Ahrensburg. Bislang wurden nur wenige Ideen umgesetzt, auch ein Stadtmarketing fehlt nach wie vor. Politik sieht Schuld bei Bürgermeister.
Ein neues Stadtlogo, Einkaufstaschen mit Ahrensburg-Slogan, ein Weihnachtsmann, der an den Adventswochenenden seine Runden im Zentrum dreht, ein Ahrensburger Geschenkgutschein, einlösbar in den meisten Geschäften der Innenstadt – mit großen Plänen und Versprechungen war Ahrensburgs Citymanager Christian Behrendt im November 2020 gestartet. Zwei Jahre später herrscht Ernüchterung. Wenig von dem, was der Diplom-Volkswirt seinerzeit angekündigt hat, ist bislang Realität geworden. Das Citymanagement, einst mit großen Hoffnungen verbunden, droht zum Flop zu werden.
„Herr Behrendt hat viele gute Ideen, er ist voll auf dem Laufenden, was die Händler und Gastronomen in der Innenstadt bewegt“, sagt Detlef Levenhagen, Fraktionsvorsitzender der CDU. Das Problem sei die Umsetzbarkeit der vom Citymanager vorgeschlagenen Maßnahmen. „Warum es hakt, ist für uns nicht nachvollziehbar“, sagt er. An der Politik liege es jedenfalls nicht. „Wir wollen, dass es vorangeht“, so der CDU-Fraktionschef.
Ahrensburgs Citymanager kann bislang kaum Erfolge vorweisen
Die Christdemokraten waren es, die die Stelle eines Citymanagers in der Verwaltung im November 2019 gemeinsam mit Grünen und Wählergemeinschaft WAB initiiert hatten. Sie sollte der Ersatz sein für das bereits fertig ausgearbeitete Stadtmarketingkonzept, welche die drei Fraktionen im letzten Moment gestoppt hatten. Aufgabe des Fachmanns sollte es sein, die Außendarstellung und Attraktivität des Ahrensburger Zentrums zu verbessern.
Vorschläge dazu machte Behrendt, der 2022 über ein Budget von 80.000 Euro verfügt, durchaus, kündigte etwa in seinem Jahresbericht im Hauptausschuss im März an, bis Mai Ideen für ein Stadtmarketing vorzulegen, bis Jahresende könne es ein beschlussfertiges Konzept geben. Auch den Geschenkgutschein, einen Gastronomieführer und eine Touristeninformation in der Stadtbücherei wollte der Diplom-Volkswirt, der vor seiner Anstellung als Citymanager unter anderem selbstständig als Medientrainer und Kommunikationsberater, sowie als Rundfunkjournalist und ans Quartiersmanager in Norderstedt tätig war, noch 2022 etablieren.
Bemalte Stromkästen und Video-Talk konnte Behrendt umsetzen
Doch aus diesen Plänen wurde ebenso nichts wie aus dem Vorhaben, mehr Grün ins Zentrum zu bringen oder zusätzliche Wasserspiele zu bauen, um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen. Das geplante Baustellenmarketing an der Hamburger Straße mit Konzerten und Aktivitäten, das die Kunden während des Umbaus zur Flaniermeile in die Einkaufsstraße locken sollte, fiel der Verschiebung der Arbeiten zum Opfer.
Auf der Habenseite stehen das Bemalen der Stromverteilerkästen mit Naturmotiven durch eine Graffiti-Firma, das Erstellen eines Leerstandskatasters und die Etablierung des Video-Formats „Talk vor Ort“, in dem Behrendt viermal pro Jahr mit Vertretern aus Handel und Wirtschaft über aktuelle Themen spricht. Zusätzlich kann Behrendt die Einführung eines Branchenportals mit 360-Grad-Ansichten einiger Sehenswürdigkeiten wie dem Ahrensburger Schloss auf der Homepage der Stadt für sich verbuchen. Die großen öffentlichkeitswirksamen Projekte fehlen bislang.
Politiker sehen Verantwortung für ernüchternde Bilanz beim Bürgermeister
Zu wenig sei das, findet Thomas Bellizzi, Fraktionsvorsitzender der FDP. „Ich würde mir wünschen, dass der Citymanager deutlich präsenter ist und mehr Akzente setzt“, sagt er. Bislang sei die Stelle „eine maßlose Enttäuschung“. Das sieht Erik Schrader, Fraktionschef der Linken, ähnlich. „Der Citymanager ist kaum öffentlich wahrnehmbar“, kritisiert er und betont, dass seine Fraktion von Beginn an gegen die Stelle gewesen sei.
