Norderstedt. Wie die Stadt Norderstedt bis zu 80 Menschen aus der Ukraine unterbringen möchte – im regulär laufenden Schulbetrieb.
Die Stadt Norderstedt bereitet sich auf die Ankunft von mehr geflüchteten Menschen aus der Ukraine vor. Deshalb werden jetzt im Schulzentrum Süd die Vorbereitungen für eine mögliche Aufnahme von bis zu 80 Personen getroffen. Sie sollen im dortigen Mensatrakt wohnen, falls andere städtische Unterkünfte nicht mehr ausreichen. Die noch im Juni anvisierte Planung, Menschen im Notfall in der Turnhalle des Schulzentrums unterzubringen, ist damit vom Tisch.
„Wir haben weiterhin einen steten Zulauf von Geflüchteten aus der Ukraine und auch aus anderen Ländern“, sagt Norderstedts Sozialdezernentin Katrin Schmieder. Für den Fall, dass diese weiter ansteige, treffe man nun die Vorkehrungen. Hintergrund der Entscheidung ist, dass Russland in der Ukraine gezielt die Infrastruktur bombardiert, etwa Elektrizitäts- und Heizkraftwerke. Deshalb wird gemeinhin mit einer größeren Flüchtlingswelle in diesem Winter gerechnet.
Norderstedt: Mensa im Schulzentrum Süd wird zum Asyl für Flüchtlinge
Der Mensabereich sei wesentlich besser für die mögliche Unterbringung von Flüchtlingen geeignet als die Turnhalle, sagte Schmieder. Denn die Turnhalle hätte, wegen ihrer großen, einfach verglasten Fensterflächen, nicht ausreichend beheizt werden können. Bei dem Mensa-Gebäude sei das ganz anders, betont auch Fabian Wachtel, Leiter des Amtes für Feuerwehr, der mit der Planung befasst ist.
Ein weiterer Vorteil des Mensatrakts: Dieser ist ein eigener, vollständig abtrennbarer Bereich auf dem Schulgelände, mit einem eigenen Innenhof-Bereich. Dieser würde dann im Fall der Fälle nur von den Geflüchteten genutzt werden. Im Mensatrakt gibt es auch Sanitäreinrichtungen und Duschen, die dann genutzt werden sollen. „Wenn nötig, greifen wir zusätzlich auch auf entsprechende Einrichtungen in der Turnhalle zurück“, so Katrin Schmieder. Um Privatsphäre herzustellen, sollen unter anderem Faltwände aufgestellt werden.
Die Essensausgabe für die Schüler soll dann im Hauptgebäude des Schulzentrums stattfinden. Die Geflüchteten wiederum würden in im vorderen Bereich der Mensa ihr Essen erhalten, während andere Bereiche des insgesamt 350 Quadratmeter große Trakts als Flächen zum Wohnen und Schlafen genutzt würden. Der Schulcaterer, das Norderstedter Unternehmen Partyservice Lemke, würde auch die Versorgung der Geflüchteten übernehmen, hieß es.
Schulleiter: Breiter Konsens, im Notfall Menschen auf Schulgelände zu beherbergen
Auf dem Gelände des Schulzentrums sind das Lise-Meitner-Gymnasium und die Gemeinschaftsschule Ossenmoorpark untergebracht. Beide Schulleiter stellten klar, dass die Schüler auf keine Angebote verzichten müssten. „Wir haben für alles alternative Räume gefunden“, sagte Torben Krüger, Schulleiter des Lise-Meitner-Gymnasiums. Im Mensatrakt findet derzeit auch die Nachmittagsbetreuung statt, die soll dann ins Atrium im Gebäude gegenüber umziehen.
Die Schulleiter betonten auch, dass es an den Schulen einen sehr breiten Konsens gebe, nötigenfalls Flüchtlinge aufzunehmen. „Das wurde überall sehr positiv aufgenommen“, sagte Torben Krüger, Leiter des Lise-Meitner-Gymnasiums. Es sei mit Schulelternbeiräten und Schülersprechern gesprochen worden.
