Norderstedt. 150 Millionen Euro: CDU und SPD fordern Stadt Norderstedt auf, Sanierung erneut zu berechnen. So geht es bei dem Projekt weiter.

Die Sitzung dauerte gerade einmal 16 Minuten. Doch es ist sehr gut möglich, dass der Ausschuss für Schule und Sport unmittelbar vor Weihnachten einen Vorgeschmack gegeben hat auf eine heiße Diskussion, die Norderstedt ab Januar bevorsteht. Und zwar um das mit Abstand größte und teuerste Bauprojekt, das derzeit stadtweit in Planung ist: das neue Schulzentrum Süd, den künftigen „Campus Glashütte“, der das Lise-Meitner-Gymnasium und die Gemeinschaftsschule Ossenmoorpark umfasst und den seit 1974 genutzten Altbau ersetzt.

Seit 2014 ist das Konzept in der Entwicklung, Ende 2018 folgte der Grundsatzbeschluss, kurioserweise wurde sogar eine Fertigstellung bis 2023 anvisiert. Heute, fünf Jahre später, sind die alten Schulgebäude immer noch da. Dafür sind die Kosten derartig in die Höhe gegangen, dass mit CDU und SPD zwei Fraktionen einen Schritt zurückgehen wollen.

Campus Glashütte in Norderstedt: Doch kein Neubau des Schulzentrums Süd?

Genau das besagt der Dringlichkeitsantrag, den Union und Sozialdemokraten mit ihrer Mehrheit durchbrachten (auch Win/Freie Wähler sowie AfD schlossen sich an). Demnach soll die Verwaltung, und hier das Amt für Gebäudewirtschaft unter Leitung von Tim Bernitt, die aktuellen Kosten für einen Neubau vergleichen mit der Investition, die für eine Grundsanierung nötig wäre, die sich wiederum am Schulzentrum Nord orientiere.

Lasse Jürs (SPD) und Uwe Matthes (CDU) schreiben in einer gemeinsamen Begründung: „Die Dringlichkeit dieser Maßnahme ergibt sich aus der drohenden, erheblichen finanziellen Belastung für die Stadt Norderstedt in Millionenhöhe, sofern die Entscheidung für den Neubau des Campus Glashütte nicht auf aktuellen und fundierten Zahlen basiert.“

Bis Februar 2024 sollen die Fachplaner aus dem Rathaus neue Zahlen vorlegen

Es sei „von essenzieller Bedeutung, zeitnah aktualisierte Informationen zu erhalten“. Eigentlich sollten die Fachplaner schon vor dem Jahreswechsel liefern, letztlich wurde das angepasst – man einigte sich darauf: Für die Sitzung des Ausschusses am 7. Februar soll die Kostengegenüberstellung vorliegen.

Für das Projekt ist die Entwicklungsgesellschaft Norderstedt in steuernder Funktion zuständig, Bauherr ist die Stadt selbst. Anfang Dezember hatte die EGNO einen aktuellen Bericht vorgelegt. Für normale Bürger sind die Zahlen schwindelerregend. Der Campus würde gemäß der jetzigen Schätzung 151,55 Millionen Euro kosten. Nie war ein öffentliches Vorhaben in der Stadt teurer.

2020 gewann das Büro GMP den Architektenwettbewerb

Wie das künftige Schulzentrum aussehen soll, steht seit 2020 fest. Damals hatte das renommierte Hamburger Architekturbüro GMP den ausgelobten Wettbewerb gewonnen – die Jury votierte einstimmig. Der Baupreis war seinerzeit ein anderer: 70 bis 80 Millionen Euro. 2022 wurde dann offiziell: Diese Berechnung ist überholt, die EGNO teilte die auch heute noch feststehende Höhe mit. Durch diverse Sparmaßnahmen waren zuvor noch ungefähr 10 Millionen Euro herausgestrichen worden.

Laut EGNO sind neben dem vierzügigen Gymnasium, der dreizügigen Gemeinschaftsschule auch eine Stadtteil-Bibliothek, ein Jugendzentrum mit Aula sowie zwei neue Dreifeld-Sporthallen geplant. Der Campus soll eingebettet sein in den Grünzug des angrenzenden Ossenmoorparks und damit für alle Menschen im Stadtteil Glashütte ein Anlaufpunkt werden. Die Felder für Basketball, Beachvolleyball und Fußball sollen frei zugänglich sein, ebenso ein Outdoor-Fitnessbereich. Auch weitere Grünflächen und ein Chillout-Hain mit Hängematten und Stühlen gehören zum Konzept.

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Trotzdem – heute sagen CDU und SPD: „Die ursprüngliche Untersuchung und die darauf basierende Entscheidung für einen Neubau, unter Vernachlässigung der in den letzten Jahren drastisch gestiegenen Baukosten, sind nicht mehr zeitgemäß und müssen überarbeitet werden.“ Heißt: Die Befürchtung ist, dass es nicht einmal bei den 151,55 Millionen Euro bleiben wird. Auch der neue CDU-Fraktionschef Gunnar Becker hatte kürzlich im Abendblatt-Interview gesagt: Alle Großprojekte müssten auf den Prüfstand. Er hatte kritisiert, dass im Vergleich zum Campus Glashütte eine neue Schule in der Hafen City, die sogar Platz für mehr Schülerinnen und Schüler haben soll, weniger kosten werde.

CDU und SPD: „Ursprüngliche Untersuchung nicht mehr zeitgemäß“

Wie viel ist Norderstedt eine Vorzeigeschule, die modernen Ansprüchen genügt, wert? Tut es nicht auch eine Sanierung, die möglicherweise nur ein Drittel kosten würde? Und wäre es dann zu verschmerzen, dass bereits eine siebenstellige Summe für eine Planung ausgegeben wurde, die größtenteils nicht mehr zu gebrauchen wäre? Diese Fragen liegen nun wieder auf dem Tisch.

Aktuell gilt allerdings noch dieser Zeitplan: Der Bebauungsplan soll im Sommer 2024 rechtskräftig werden, dann könnten im Herbst die ersten vorbereitenden Baumaßnahmen starten und im Winter 2025 der gesamte Hochbau. 2027 könnten Sporthallen und Schulen fertiggestellt sein, 2028 dann der gesamte Campus Glashütte. All das wieder aufzurollen, wäre eine denkwürdige 180-Grad-Wende. Theoretisch könnte die Politik den Grundsatzbeschluss von 2018 kippen. Doch darum geht es momentan nicht – noch nicht.