Sylt. Auf Sylt gibt es am Freitag nur das eine Thema. Besitzer der Pony Bar reagieren und passen ihr Wochenendprogramm an.
17 Grad, milder Sonnenschein, und das Polohemd sitzt: Eigentlich herrschen am Freitagabend in der Nobelbar Pony in Kampen perfekte Voraussetzungen für einen typisch luxuriösen Abend auf Sylt. Eigentlich.
Nachdem seit Donnerstag, 23. Mai, ein Video in den sozialen Netzwerken viral ging, auf dem Feiernde in der Pony Bar rassistische Parolen singen, gab es bundesweit Bestürzung und Kritik aus der Politik und von verschiedenen Institutionen, ansässigen Unternehmen und Influencern.
Pony Club auf Sylt: Stimmung nach viralem Video angespannt
Am frühen Abend scheint die Sonne direkt über die berühmte Whiskymeile. Vereinzelt laufen Paare und Personen über den sonst ausgestorbenen Gehweg. Man lässt in üblich freundlicher Manier einer Seniorin den Vortritt. Natürlich steht auch der ein oder andere Luxuswagen am Straßenrand.
Auch in den Bars ist nicht viel los. Die frisierten Techno-Beats dröhnen in üblicher Manier aus den Boxen, während Cocktails und Weißwein serviert werden. Ein wenig Bewegung kommt in die Straße, als eine Gruppe Hamburgerinnen und Hamburger eine spontane Demonstration starten.
Nach viralem Video: Frau im Pony Club zeigt Demonstrierenden den Mittelfinger
„Kein Platz für Nazis“ steht auf ihrem Plakat. Die Protestaktion lässt die meisten Gäste im Pony kalt, sie sind in ihre Gespräche und Getränke vertieft. Eine Frau soll den jungen Leuten aus Hamburg jedoch mehrfach den Mittelfinger gezeigt haben. „Anscheinend verurteilt diese Person die Aussagen aus dem Video nicht“, so Deike (21), die für die Demonstrierenden spricht.
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Einer der Barkeeper bestätigt gegenüber dem Abendblatt, der Frau mit dem Rausschmiss gedroht zu haben, wenn sie nicht aufhöre, den Mittelfinger zu zeigen. Die Angestellten in dem Club sind wütend und auch enttäuscht, dass sich ein so großer Teil der Kritik auch gegen das Pony richte. Wie Geschäftsführer Tim Becker verstehen sie sich als weltoffen und tolerant.
Pony Club auf Sylt: Angestellte verurteilen die Akteure im Video scharf
Nachdem sich die Demonstration aufgelöst hat, geht es weiter im fast normalen Tagesbetrieb. „Eigentlich war das Video heute das einzige Thema, das wirklich alle Gäste angesprochen haben“, sagt der Barkeeper, der nicht namentlich genannt werden möchte. Deshalb sei der Club heute auch geschlossen, nur die Außengastronomie habe wie gewöhnlich geöffnet.
Ab morgen solle dann wieder normaler Clubbetrieb herrschen. Die Angestellten sind sich einig: „Solche Leute wollen wir hier nicht haben. Viele von uns kommen selbst nicht aus Deutschland. Wenn wir den Gesang bemerkt hätten, wären wir eingeschritten.“ Insofern stimmen sie mit Deike aus Hamburg überein: „In meinen Augen ist es das einzig Richtige, sich ganz klar von dem Video abzugrenzen“, so die Studentin.
Pony Bar Kampen: Betreiber werden von Sylt-Influencer in Schutz genommen
Auch Sylt-Influencer Sepp Brückmann äußert sich gegenüber dem Abendblatt zur Entwicklung der letzten Tage. Er wohnt seit 15 Jahren auf der Insel und war einige Jahre selbst Gastronom, kennt also den Druck, den die Betreiber des Pony Clubs nun spüren. „Sie sind tolle Gastgeber, auch die Angestellten tun mir total leid“, sagt Brückmann.
„Hier leben und arbeiten Menschen aus so vielen Nationen, wir sind eine multikulturelle Insel“, sagt er. Was ihn wirklich störe, sei die Inaktivität der passiv beistehenden Feiernden auf dem Video. Von ihnen hätte er sich ein deutliches Einschreiten gewünscht.