Ahrensburg. Ahrensburgs Bürgermeister versichert, dass Ausgang bei künftiger Gestaltung der Hamburger Straße berücksichtigt wird.
„Niemand in der Verwaltung wird einfach so weitermachen, als hätte es den Bürgerentscheid nicht gegeben“, sagt Eckart Boege. Mit diesen klaren Worten reagiert Ahrensburgs Bürgermeister auf Vorwürfe, welche die FDP und die Initiatoren des Bürgerentscheids zu den Parkplätzen im Stadtzentrum in den vergangenen Tagen öffentlich erhoben hatten. Der Fraktionsvorsitzende der Freien Demokraten, Thomas Bellizzi, und Stefan Skowronnek, Geschäftsführer des Kaufhauses Nessler, hatten Boege unterstellt, er wolle das Ergebnis des Votums aussitzen.
Hintergrund ist die Debatte um die geplante Umgestaltung der Hamburger Straße. Anfang 2018 hatten Ahrensburgs Stadtverordnete als Teil des Innenstadtkonzeptes beschlossen, dass die beliebte Einkaufsstraße zur Flaniermeile umgebaut wird, um die Aufenthaltsqualität zu steigern. Den Plänen sollten 36 der derzeit 53 Parkplätze am Fahrbahnrand zum Opfer fallen.
Ahrensburgs Bürgermeister: Bürgerentscheid zu Parkplätzen wird berücksichtigt
Bei den Kaufleuten im Zentrum hatte das für Unmut gesorgt. Sie fürchten, dass Kunden fernbleiben, wenn es weniger Parkmöglichkeiten gibt. Ein Bündnis um Nessler-Chef Skowronnek hatte Anfang 2022 ein Bürgerbegehren initiiert, welches letztlich in einem Bürgerentscheid am 18. September mündete, bei dem eine knappe Mehrheit von 51,6 Prozent der Ahrensburger sich dafür aussprach, dass Parkplätze im Zentrum künftig nur noch zurückgebaut werden dürfen, wenn dafür an anderer Stelle in der Innenstadt Ersatz geschaffen wird.
Das Votum ist für zwei Jahre bindend. In der Folge liegen die Arbeiten an der Hamburger Straße, die mit der Erneuerung der Versorgungsleitungen bereits begonnen haben, derzeit auf Eis. Ein Schreiben, welches Boege ans Kieler Innenministerium geschickt hat, und in dem er den weiteren Zeitplan bei der Umsetzung der Projekte aus der Städtebauförderung skizziert, hat jüngst den Unmut von FDP und Kaufleuten auf sich gezogen.
FDP und Kaufleute werfen Verwaltung Aussitzen des Ergebnisses vor
Darin heißt es über den Umbau der Hamburger Straße, die über das Programm durch Bund und Land gefördert wird: „Aufgrund des im Jahr 2022 stattgefunden Bürgerentscheides ruht der Start der Einzelmaßnahme bis zum Ende der Bindungsfrist im September 2024.“ Die Planungen könnten voraussichtlich im dritten Quartal 2024 wiederaufgenommen werden, sodass eine Umsetzung ab 2025 möglich wäre. Die FDP und die Initiatoren des Bürgerentscheids interpretieren diese Aussage dahingehend, dass die Verwaltung beabsichtige, den Umbau der Hamburger Straße samt Parkplatzreduktion direkt nach dem Ende der Verbindlichkeit des Votums unverändert fortzusetzen.
Dem widerspricht Boege nun entschieden. „Es handelt sich lediglich um einen Bericht an das Ministerium zu der Tatsache und den Gründen, warum das Vorhaben Hamburger Straße pausiert“, sagt der Bürgermeister. Nirgendwo sei von einer unveränderten Umsetzung der Pläne im Anschluss die Rede. „Diesen Automatismus gibt es nicht“, so der Verwaltungschef.
Boege: „Werde keinen Vorschlag machen, der Entscheid zuwider läuft“
Das Ergebnis des Bürgerentscheids habe rechtlich denselben Stellenwert wie ein Beschluss der Stadtverordneten. „Es bedarf folglich auch eines Mehrheitsbeschlusses der Stadtverordnetenversammlung, um die Entscheidung aufzuheben und die Umsetzung der Maßnahme fortzusetzen.“ Skowronnek und der FDP wirft Boege vor, die Formulierung „mutwillig falsch verstanden“ zu haben.
