Fehmarn. Gemeinsam gegen die Flutschäden: Auf Fehmarn packen 250 Camper mit an. Auch an der Lübecker Bucht tut sich was – vor allem in Grömitz.
Die Jahrhundertflut Ende Oktober 2023 hat an vielen Ostseeorten in Schleswig-Holstein Strände, die Infrastruktur und viel Natur zerstört. Die Schäden an der Ostsee durch die Sturmflut summieren sich geschätzt auf 200 Millionen Euro. Die Aufräumarbeiten waren an vielen Orten sofort danach gestartet.
Im Ahoi Camp auf Fehmarn hat das Wasser ebenfalls schwere Schäden verursacht. Am vergangenen Wochenende haben sich 250 Camperinnen und Camper aus dem gesamten Bundesgebiet dort zu einer Bepflanzungsaktion getroffen.
Fehmarn an der Ostsee: Camper aus ganz Deutschland halfen bei Anpflanzungen mit
Zwei Tage lang packten Freiwillige mit an, damit der beliebte Campingplatz pünktlich zur Saison wieder hergerichtet ist. So wie Dauercamper Petra und Volker Münch aus Hasloh: „Wir sind die Einzigen, die schon seit 1968 auf dem Platz sind. Sturmfluten haben wir in der Zeit immer wieder erlebt. Unseren ersten Stellplatz hatten wir da, wo jetzt das Meer ist. Natürlich sind wir immer dabei, wenn Hilfe gebraucht wird.“
Jan Schulte-Hötte kam mit Sohn Noah aus Hamburg zum Helfen: „Auf den Fotos aus dem Herbst sahen die Schäden schon sehr krass aus. Da haben wir gedacht, wir müssen helfen, auch um den Kindern Vorbild zu sein. Und wir selbst haben sogar auch was davon – wir kommen im Sommer auch wieder her zum Campen.“
Campingplatz auf Fehmarn: 800 Meter langer Strandwall wurde fast komplett zerstört
Im Oktober hat es den bei Wassersportlern beliebten Campingplatz im Nordwesten der Insel in Altenteil heftig getroffen, wie so viele andere Campingplätze und Ostsee-Orte auch. „Die Gebäude blieben zwar unbeschädigt, aber vor allem der schützende, rund 800 Meter lange Strandwall wurde nahezu komplett zerstört“, sagt Markus Wolff aus der Geschäftsführung des Ahoi Camps.
In einem Kraftakt ist in den vergangenen Wochen ein neuer entstanden.
Auf dem Strandwall wurden zunächst Jutenetze verlegt. In diese haben die Helfer anschließend 4000 heimische Pflanzen (Strandhafer und Strandrogen) per Hand eingearbeitet. Das von der Flut über den gesamten Platz verteilte Seegras wurde ebenfalls wieder mit eingearbeitet. So soll der Strandwall möglichst schnell an Festigkeit gewinnen.
Fehmarn: Für den Dünenschutz zahlen Camper nun 1,50 Euro zusätzlich pro Nacht
Michael Reiffen vom Ahoi Camp: „Vorgezogene Pflanzen einzusetzen ist natürlich teurer, als sie zu säen. Aber wir kaufen in diesem Fall nicht nur Pflanzen, sondern vor allem Zeit auf dem Weg zu einem natürlichen Schutz vor Sturmfluten und Landverlust.“
Finanziert werden diese Pflanzen auch aus dem Projekt „Deine Düne“: Pro Nacht und Stellplatz auf dem Ahoi Camp Fehmarn gehen künftig zusätzlich 1,50 Euro in den Dünenschutz. Denn: „Schäden einer Sturmflut sind nicht versicherbar.“
Dünen sind wichtig, um die Küstenlinien vor Erosion zu schützen, indem sie als natürliche Barriere dienen. Sie können außerdem dazu beitragen, den Strand vor Sturmfluten und Überschwemmungen zu schützen. Michael Reiffen: „Stürme und Fluten wird es natürlich immer wieder geben. Durch unsere Maßnahmen versuchen wir aber, künftig maximal gut gewappnet zu sein.“
Ahoi Camp auf Fehmarn: Alle 377 Stellplätze sind nutzbar, Saisonstart am 28. März
Die weiteste Anreise hatten Daniela und Jörg Förg, die für die Hilfsaktion extra aus Bad Kissingen nach Fehmarn gekommen waren. „Wir sind überwältigt von dieser Bereitschaft, uns zu helfen“, sagt Johannes Vieten, Co-Geschäftsführer vom Ahoi Camp Fehmarn.
