwortet. Aus Sicht des Bürgermeisters besteht dringender Handlungsbedarf, nicht nur wegen der ungenutzten Parkplätze. „Die Garage ist auch ein Gefahrenort“, sagt Boege. Erst Anfang März hatte es einen Großeinsatz der Feuerwehr gegeben, nachdem Unrat in der Garage in Brand geraten war.
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Mit den ersten Aufräumarbeiten haben Mitarbeiter des Bauhofs bereits begonnen. „Zunächst entfernen wir den Unrat und fahren einmal mit der Kehrmaschine durch“, sagt Bauhofchefin Sieglinde Thies. Derzeit ist die Garage voll mit Abfall. Beschädigte Einkaufswagen, Bauschutt und sogar Reste eines Weihnachtsbaums liegen überall verstreut herum.
Die Parkplätze in der Tiefgarage werden kostenfrei nutzbar sein
Außerdem müssten einige durchgerostete Silos und Abdeckungen erneuert und die Beleuchtung instand gesetzt werden. Die Kosten liegen schätzungsweise bei 20.000 Euro und sollen Miramar Luserke in Rechnung gestellt werden. Anschließend werde die derzeitige Absperrung an der Zufahrt, die über die Rampe zur CCA-Tiefgarage in der Klaus-Groth-Straße erfolgt, entfernt.
„Betreiben werden wir die Garage nicht, das dürfen wir auch gar nicht“, sagt Boege. Das hat unter anderem zur Folge, dass die Parkplätze kostenfrei nutzbar sein werden, solange Luserke kein Bezahlsystem installiert. Auch bleibe die Haftung beim Pächter. „Wir stellen lediglich die Verkehrssicherheit her“, so der Bürgermeister.
Stellplätze können nicht als Ersatz im Sinne des Bürgerentscheids gelten
Noch unklar ist deshalb auch, wie mit den 68 Stellplätzen umgegangen wird, die eigentlich den Wohnungen in den darüberliegenden Gebäuden vorbehalten sind. „Möglicherweise werden wir sie entsprechend beschildern, das steht aber noch nicht fest“, sagt Boege. Wieder dicht machen könne Luserke die Garage kurzfristig jedenfalls nicht. „Selbst wenn er den Klageweg beschreitet, hätte das keine aufschiebende Wirkung“, so der Bürgermeister.
Boege hofft, dass sich mit der Freigabe auch der Streit um den geplanten Umbau der Hamburger Straße entschärft. Infolge des Bürgerentscheids liegt die Umgestaltung zur Flaniermeile, in deren Zuge 36 der derzeit 53 Parkplätze am Fahrbahnrand wegfallen sollen, auf Eis. „Da der Text des Bürgerentscheids explizit die Schaffung öffentlicher Stellplätze als Ersatz für jeden abgebauten Parkplatz verlangt, verschafft uns die Tiefgarage, die sich in privater Hand befindet, zwar im rechtlichen Sinne keine Abhilfe“, sagt Boege. „Aber unterm Strich stehen zusätzliche Parkplätze zur Verfügung, und das hilft schonmal.“