Kiel. Deichbrüche, überschwemmte Campingplätze, weggerissene Dünen und Strandpromenaden. So sieht es derzeit in den Gemeinden aus.
Deichbrüche, Evakuierungen, weggerissene Dünen und Strandpromenaden, gesunkene Boote, überschwemmte Straßen und Campingplätze: Die Liste der Schäden durch die schwere Sturmflut am vergangenen Wochenende ließe sich noch weiter fortsetzen. Das zeigt sich bei den Aufräumarbeiten, die an Ostsee,Schlei und Flensburger Förde auf Hochtouren laufen.
Während die Deiche in Maasholm und Arnis an der Schlei aktuell noch mit Unterstützung der Bundeswehr gesichert werden, hat sich das Wasser aus den Altstädten von Kiel, Schleswig und Flensburg zurückgezogen. In den Häfen dort liegen aber noch zahlreiche gesunkene Boote, die jetzt geborgen werden müssen – mindestens 35 allein im Olympiahafen Kiel-Schilksee. Auch die Häfen Damp, Maasholm, Heiligenhafen, Wendtorf und kleinere Häfen an der Flensburger Förde sind betroffen.
Nach Sturmflut in Schleswig-Holstein: Besserer Küstenschutz für Ostsee gefordert
Dort hat es den kleinen Ort Langballigau besonders schwer getroffen. Das Restaurant Strandoase etwa wurde komplett vernichtet. Ebenso hart traf es den Campingplatz Langballigau, der evakuiert werden musste und nun völlig zerstört ist. Fotos zeigen von der Flut zusammengeschobene Wohnwagen, die auch am Folgetag noch zur Hälfte im Wasser standen.
Erschütterte Stammgäste haben auf Gofoundme eine Spendenkampagne ins Leben gerufen, bei der mittlerweile knapp 6000 Euro zusammengekommen sind. „Die Besitzer führen diesen Campingplatz seit vielen Jahren mit viel Herz und Liebe und wenig Kommerz“, schreiben die Initiatoren. „Wir möchten, dass sie die Kraft haben, ihre Existenz, die zweite Heimat vieler Camper und einen traumhaften Urlaubsort wiederaufzubauen.“
Halbinsel Holnis: Nach Wasserdurchbruch „angenagte“ Düne muss instand gesetzt werden
Auch der Campingplatz auf der schräg gegenüber liegende Halbinsel Holnis wurde verwüstet. „Wir sind um ein Haar an existenziellen Schäden vorbeigekommen“, sagt Wiebke-Sophie Volquardsen, die auch das Ostsee Strandhaus Holnis betreibt. So hätten die Katastrophenhelfer das Wasser nach einem Durchbruch im Dünenkamm auf den zuvor evakuierten Campingplatz leiten können, wo es sich verteilen und versickern konnte.
Die „angenagte“ Düne muss nun dringend instand gesetzt werden, um Schutz vor nächsten Sturmfluten zu bieten. Welche Wucht das Wasser hatte, ist am Strand von Holnis gut zu sehen: Von einer Kinderrutsche steht nur noch die Leiter, das DLRG-Haus wurde unterspült, das Bistro Strandterrasse verlor seine Terrasse, und auch am Strandpavillon gibt es Schäden.
Fehmarn: Drei Campingplätze und der Südstrand nach Flut schwer beschädigt
Vom Platz des Ostseecamps Lehmberg bei Waabs wurden laut einem NDR-Bericht Dutzende Wohnwagen ins Meer gespült. Auf Fehmarn wurden drei Campingplätze besonders geschädigt: an der Südküste der Camping- und Ferienpark Wulfener Hals sowie der Campingplatz Miramar, an der Nordküste das vor dem Deich liegende Ahoi Camp. Dort wurden laut Tourismuschef Oliver Behncke die ersten drei Stellplatzreihen von der Sturmflut „abrasiert“.
Zudem habe die Flut am Südstrand bis nach Meeschendorf die Düne ganz weggerissen oder sie halbiert. Der Radweg sei an vielen Stellen zerstört worden, die gelben Pflastersteine der Promenade lägen „zu Tausenden“ am Strand verteilt, sagte Behncke dem Online-Portal fehrmarn24.de. Hier hätten sich aber bereits einige Freiwillige gemeldet, die die Steine auflesen wollten.
Ostseeort Grömitz: Nach der Sturmflut räumen 220 Freiwillige den Strand auf
In Grömitz hat es bereits eine erste gemeinschaftliche Aufräumaktion am Strand gegeben. So sammelten am Mittwoch etwa 220 freiwillige Helfer angeschwemmtes Seegras und Müll ein. „Wenn man die Bilder aus Fehmarn, Heiligenhafen oder Kiel sieht, sind wir verhältnismäßig gut davongekommen“, sagt Jacqueline Schumacher vom Tourismus Service, der zu der Aktion aufgerufen hatte. „Aber natürlich ist auch hier einiges zu tun, vor allem am Nordstrand haben wir viel Sand verloren, an einigen Stellen bis zu zwei Meter.“
Auch in Hohwacht ist viel zu tun. „Wir müssen die Sicherheit wiederherstellen“, sagt Bürgermeister Karsten Kruse. Durch die Flut wurde die Seebrücke in Alt-Hohwacht beschädigt und die Promenade mitsamt der dahinter liegenden Düne zerstört. „Jetzt liegt der Regionaldeich frei und ist gefährdet. Da muss kurzfristig was gemacht werden.“ Ein großes Problem sei auch die Steilküste, die durch die Sturmflut beschädigt wurde. Man könnte sie sichern – aber weil es ein Naturschutzgebiet sei, dürfe nicht daran gearbeitet werden.
Hohwacht: Seebrücke und Aussichtsplattform nach Sturmflut gesperrt
Ebenso wie die Seebrücke ist auch die Aussichtsplattform in Neu-Hohwacht, die Flunder, gesperrt. Hier drückte das Wasser Bohlen nach oben, Teile des Geländers lösten sich. Die Düne dagegen hielt, sodass die historischen Badehütten und die Gastronomiebetriebe keinen Schaden nahmen. Nur die Flunderbar am Strand brach unter der Wucht der Wellen auseinander.
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Kruse stimmt in die Forderung nach einem verbesserten Küstenschutz für die Ostsee ein, die auch schon der umweltpolitische Sprecher des SSW, Christian Dirschauer, erhoben hat. „Wir brauchen Wellenbrecher, Schleusen, Rücklaufbecken, Molen und vernünftige Warnsysteme“, hatte Dirschauer jüngst gesagt.
Ostsee: „Küstenschutz muss dem an der Nordsee gleichgestellt werden“
Kruse fordert: „Der Küstenschutz an der Ostsee muss dem an der Nordsee gleichgestellt werden.“ Tatsächlich werden die Küstenmarschen an der Nordseeküste Schleswig-Holsteins überwiegend von Deichen geschützt, für die das Land verantwortlich ist (363 von insgesamt 407 Kilometer). Für die Deiche, die die Ostseeküste schützen (121 Kilometer), sind dagegen vor allem die Kommunen zuständig.
„Sollten wir hier in Alt-Hohwacht einen komplett neuen Deichfuß brauchen, würden die Kosten inklusive einer neuen Promenade schnell im siebenstelligen Bereich liegen“, gibt Kruse zu bedenken. Das könnte die kleine Gemeinde aber wohl kaum bezahlen.