Hamburg. Bei Edeka Meyer in der Rindermarkthalle können Supermarktkunden ihre Waren jetzt selbst scannen. So funktioniert der SmartShopper.

Normalweise läuft der Supermarkteinkauf so: Einkaufswagen schnappen, Waren einsammeln, an die Kasse gehen, alles aufs Band legen, danach in die Tasche packen, zum Schluss bezahlen. Bei Edeka Meyer in der Rindermarkthalle haben Kunden jetzt die Wahl. „Bequem und einfach einkaufen – kein Ein- und Auspacken am Kassenband mehr“ steht auf einem Hinweisschild.

Wo sonst die rollenden Gitterwagen zusammengeschoben sind, gibt es seit diesem Donnerstag noch einen anderen Typ. Der neue heißt SmartShopper und ist eine Art SUV unter den Einkaufswagen, ein Hightech-Modell mit Monitor und Scanner – und ein Blick in die Zukunft des Einkaufens.

Rindermarkthalle: Edeka hat jetzt smarte Einkaufswagen

„Gucken Sie mal, so einfach funktioniert das“, sagt Jörg Meyer. Der Edeka-Kaufmann steht mit einem SmartShopper am Eingang seines Supermarktes. Ein Klick, und schon geht es los. „Einkauf starten“ erscheint auf dem Display in Tabletgröße. Vorher hat er eine Einkaufstasche in den Wagen gestellt. Meyer steuert Richtung Obst- und Gemüseabteilung, nimmt einen Beutel Kartoffeln aus dem Regal und hält den Barcode unter den Scanner. Dann legt er den Einkauf in die Tasche.

Es dauert einen Moment, bis die Sensoren im Wagen den Artikel geprüft haben. Dann erscheint er samt Preis und Packungsgröße auf dem Monitor. Fertig. Genau so geht es mit Ananas, Orangensaft, Keksen, Milch und Nudeln. Alle 25.000 Artikel in dem großen Supermarkt können die Kunden dank des „intelligenten“ Einkaufswagens am Regal selbst einscannen.

Erster Supermarkt in Hamburg mit smarten Einkaufswagen

„Der Vorteil ist, dass man die Einkäufe direkt einpacken kann und an der Kasse nicht noch mal aufs Band legen muss“, sagt der Edeka-Kaufmann. Eine Registrierung ist nicht nötig, auch das Bezahlen am Ausgang funktioniert kontaktlos. „Die Kasse ist das Nadelöhr. Der SmartShopper ist eine zukunftsweisende Technologie, die das Einkaufen stressfreier macht“, sagt Meyer.

Der Supermarkt in der Rindermarkthalle ist der erste in Hamburg, in dem der smarte Einkaufswagen im Einsatz ist. 20 Stück hat der Unternehmer, der mit seiner Familie zehn Geschäfte in Hamburg und Umgebung betreibt, zum Start angeschafft. In den nächsten Wochen sollen drei weitere Märkte ausgestattet werden, darunter auch in List auf Sylt.

„Smart Shopping“ ist schon länger ein Trend

„Smart Shopping“, wie die digitale Bezahloption in der Fachsprache heißt, ist schon länger ein Trend im Lebensmittelhandel. Die Händler suchen nach neuen Wegen, wie sie das Einkaufen schneller und bequemer machen können. Eingesetzt werden neben Lieferangeboten und Abholstationen unterschiedliche digitale Verfahren wie Scan&Go mit mobilen Handscannern bei Rewe (bundesweit 120 Märkte) oder einer Smartphone-App bei Penny (bundesweit 170 Märkte, 15 in Hamburg und Umgebung).

