Sylt/Prien am Chiemsee. Nach dem Bekanntwerden des Skandal-Videos werden Verbindungen zu einer CSU-Ortsgruppe in Bayern gezogen. Ortsvorsitzender bezieht Stellung.
- Nach Bekanntwerden des Videos, auf dem junge Menschen auf Sylt rassistische Parolen grölen, werden Verbindungen zur CSU gezogen
- Eine der abgebildeten Personen soll angeblich in der Partei aktiv sein
- Ortsvorstand klärt auf und wehrt sich eindrücklich gegen CSU-Hetze im Internet
Wenige Wochen vor der Europawahl und nur einen Tag, nachdem das Grundgesetz seinen 75. Geburtstag gefeiert hat, kursiert ein Video im Netz, das erschreckende Szenen von der Urlaubsinsel Sylt zeigt. „Ausländer raus“ wird hier skandiert – von einer Gruppe junger, feiernder Menschen.
War die Stimmung bei den Aufnahmen am Pfingstwochenende noch offensichtlich ausgelassen, dürfte sie nun auch bei den Betroffenen selbst gekippt sein. Die Verbreitung des Videos auf Social-Media-Plattformen wie TikTok, Instagram, X (ehemals Twitter) und Reddit, hat dafür gesorgt, dass binnen kürzester Zeit eine regelrechte Jagd um Informationen über die Personen in dem Video ausgebrochen ist. Und so sahen sich am Freitag diverse Unternehmen, aber auch eine Hamburger Influencerin, dazu verpflichtet, eine Stellungnahme zu veröffentlichen. So auch die CSU Prien am Chiemsee im Landkreis Rosenheim. Denn auch hierhin führt eine der Spuren über die Menschen hinter den rechtsradikalen Parolen.
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„Wir distanzieren uns aufs Äußerste von den Vorfällen auf Sylt und den Inhalten des Videos. Wir möchten ausdrücklich klarstellen, dass wir uns maximal von jeglichem Verhalten oder Inhalten distanzieren, die gegen Menschen mit Migrationshintergrund hetzen, oder extremistische Inhalte propagieren“, heißt es am frühen Freitagabend in der Instagramstory des CSU-Ortsverbandes.
Und weiter: „Keiner der beteiligten Mitglieder war und ist Mitglied der CSU Prien.“ Dem Abendblatt liegen Informationen darüber vor, an wen sich das Statement konkret richtet. Aus Datenschutzgründen verzichtet diese Redaktion allerdings auf die Nennung. Zurückzuführen ist die Stellungnahme auf den CSU-Ortsvorsitzenden und zweiten Bürgermeister von Prien, Michael Anner.
Auf Abendblatt-Anfrage erklärt er seine Entscheidung und wehrt sich konkret gegen die CSU-Hetze im Netz, die sich auf ein vier Jahre altes Foto stützt.
Sylt-Schreihals ein CSU-Freund? Ortsvorstand erklärt Instagram-Auftritt
Die Information, dass eine Person, die auf dem Sylt-Video zu sehen sein soll, mit der CSU Prien in Verbindung gebracht wird, habe ihn am Freitagnachmittag regelrecht „überrollt“, so Anner. Mit Blick auf die vielen Instagram-Kommentare sah sich der Ortsvorsitzende dazu angehalten, Stellung zu beziehen, „weil uns unterstellt wird, dass unser Ortsverband rechtsradikal wäre“. Dabei habe er selbst sich für den Bau einer Flüchtlingsunterkunft in Prien eingesetzt, wie der Politiker im Abendblatt-Gespräch erzählt.
Bis Freitag noch auf dem Instagramkanal der CSU Prien zu sehen, war ein Foto mit einem der mutmaßlichen Beteiligten aus dem Sylt-Video. Dieses wurde entfernt, nachdem der Rassismus-Eklat öffentlich wurde, wie Anner bestätigt. Der Beitrag soll im Rahmen der Kommunalwahl 2020 online gegangen sein. Damals kandidierte Annette Resch als Bürgermeisterin. Die heutige Gemeinderätin hatte „querbeet“ aus der Bevölkerung, „vor allem auch nicht CSUler“, angesprochen, und für die Unterstützung ihrer Wahlkampagne geworben. Daraus folgte ein Porträt von dem Mann, versehen mit der Aussage: „Ich wähle Annette Riesch, weil sie Prien beleben wird. Wir brauchen frischen Wind!“
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Heute heißt es von Anner, man habe damals keinerlei Anzeichen für eine Radikalisierung gesehen. „Sonst hätten wir das nie gemacht.“ Auskunft darüber, ob und wann sich der Sylt-Tourist radikalisiert habe, kann der Ortsvorsitzende keine geben. Er wisse auch nicht, ob der Mann „in den letzten Jahren“ überhaupt in Prien gewesen sei.