Die Verantwortung für die dürftige Bilanz des Citymanagers sehen die Politiker allerdings weniger bei Behrendt, als bei anderen Teilen der Verwaltung, allen voran Bürgermeister Eckart Boege. „Herr Behrendt stellt viel auf die Beine, aber mein Eindruck ist, dass er von anderen Stellen im Rathaus ausgebremst wird“, sagt WAB-Fraktionschef Peter Egan und spricht von „Zuständigkeitsstreitereien“. Auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Nadine Levenhagen möchte Behrendt „ausdrücklich in Schutz nehmen“.
Papier zum Stadtmarketing liegt seit Monaten fertig in der Schublade
Mitglieder mehrerer Fraktionen berichten, dass es innerhalb der Verwaltung Reibereien gebe, was die Aufgaben des Citymanagers anbelangt. Viele Vorschläge Behrendts seien demnach am Widerstand anderer Fachdienste gescheitert. Nach Informationen unserer Zeitung liegt etwa das Papier mit Vorschlägen für ein Stadtmarketing bereits seit Monaten fertig in der Schublade, ohne dass es veröffentlicht oder der Politik vorgestellt wurde.
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Behrendt hatte in der Vergangenheit mehrfach angedeutet, dass es in Teilen der Verwaltung Widerstand gegen die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen gibt. „Eine Herausforderung meiner Tätigkeit ist, dass ich oftmals nicht einfach etwas machen kann“, sagte Behrendt etwa im Mai in einem Interview mit unserer Zeitung und ergänzte: „Ich kann vor allem Vorschläge machen, habe aber kein Veto- oder Weisungsrecht.“
Bürgermeister möchte Anfang 2023 das Gespräch mit den Fraktionen suchen
Aktuell möchte er sich dazu auf Anfrage nicht äußern und verweist an den Bürgermeister. Der spricht von „sehr unterschiedlichen Auffassungen“, was die Zuständigkeiten des Citymanagers betreffe. „Es gibt eine Diskrepanz zwischen den Erwartungshaltungen an das Citymanagement und dem, wie die Stelle definiert ist“, sagt der Verwaltungschef. Die Ausarbeitung eines Stadtmarketings sei in der Stellenbeschreibung nicht explizit festgeschrieben.
„Anfang 2023 werden wir an die Politik herantreten und gemeinsam absprechen, welche Aufgaben der Citymanager in Zukunft übernehmen soll“, sagt Boege. Wie es dazu kam, dass Behrendt das Erstellen eines Stadtmarketings offenbar dennoch als seine Aufgabe ansah, dazu wollte sich der Bürgermeister nicht äußern. Allerdings hatte Boege die Verwaltungsleitung erst am 1. Mai 2022 von seinem Amtsvorgänger Michael Sarach übernommen, als der Citymanager schon seit eineinhalb Jahren im Rathaus tätig war.
FDP-Fraktionschef fordert: „Citymanagement muss Chefsache werden“
Dennoch sieht Grünen-Fraktionschefin Nadine Levenhagen Boege mit in der Verantwortung. „Wir fordern seit einem Dreivierteljahr, das Thema Stadtmarketing auf die Tagesordnung des Hauptausschusses zu setzen“, sagt sie. Der Bürgermeister habe ihre Fraktion jedoch wiederholt vertröstet. Für Thomas Bellizzi von der FDP und den SPD-Fraktionsvorsitzenden Jochen Proske ist das Problem ein grundsätzlicheres.
„Die Aufgaben des Citymanagers müssen eindeutig politisch geklärt werden“, sagt Proske. Bellizzi fordert Boege zudem dazu auf, die Stelle vom Fachdienst Wirtschaftsförderung in die Stabsstelle zu holen und damit direkt dem Bürgermeister zu unterstellen. „Das Citymanagement muss eine Chefaufgabe sein“, sagt er. Dadurch werde verhindert, dass dessen Vorschläge im Abstimmungsprozess mit den anderen Fachdiensten versande. Und Bellizzi geht noch einen Schritt weiter, sagt: „Wenn es nicht zeitnah strukturelle Anpassungen gibt, die zu einer merklichen Verbesserung der Bilanz beitragen, darf es kein Tabu sein, darüber nachzudenken, die Stelle wieder abzuschaffen.“