Auch Edeka-Händler arbeiten mit der Anwendung. Es laufen zudem bundesweit mehrere Pilotprojekte mit kassenlosen Supermärkten. „Die Corona-Pandemie hat der Entwicklung digitaler Konzepte einen Schub gegeben“, sagt Cetin Acar, IT-Experte beim Kölner Handelsforschungsinstitut EHI. Nachdem die Konsumenten bei der Nutzung von Selbstscanner-Kassen anfangs noch zögerlich gewesen seien, sei der Bann gebrochen. „Die Veränderungen sind aber kein Selbstgänger. Die Kunden akzeptieren neue Lösungen nur, wenn sie einen Mehrwert für sich wahrnehmen.“

Edeka hat sich Zusammenarbeit exklusiv gesichert

Hinter dem intelligenten Einkaufswagen SmartShopper steht das Start-up KBST aus dem hessischen Kaufungen. Edeka hat sich die Zusammenarbeit nach einer ersten Pilotphase in einem Markt in Kassel exklusiv gesichert.

Im Absatzgebiet von Edeka Nord wird der Einkaufswagen nach Angaben eines Sprechers bereits in mehreren Märkten getestet, unter anderem in Heide, Itzehoe und Mölln. Neben Vorteilen wie der Zeitersparnis biete SmartShopper eine durchgängige Übersicht über den Einkauf und eine transparente Warenkorbsumme. „Im Gegensatz zu anderen Angeboten erfolgt keine Registrierung oder Einrichtung eines Kundenkontos. Der Einkauf erfolgt also völlig anonym“, so der Unternehmenssprecher.

So sieht die Einkaufsliste auf dem Monitor des SmartShoppers aus.
So sieht die Einkaufsliste auf dem Monitor des SmartShoppers aus. © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Funke Foto Services

„Für die Kunden funktioniert der Einkauf mit dem SmartShopper genau wie ein ganz normaler Einkauf“, sagt KBST-Mitgründer und Geschäftsführer Jan Kraus. Damit das so ist, haben die Entwickler alle Artikel mit ihrem spezifischen Gewicht einmal im System angelegt. Diese Datenbasis kann ähnlich wie bei einem Kassensystem auf alle weiteren Märkte übertragen werden.

Neue Artikel werden automatisch gelernt. Beim Einkaufen prüft der Einkaufswagen, ob das Gewicht der Ware mit dem in der Datenbank überstimmt. „So stellen wir sicher, dass vorlaufend alles auf dem Kassenbon registriert wird“, sagt der 28-jährige Wirtschaftsingenieur. Sobald etwas nicht gescannt wird – ob aus Versehen oder mit der Absicht, nicht zu bezahlen – ertönt ein Alarmton. Offenbar klappt das. Inzwischen ist KBST bundesweit in 40 Märkten mit dem Smart Shopper vertreten.

Edeka Meyer in Hamburg setzt schon lange auf digitale Lösungen

Edeka-Kaufmann Jörg Meyer war schnell überzeugt von den „intelligenten“ Einkaufswagen. Der 54-Jährige setzt schon länger auf digitale Lösungen, hatte als einer der ersten Einzelhändler die Bezahl-App Koala in seinen Märkten eingeführt. Jetzt steckt der Unternehmer mehr als eine halbe Million Euro in die Digitalisierung seiner Märkte. „Neben Schnelligkeit und Bequemlichkeit für Kunden geht es darum, der wachsenden Konkurrenz durch Onlinehandel und Express-Lieferdienste etwas entgegenzusetzen“, sagt er.

Bedenken, die neuen Einkaufswagen könnten zu Personalabbau führen, weist er zurück. „Es ist andersrum, wir haben Schwierigkeiten, Personal für die Kassen zu finden.“ Auch Mitarbeiterin Jacqueline Fuhrmann, die in dem Supermarkt in der Rindermarkthalle künftig für die Betreuung der SmartShopper und der neuen Selbstbedienungskassen zuständig ist, schüttelt den Kopf. „Ich habe keine Angst, meinen Job zu verlieren. Es ist spannend, etwas Neues zu machen.“

Meyer schiebt nach dem Testlauf seinen vollen Einkaufswagen vor einen der Terminals. Klickt die Schaltfläche für Bezahlen an, scannt den Code und überträgt so die Daten seines Einkaufs in die Selbstbedienungskasse. „Hier kann man mit Karte oder Smartphone bezahlen“, sagt er. „Wer Bargeld nutzen möchte, kann das an einer der Kassen tun.“ Auch dort wird nur noch ein Code eingescannt. Ausgepackt wird erst zuhause.