Kreis Segeberg rechnet mit Anstieg der Flüchtlingszahlen
Siegfried Hesse, Leiter der Gemeinschaftsschule Ossenmoorpark, sagte: „Wenn das die Mithilfe ist, die wir in dieser Situation leisten können, tun wir das gern. Das gehört auch zu unserem Selbstverständnis als Unesco-Schulen.“ Man wolle eine „Willkommenskultur“ schaffen, in einen Austausch mit den Geflüchteten treten, so sie denn auf dem Schulgelände untergebracht werden.
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Damit ist nach dem derzeitigen Stand der Dinge zu rechnen. Denn der Kreis Segeberg, der wiederum der Stadt Norderstedt Geflüchtete zuweist, rechnet mit steigenden Zahlen. Kreissprecherin Sabrina Müller: „Derzeit ist die Zuweisungszahl auf stetigem Niveau, eine Steigerung ist aufgrund der klimatischen und politischen Verhältnisse in der Ukraine aber anzunehmen.“ Die Zuweisungszahlen aus anderen Ländern, wie Afghanistan und Syrien, seien aktuell ebenfalls angestiegen. Müller: „Insgesamt spitzt sich die Unterbringungssituation zu.“
Etwa 2100 Flüchtlinge leben derzeit in Norderstedt
Das trifft auch auf Norderstedt zu. Laut Katrin Schmieder leben in Norderstedt derzeit etwa 1600 geflüchtete Menschen in städtischen Unterkünften, etwa 500 sind privat untergebracht. Pro Woche kommen etwa 25 bis 45 neue Personen dazu. Die städtischen Unterkünfte kommen an die Grenze ihrer Belastung, die Stadt baut deshalb vier neue Unterkünfte, sogenannte Mobilgebäude. Weil diese aber erst nach und nach fertig werden, hat die Stadt für eine Übergangszeit „sämtliche städtische Liegenschaften geprüft“, sagt Fabian Wachtel.
Dabei kam man zunächst auf die Turnhalle und nun auf das Mensagebäude im Schulzentum Süd. Das wird wohl mindestens für einige Monate zur Flüchtlingsunterkunft. Laut Katrin Schmieder sei „mindestens bis zu den Sommerferien“ mit dieser Nutzung zu rechnen. Im Spätsommer soll eine Mobilunterkunft an der Lawaetzstraße fertig werden, die dann wiederum 80 Plätze bieten und die Schulmensa ersetzen könnte.
In der Schulmensa sollen nur Menschen aus der Ukraine wohnen
In der Schulmensa sollen ausschließlich Menschen aus der Ukraine wohnen. Man wolle Menschen aus verschiedenen Kulturen, „mit unterschiedlichen Fluchterfahrungen und Traumata“ nicht zusammen auf engem Raum unterbringen, sagt dazu Katrin Schmieder.
Es sei außerdem die Einrichtung eines Wachdienstes geplant, zudem soll es eine „hauptamtliche Begleitung“ seitens der Stadt geben. Die Einrichtung werde in Zusammenarbeit mit Caritas und Awo betreut, zudem soll „die Schulsozialarbeit zum Einsatz kommen.“
Norderstedt: Wie das Willkommen-Team die Lösung bewertet
Ein wichtiger Akteur in der Norderstedter Flüchtlingsarbeit ist auch das Willkommen-Team. Ilka Bandelow, 1. Vorsitzende des Vereins, sagt zu der Mensa-Lösung: „Solche Gemeinschaftsunterkünfte sind immer ein bisschen problematisch. Aber leider ist das im Moment nicht anders machbar. Irgendwo müssen die Leute ja untergebracht werden.“ Die Lösung sei immerhin besser als die Turnhalle, „das bietet vielleicht ein bisschen mehr Privatsphäre.“
Das Willkommen-Team will sich auch vor Ort engagieren, sollte die Mensa eine Flüchtlingsunterkunft werden. Geplant ist etwa eine wöchentliche Sprechstunde oder eine Art „Begegnungsstätte“, in der es einen Kaffee-Treff, Spielenachmittage oder Sprachunterricht geben könnte. Jeder, der sich engagieren will, solle sich beim Willkommen-Team melden. Ilka Bandelow: „Ganz besonders suchen wir Menschen, die Sprachunterricht geben können.“