„Der Zuspruch zeigt einmal mehr, was für eine große Bedeutung unser Platz für viele Gäste besitzt und wie stark sie mit ihm verbunden sind. Wir können gar nicht oft genug sagen: vielen Dank allen, die hier ein ganzes Wochenende mit angepackt haben!“
Alle rund 377 Stellplätze sind nutzbar, und die Saison kann wie geplant am 28. März beginnen.
Ostsee – in Grömitz ist der Strand pünktlich zu Ostern wieder schön
Auch an anderen bei Touristen beliebten Orten an der Ostsee soll der Saisonauftakt glattlaufen, sollen die Strände wieder instand gesetzt sein. So wie in Grömitz. Dort laufen derzeit die Arbeiten, um die Promenade wieder herzurichten und den Strand neu mit Sand aufzuschütten.
Manfred Wohnrade, Touristikleiter von Grömitz, betont die Dringlichkeit der Aufräumarbeiten: „Wir arbeiten mit Hochdruck an der Wiederherstellung des Badestrandes, um unseren Gästen auch in dieser Saison wieder optimale Bedingungen bieten zu können.“
Ostsee: Für den neuen Strand schaufeln Bagger frischen Sand vom Ostseegrund
Sebastian Rieke, Bürgermeister von Grömitz: „Die Sicherheit und Zufriedenheit unserer Besucher stehen für uns an erster Stelle. Der Strand wird vor Ostern wieder in erstklassigem Zustand sein.“ Betroffen von der Sturmflut war vor allem der rund drei Kilometer lange Hauptstrand, auch die Beleuchtung an der Promenade war völlig zerstört und wird derzeit neu installiert, ebenso am Yachthafen.
Für den neuen Strand holen Arbeiter mit riesigen Baggern in diesem Monat frischen Sand vom Ostseegrund. Über die Kosten kann Rieke keine Angaben machen. Am 19. März will das Land Schleswig-Holstein eine entsprechende Förderrichtlinie veröffentlichen. Demnach ist eine Förderung der von der Sturmflut zerstörten touristischen Infrastruktur von bis zu 75 Prozent möglich.
Scharbeutz: Dort wurde der Strand kurz nach der Flut wieder in Ordnung gebracht
Der Bürgermeister ist froh, dass für große Teile des Badestrandes ein verschlanktes Verfahren der übergeordneten Behörden eingeführt wurde. „Diese pragmatischen Rahmenbedingungen helfen uns sehr und sind ein deutliches Signal, dass im Land die saisonale Wiederherstellung der touristischen Infrastruktur hohe Priorität hat“, so Sebastian Rieke.
Auch an der Lübecker Bucht sind die Strände wieder nutzbar. „In Scharbeutz wurde bereits im Oktober aufgeräumt und der Strand mit neuem Sand aufgefüllt“, sagt Doris Wilmer-Huperz, Sprecherin der Tourismus-Agentur Lübecker Bucht. „Es gibt aber partiell an Steilküsten die Situation, dass man schauen muss, ob da eine Abbruchkante ist.“
Sturmflut an der Ostsee: Etwa die Hälfte der Regionaldeiche wurde beschädigt
Etwa die Hälfte der Regionaldeiche wurde bei der Oktobersturmflut beschädigt, an zwei Stellen gab es Deichbrüche. Seitdem hat das Umweltministerium zusammen mit dem Landesbetrieb für Küstenschutz ein breites Unterstützungsangebot für die Betroffenen aufgelegt.
„Unser gemeinsames Ziel ist die schnellstmögliche Wiederherstellung der Deichsicherheit der Regionaldeiche. Wir haben ein großes Interesse daran, dass die Verbände und Kommunen vor Ort ihre Deiche spätestens bis zur nächsten Sturmflutsaison wieder hergestellt haben und werden nach Kräften unterstützen – und zwar ebenso finanziell wie fachlich“, so Küstenschutzminister Tobias Goldschmidt.
Ostsee: „Die Sturmflut war ein Weckruf“, so Minister Tobias Goldschmidt
„Wo Deiche beschädigt oder gar gebrochen sind, unterstützt der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz den jeweils zuständigen Wasser- und Bodenverband und die Gemeinde bei der Planung des Wiederaufbaus. Und die Kosten für die Wiederherstellung der Regionaldeiche werden zu 90 Prozent vom Land getragen“, hatte Goldschmidt bei einem Besuch der besonders von der Sturmflut betroffenen Stadt Arnis an der Schlei gesagt.
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Durch den Meeresspiegelanstieg ist in Zukunft vermehrt mit schweren Sturmfluten auch an der Ostsee zu rechnen. Minister Goldschmidt: „Die Flut war ein Weckruf. Wir müssen uns darüber Gedanken machen, welche Gebiete wir langfristig schützen können und wollen. Alles wird mit gesellschaftlich vertretbaren Kosten nicht mehr möglich sein.“