Harte Kritik: Rund 100 Tage nach dem Start der Kieler Koalition aus SPD, Grünen und SSW wirft die CDU dem Dreierbündnis Führungsschwäche vor.

Kiel. Das Urteil der CDU ist hart. Weder Visionen noch Führung habe die Regierung in Kiel. Und von ihren Ankündigungen im Koalitionsvertrag setze sich das Dreierbündnis auch ab. Seine eigene Landespartei will der Vorsitzende de Jager binnen zwei Jahren erneuern.

Rund 100 Tage nach dem Start der Kieler Koalition aus SPD, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband (SSW) in Schleswig-Holstein wirft die CDU dem Dreierbündnis Führungsschwäche vor. „Die ’Dänen-Ampel’ regiert ohne Vision und ohne Führung“, sagte CDU-Landeschef Jost de Jager am Montag in Kiel. Die Koalition widme sich ausschließlich der Änderung von Beschlüssen der Vorgängerregierung aus CDU und FDP. Ein Zukunftsentwurf für die Weiterentwicklung des Landes sei nicht erkennbar, sagte de Jager. Er macht Regierungschef Torsten Albig von der SPD persönlich verantwortlich: „Ich vermisse die führende und lenkende Hand des Ministerpräsidenten.“

Ein Beispiel für fehlende Kampf- und Konfliktbereitschaft zugunsten des Landes ist aus Sicht de Jagers die Auseinandersetzung um die Windmesse mit Hamburg , wo nun 2014 zeitgleich zu der Traditionsveranstaltung in Husum eine Parallelmesse stattfinden soll. Dies müsse die Regierung zugunsten einer Standortentscheidung für Husum auf politischer Ebene ausfechten, meinte der CDU-Landeschef. „Albig hat dem Hamburger Senat nichts entgegenzusetzen und vernachlässigt so die Interessen Schleswig-Holsteins.“ Nach seinem Eindruck nimmt sich die Regierung zu wenig vor für die Gestaltung des Landes. Auf die Frage, ob die Koalition fünf Jahre lang halten wird, sagte de Jager: „Wenn sie weiter so unambitioniert bleibt, kann ich nicht erkennen, woran sie scheitern soll.“

Das Regierungsbündnis habe bereits mindestens zehn Punkte aus dem Koalitionsvertrag revidiert, infrage gestellt oder streite darüber, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Johannes Callsen. Als Beispiele nannte er die Fehmarnbelt-Querung, die A20, die Bäderregelung, die Zeitplanung in der Bildungspolitik, also die Verschiebung eines neuen Schulgesetzes, und die Drogenpolitik. Callsen rügte auch die Kürzung der Mittel für den Straßenbau: „Das ist ein Schlag gegen die Infrastruktur in diesem Land.“ Im Hinblick auf den SSW als neue Regierungspartei sagte Callsen, Ministerin Anke Spoorendonk sei „etwas überfordert mit dem Justizbereich“.

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Die Haushaltseckwerte der Koalition hätten deutlich gemacht, dass sich das Bündnis mit seinen Wahlversprechen völlig übernommen habe. „Bereits mit den Haushaltseckwerten hat die Albig-Regierung die Schuldengrenze bis zum Anschlag ausgereizt“, sagte Callsen. „Und der Großteil der Wahlversprechen in zweistelliger Millionenhöhe ist selbst damit noch nicht durchfinanziert.“ Für CDU-Landeschef de Jager verspielt die Koalition die Spielräume, die unter CDU-Führung in den letzten sieben Jahren für das Land geschaffen worden seien.

De Jager bekräftigte das Ziel, die CDU inhaltlich zu erneuern, damit sie stärker als Volkspartei in Erscheinung tritt, in allen politischen Feldern auftreten und sich so als überzeugende Alternative präsentieren kann. Binnen zwei Jahren will de Jager das schaffen.

Ministerpräsident Albig macht angesichts der 100-Tage-Bilanzen der Opposition – am Dienstag folgt die FDP – geltend, seine Regierung denke nicht in solchen „medialen Schritten“ oder nur bis zur nächsten Wahl. Sie wolle das Land dauerhaft voranbringen und habe dafür ein gutes Fundament gelegt.

mit Material von dpa und dapd