Pinneberg. Die Fußgängerzone von Pinneberg wandelt sich mit einigen Neueröffnungen, hat aber auch noch Leerstände. Ein aktueller Überblick.
Natalie Mader kratzt mit einem Spachtel die Scheibe frei. Sie entfernt sie Reste einer Schaufensterfolie, mit der einst für Teppiche geworben wurde. Schon länger stand das kleine Geschäft am Fahltskamp 3 mitten in der Pinneberger Fußgängerzone leer. Nun kommt was Neues.
„Viele Passanten sind neugierig und fragen schon, was hier passiert“, sagt die 33-Jährige aus Pinneberg. Und gibt gern die Antwort: Sie wird hier einen Croque-Laden eröffnen. Mit Industrial Holz und vielen Pflanzen möchte sie ein gemütliches Ambiente schaffen, wo sie die französische Sandwiches-Variante anbietet.
Pinneberg bekommt einen neuen Imbiss mit Ramen
„Wir wollen auch Mittagstisch anbieten und setzen auf Lieferservice“, sagt Natalie Mader. „Die Lage ist toll, und ich hoffe auf viel Laufkundschaft.“ Geplant ist, in der Woche von 11 bis 22 Uhr zu öffnen und am Wochenende von 12 bis 22 Uhr. Noch liegt ein ganzes Stück Arbeit vor ihr. Die Elektrik und die sanitären Anlagen müssen komplett neu gemacht werden. Die Eröffnung, zunächst für den 1. März geplant, könnte sich dadurch ein wenig verzögern.
Gleich daneben am Fahltskamp 5 wird die kleine Ladenfläche ebenfalls gerade renoviert. BB Mania Burger & Bubble Tea konnte sich dort nicht lange halten. Der neue Mieter namens Hoang möchte dort einen asiatischen Imbiss eröffnen und Ramen, also japanische Nudelsuppen anbieten. Er hofft, schon Anfang Februar eröffnen zu können.
Erste Besichtigungen für ehemalige KiK-Fläche in Pinneberger Fußgängerzone
In unmittelbarer Nachbarschaft am Fahltskamp 1c (ehemals Royal Donat) richtet sich gerade die Hypovereinsbank ein, die aus dem PiZ ausziehen muss, weil es abgerissen werden soll. Und neu ist auch der Frisör Iconic 21, der noch im Dezember am Fahltskamp 6 eröffnet hat.
Auch für die ehemalige KiK-Fläche am Fahltskamp 4 gab es schon erste Besichtigungen von Interessenten, weiß Pinnebergs Wirtschaftsförderin Birgit Schmidt-Harder. Der Textildiscounter hatte seine Filiale erst im Dezember gschlossen. „Der Eigentümer ist sehr engagiert“, sagt sie. Allerdings habe die Fläche eine etwas herausfordernde Größe und sei zu groß für innovative Konzepte und zu klein für echte Frequenzbringer.
Leerstand Pinneberg: Teilweise werden zu hohe Mieten gefordert
Gegenüber der Postbank-Filiale im Fahltskamp steht noch eine weitere Ladenfläche leer, die über die Immobilienmakler Engel & Völkers angeboten wird. Mit 20,63 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter ist die Mieterwartung allerdings ziemlich hoch. Das sind für 125,50 Quadratmeter Verkaufsfläche 2588 Euro Kaltmiete im Monat. „Welches Konzept soll das auf dieser Fläche verdienen?“, so Birgit Schmidt-Harder.
Die Modekette Esprit hatte im Dezember seine Filiale an der Dingstätte 4 nach fast 18 Jahren vor Ort geschlossen. Wie im Abendblatt berichtet, möchte der Eigentümer der Immobilie dort in den kommenden Jahren neu bauen. Doch bis es soweit ist, ist für die Räume neben dem ehemaligen Esprit noch ein Zwischenmieter gefunden. Die Fläche wird aktuell renoviert. Dort soll ein Automatenkiosk entstehen, wo sich die Passanten rund um die Uhr mit Snacks eindecken können.
Pinneberger City: MSP Yacht ist nach Schenefeld gezogen
Während sich am Fahlskamp Neueröffnungen anbahnen, steht an der unteren Dingstätte und am Rübekamp einiges leer. Das ehemalige Modehaus Kunstmann ist seit einem Jahr Geschichte und das Gebäude steht seither leer. Auch die Immobilie an der Dingstätte 28 (ehemaliges Corona-Testzentrum) verfällt zusehends. Am Rübekamp 5 ist MSP Yacht weg und nach Schenefeld umgezogen. Auch die Ladenfläche daneben ist verwaist.
Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing in Pinneberg bemühen sich, die Leerstände in Pinneberg möglichst gering zu halten. „Es gibt sehr häufig Flächenanfragen und Interessenten. Diese leiten wir immer nach Einverständnis an die Vermieter oder Eigentümer weiter. Wir helfen auch bei der Kontaktaufnahme und setzen uns aktiv für die Stärken des Standorts Pinneberger Innenstadt ein und heben diese immer mit Energie, Leidenschaft und aus tiefster Überzeugung hervor“, sagt Birgit Schmidt-Harder.