An die Kritiker gerichtet macht Boege ein Versprechen: „Ich kann versichern, dass ich den Stadtverordneten in Bezug auf die Hamburger Straße keinen Beschlussvorschlag unterbreiten werde, der den Interessen, die in dem Bürgerentscheid zum Ausdruck gekommen sind, zuwider läuft.“ Der Bürgermeister ergänzt: „Genauso hätte ich im Fall eines gegenteiligen Ausgangs gehandelt.“
Verwaltung hat Zweifel, ob Änderung der Planung rechtlich möglich wäre
Bedeutet das nun, dass der Umbau der Hamburger Straße endgültig vom Tisch ist? Oder dass die Pläne angepasst werden und die Stellplätze doch erhalten bleiben? Nein, sagt der Bürgermeister. Eine Anpassung der Planungen wollte Boege zwar nicht ausschließen, betont aber, dass es im Rathaus erhebliche Zweifel gebe, ob ein Umbau mit Erhalt der Parkplätze mit den Vorgaben der Städtebauförderung und des Denkmalschutzes vereinbar wäre.
„Abgesehen davon gehört es zu den Tatsachen, dass derzeit keine personellen Kapazitäten im Fachdienst Straßenwesen zur Verfügung stehen, um die Pläne, die fertig in der Schublade liegen, zu überarbeiten oder von vorn zu beginnen“, sagt er. Von den acht Ingenieurstellen im Tiefbauamt seien derzeit nur zwei besetzt. „Priorität haben unbedingt notwendige Instandsetzungsarbeiten und die Vorbereitung des Planfeststellungsverfahrens zur S 4“, so der Bürgermeister.
Flächen für Ersatzparkplätze stehen aktuell nicht zur Verfügung
Flächen, um im durch den Bürgerentscheid eng definierten Innenstadtbereich Ersatzstellplätze für die Hamburger Straße zu schaffen, habe die Stadt nicht zur Verfügung, betont Boege. „Wir haben nach dem Entscheid alle Standorte, die im Entferntesten infrage kommen, geprüft.“ Das Ergebnis: Sie seien entweder zu klein, die Verkehrsanbindung nicht möglich oder in Privatbesitz.
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Darüber habe er auch den Runden Tisch Innenstadt informiert. Die Gruppe, der Vertreter von Verwaltung, Politik und Kaufleuten angehören, darunter auch Bellizzi und Skowronnek, hatte Boege nach dem Bürgerentscheid ins Leben gerufen, sie hat nach Angaben des Bürgermeisters inzwischen bereits zweimal getagt, zuletzt im Februar. „Insofern waren Herr Bellizzi und Herr Skowronnek in Kenntnis der Fakten.“ Die erhobenen Vorwürfe könne er deshalb nicht nachvollziehen.
Bürgermeister richtet Appell an alle beteiligten Akteure
Boege betont auch, dass er sich der Tatsache bewusst sei, welche Bedeutung ein ausreichendes Parkplatzangebot gerade für Kunden von außerhalb Ahrensburgs habe, damit auch für die Händler, die auf diese Gäste wirtschaftlich angewiesen seien. Um den Umbau der Hamburger Straße zu ermöglichen und dennoch der Forderung nach ausreichend Parkplätzen im Zentrum gerecht zu werden, setzt Boege offenbar auf eine privatwirtschaftliche Lösung. Demnach könnte ein privater Investor anstelle der Stadt zusätzliche Stellplätze schaffen. Details, wie eine solche Variante aussehen könnte, möchte Boege noch nicht preisgeben.
Mittelfristig benötige Ahrensburg unbedingt ein Verkehrskonzept und ein Parkleitsystem, erneuert der Verwaltungschef eine seiner Forderungen aus dem Bürgermeisterwahlkampf. Für die weitere Debatte appelliert Boege an alle Beteiligten, „weniger mit schrillen Tönen aufzufallen, sondern sachorientiert an einer Lösung für die Stadt zu arbeiten.“ Er sagt: „Eine Lösung macht nur Sinn, wenn sie von der großen Mehrheit der Bürger und der Kaufleute akzeptiert wird.“