List auf Sylt. Die Kaufleute Jörg Meyer und Nicki Jablunka finden keine Mitarbeiter für ihren Markt in List. Nun krempeln sie den Einkauf um.

Auf den ersten Blick ist der Edeka-Markt in List auf Sylt ein ganz normaler Supermarkt. Eher modern und groß, in langen Regalreihen gibt es das komplette Angebot von A wie Äpfeln bis Z wie Zucker. Seit dieser Woche müssen Kunden sich allerdings radikal umgewöhnen.

Statt wie bislang die Einkäufe an einer der bislang fünf Kassen aufs Band zu legen und von einem Beschäftigten kassieren zu lassen, können sie ihre Waren jetzt an einer der zehn Selbstbedienungskassen selbst scannen und bezahlen.

"Wir sind der erste Supermarkt in Deutschland, der weitestgehend auf eine klassische Kassenzone verzichtet", sagt der Hamburger Edeka-Kaufmann Jörg Meyer, der den Markt in List 2019 mit Geschäftspartner Nicki Jablunka übernommen hatte. Nur noch eine von bislang fünf Kassen mit Kassierer haben sie in dem Supermarkt mit 350.000 Kunden im Jahr stehengelassen.

Sylt: Auch Edeka findet kein Personal auf der Insel

Hauptgrund für die radikale Veränderung ist die akute Personalnot auf der Nordseeinsel. "Wir finden einfach keine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auf Sylt", sagt Jablunka, der der Mann vor Ort ist. Die Frischetheke sei deshalb schon länger geschlossen. Aber mittlerweile sei es auch schwierig, Leute für die Kasse zu finden. "Die Lage ist dramatisch", sagt sein Hamburger Partner, der mit seinem Familienbetrieb insgesamt zehn Supermärkte im Norden betreibt. Wichtig ist ihm: "Es wird garantiert niemand wegen der neuen Kassen entlassen."

Im August dieses Jahres hatten die Lebensmittelhändler schon einen Test mit zunächst vier sogenannten Selfscanner-Kassen gestartet. "Das wurde sofort gut angenommen", sagt Jablunka. Warteschlangen vor den Kassen seien dadurch deutlich reduziert worden. "Das spart Nerven und Zeit." Schon nach wenigen Monaten laufen seinen Angaben zufolge 30 Prozent des Jahresumsatzes von etwa sieben Millionen Euro in dem Markt über die Selbstbedienungskassen. Vor allem bei den Urlaubern sei die hohe Akzeptanz gut.

Edeka: 350.000 Euro für neue Kassen und Einkaufswagen

Aktuell werden sechs weitere Stationen installiert. An vier davon kann auch mit Bargeld gezahlt werden. "Das war etwas, das viele unserer Kunden vermisst haben", sagt der Lister Edeka-Händler. Insgesamt stecken Investitionen in Höhe von 350.000 Euro in der Digitalisierungsoffensive. "Theoretisch müsste es gar keine Schlangen mehr geben", sagt Geschäftspartner Meyer.

Denn parallel hat das Duo 20 sogenannte Smart-Shopper eingekauft. Das ist eine Art SUV unter den Einkaufswagen, ein Hightech-Modell mit Monitor und Scanner – und ein Blick in die Zukunft des Einkaufens. Die Kunden können ihre Waren am Regal scannen und direkt in die mitgebrachten Einkaufstaschen packen. Die Einkäufe werden auf einem Display in Größe eines Tablets angezeigt. Der Check-out läuft entweder an einer der Selbstbedienungsstationen oder an der letzten klassischen Kasse. "Gerade bei großen Einkäufen lohnt sich das", ist Kaufmann Meyer sicher.

Sylt: Edeka-Kunden sollen Einkäufe selbst einscannen

An diesem Novembertag schieben allerdings nur wenige Kunden einen der smarten Einkaufswagen durch die Gänge. Meyer und Jablunka hoffen jetzt auf den Gewöhnungseffekt. Mindestens ein Edeka-Mitarbeiter ist immer in der Nähe, um bei Fragen zu helfen. Die Hoffnung, dass sich die Personalsituation deutlich verbessert, haben sie inzwischen aufgegeben. Schon jetzt kommen fast alle ihrer 26 Beschäftigen vom Festland. Um täglich zu pendeln, ist das eigentlich zu weit.

"Wenn sie keine Wohnung haben, kann man es komplett vergessen", sagt Unternehmer Meyer. Er hat in Wenningstedt, wo die beiden einen weiteren Supermarkt haben, inzwischen 50 Wohnungen gebaut. Trotzdem reicht es nicht. "Wir hoffen, dass wir es mit der Digitalisierung schaffen, den Supermarkt weiter betreiben zu können", sagt Nicki Jablunka.