Wirtschaftsförderin wünscht sich positive Grundhaltung für Pinneberg
An wen dann aber zu welchem Mietzins vermietet werde, könne die Stadt nicht beeinflussen. „Das entscheiden allein der Eigentümer/Vermieter und Mieter. Wir können aber für bestimmte Konzepte und erleichterte Vertragsbedingungen wie niedrigerer Mietzins, kürzere Vertragsbindung werben“, sagt sie. „In der Regel sind die Eigentümer selbst und auch durch die Maklerunternehmen sehr gut informiert. Wenn etwas frei ist oder bleibt, gibt es dafür immer einen Grund, der manchmal aber nun mal privat ist.“
Als Wirtschaftsförderin wünscht sie sich eine positivere Grundhaltung für die Pinneberger Innenstadt. „Es tun sich viele tolle Dinge in der Stadt, die zeigen, dass unsere Innenstadt nach wie vor ein wichtiger Anziehungspunkt ist“, sagt sie. So habe sich die Modellbahn Pinneberg in der Rathauspassage angesiedelt. „Außerdem gibt es dort jetzt einen zauberhaften Kaffeeausschank von Vending Coffee, der exquisit gerösteten Kaffee und Espresso verkauft und ausschenkt.“
Pinnebergs Pop-up-Store an Dingstätte erweitert Angebot
Es fallen ihr noch mehr postive Entwicklungen ein: Der Bücherwurm habe einen Nachfolger gefunden, im Pop-Up-Store Dingstore würden jetzt auch Anwendungen angeboten, Glindmeyers Herrenabteilung werde super angenommen, der Wochenmarkt ebenso.
Das Stadtmarking Pinneberg hatte im September einen Pop-up-Store eröffnet, um die untere Dingstätte zu beleben. Erster Mieter in der Dingstätte 33 ist die Pinneberger Firma SBI ALApromo GmbH, die ihren Sitz im Eggerstedter Weg hat. Sie stellen unter dem Namen Kiyomi Skin Pflegeprodukte her. Neben der Kosmetik selbst werden seit Kurzem auch kosmetische Behandlungen mit den hauseigenen Produkten in dem Laden angeboten. Die Firma wird sich noch bis zum Sommer in den Räumen des Pop-up-Stores präsentieren
Pinneberger Innenstadt: weniger Konsum, mehr Treffpunkt
„Die Innenstadt nimmt immer mehr Fahrt auf, um den Strukturwandel von Konsumfläche hin zu einem Treffpunkt für alle zu schaffen. Was fehlt, ist das Bewusstsein, dass die Innenstadt von früher nun mal Geschichte ist. Alles andere ist schon da oder gerade am Werden“, sagt Birgit Schmidt-Harder.
Während mit Aust, Kunstmann, Esprit und KiK gerade die Modebranche von den Schließungen betroffen sind, scheinen Friseurgeschäfte, Nagelstudios und Gemüsehändler in der Pinneberger City besonders häufig vertreten zu sein. „Wir haben keinen Einfluss auf den Branchenmix. Solange uns die Gebäude oder Flächen nicht gehören, können wir nur an die Eigentümer appellieren, die die Schlüsselakteure für die Zukunft der Innenstädte sind“, so die Wirtschaftsförderin. „Und wie gesagt: Branchenmix ist ein Wort aus der Konsumwelt. Wer mit dieser Haltung eine Innenstadt besucht, wird immer überall enttäuscht werden.“
Modebranche steckt bundesweit in der Krise
2023 habe es dreimal so viele Mode-Großinsolvenzen wie im Vorjahr gegeben, so Birgit Schmidt-Harder. „Laut dem Portal Texilwirtschaft haben allein im vergangenen Jahr 136 Modegroßanbieter Insolvenz angemeldet, darunter Dickschiffe wie zum Beispiel Peter Hahn, Madeleine, Hallhuber oder Peek & Cloppenburg.“
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Die Gründe: zu wenig Umsatz, hohe Kostensteigerungen in den Bereichen Energie, Personal und im Bereich der Mieten. „Wer Textil, Leder- und Spielwaren als Mieter will, muss drastisch runter mit dem Zins oder flexiblere Mietmodelle wie beispielsweise eine Umsatzmieten anbieten. So einfach ist das“, sagt Birgit Schmidt-Harder.
Pinnebergs Bürgermeister: Wandel als Chance verstehen
Sie sieht es als ihre Herausforderung, diesen Strukturwandel verständlich zu machen. „Man hat die Innenstadt seiner Kindheit im Kopf, möchte gern Gewohntes und Vertrautes angesichts der aktuellen Geschehnisse auf der ganzen Welt behalten, sehnt die vermeintlich guten alten Zeiten zurück. Aber wir leben im Jetzt.“
Pinnebergs neuer Bürgermeister Thomas Voerste sieht in dem Wandel eine Chance auf Neues und Spannendes. „Sehen wir doch das Gute und schätzen es wert. Der Fachbereich Stadtentwicklung, die Politik, das Stadtmarketing und die Wirtschaftsförderung und auch die Verwaltungsleitung haben viele gute und tolle Ideen, wie man die Innenstadt gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern nach vorne bringen kann. Das geht aber nicht von heute auf morgen.“