Norderstedt. Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder stellte sich Fragen der Bürger. Ein Streit in der Stadt bewegt die Menschen besonders.
Rund 60 interessierte Bürgerinnen und Bürger hatten sich am Donnerstagabend pünktlich um 19.30 Uhr in der Hopfenliebe versammelt. Einige von ihnen hatten Zettel und Stift mitgebracht und machten sich aufmerksam Notizen, während Norderstedts OberbürgermeisterinElke Christina Roeder berichtete, was ihre Verwaltung mit ihr an der Spitze in den vergangenen fünfeinhalb Jahren alles in der Stadt bewirkt hat. Andere Gäste hatten sich sogar extra vorbereitet und ausgedruckte Artikel des Abendblattes bei sich, aus denen sie zitierten und Fragen an die amtierende Verwaltungschefin stellten.
Die Norderstedter FDP hat in den vergangenen Wochen alle drei Bewerber um das Amt der Oberbürgermeisterin bzw. des Oberbürgermeisters zu einer Vorstellungsrunde in das Brauhaus eingeladen. Sie alle wollen am 8. Oktober gewählt werden und die Führung im Rathaus übernehmen.
Norderstedt: Drei Kandidaten kämpfen um das Oberbürgermeisterin-Amt
Den Auftakt machte Katrin Schmieder, Ur-Norderstedterin und Sozialdezernentin der Stadt. Die 55-Jährige ist zwar Grünen-Mitglied, tritt aber als überparteiliche Kandidatin an. Es folgte mit Robert Hille aus Hamburg der Hoffnungsträger der CDU. Den Abschluss machte nun die Amtsinhaberin, die 56 Jahre alte Elke Christina Roeder, die der SPD angehört.
„Es ist beeindruckend, wie viele Menschen gekommen sind. Ich finde es toll, dass sich einige sogar alle drei Kandidaten angeschaut haben. Meine Hochachtung. Das wünsche ich mir von mehr Bürgerinnen und Bürgern“, sagte Tobias Mährlein. Der Fraktionschef der FDP moderierte die Veranstaltung. Zunächst gab er Roeder eine gute halbe Stunde Zeit, auf ihre bisherige Amtszeit zurückzublicken.
Oberbürgermeisterin: „Corona-Pandemie hat einige Projekte ins Stocken gebracht“
„Eine große Herausforderung war die Corona-Pandemie. Sie hat einige Projekte ins Stocken gebracht“, resümierte Roeder. Aber in dieser Zeit sei es der Stadt gelungen, ein Bürgertelefon einzurichten, „das so erfolgreich war, dass wir diesen Dienst für den ganzen Kreis übernommen haben“. Sie hätte hart für ein Impfzentrum gekämpft und mehrere Corona-Testzentren nach Norderstedt geholt.
Unabhängig von der gemeisterten Krise verbuchte Roeder unter anderem das neugebaute Hospiz, zusätzlich geschaffene Kitaplätze, den Bau eines nachhaltigen Eisspeichers am Schulzentrum Nord und die erwirkte Räumung des Skandal-Müllbergs auf dem ehemaligen Gieschen-Gelände, das nun Ende 2023/Anfang 2024 geräumt werden soll, als weitere Erfolge ihrer Amtszeit.
Kommunalpolitiker Mährlein erinnerte in diesem Zuge daran, dass all diese Projekte erst durch die Beschlüsse der Politik ermöglicht worden seien. Das Prinzip einer jeden Kommune: Die Politik beschließt, die Verwaltung führt aus.
Norderstedts Strandhaus löste am meisten Emotionen aus
Dann konnten die Besucherinnen und Besucher Fragen stellen. Und die hatten es zum Teil in sich. Ein Gast sprach die unhaltbaren Zustände des maroden Polizeigebäudes in Norderstedt an. „Ich frage mich, ob Sie nachts ruhig schlafen können?“, wollte der Mann wissen. Roeder antwortete souverän, erklärte, dass die Stadt nicht zuständig sei, sondern das Land Schleswig-Holstein. „Das sind keine schönen Zustände, aber es liegt nicht in unserer Macht, sie zu ändern.“
Ein Thema, das für die meiste Aufregung und Emotionalität im Saal sorgte, war das Strandhaus. Die beliebte Gastronomie im Norderstedter Stadtpark steht wegen eines Streits zwischen den Pächtern und den Stadtwerken seit Monaten leer. „Das hätte Chefsache sein müssen. Ich sehe es als Kernaufgabe der Oberbürgermeisterin, das Problem zu lösen“, sagte ein Mann.
Oberbürgermeisterin lässt doch noch hinter Kulissen blicken
Das sah die Amtsinhaberin anders. „Wenn sogar eine gerichtliche Mediation gescheitert ist, ist es schwer, weiter zu vermitteln“, sagte sie. „Wie kann es sein, dass ein Mitarbeiter der Stadt den Pachtvertrag einfach um 20 Jahre verlängern kann?“, fragte daraufhin ein Bürger und spielte auf den ehemaligen Arriba-Chef Ruud Swaen an, der den Mietvertrag mit den Betreibern eigenmächtig und ohne Absprache verlängert hatte. „Ich darf das Verhalten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu deren Schutz nicht öffentlich diskutieren“, entgegnete Roeder.
Die Anwesenden wollten sich damit nicht zufrieden geben. „Ich sehe es trotzdem als Verantwortung der Oberbürgermeisterin, die Parteien an einen Tisch zu holen“, meinte ein Mann. Andere klopften zustimmend auf den Tisch. Dann ließ die Verwaltungschefin sie doch ein wenig mehr hinter die Kulissen blicken. „Es gibt eine Welt, in der das leider nicht funktioniert“, sagte sie. „Wenn Menschen nicht wollen, dann haben Sie keine Chance. Ich setze mich jederzeit gern mit allen an einen Tisch. Ich habe ein Angebot gemacht – aber das muss ja auch angenommen werden.“
Roeder verzichtete auf Kritik an ihren Mitbewerbern
Danach wurde die Runde wieder sachlicher und verließ die emotionale Ebene. Ein Besucher stellte die alles entscheidende Frage: „Was prädestiniert Sie, damit der Bürger bei Ihnen das Kreuz setzt?“ Die Oberbürgermeisterin führte vor allem ihre Erfahrung an, die sie aus der Wirtschaft und auch als Juristin mitbringt. Vor ihrer Zeit in Norderstedt war sie bereits acht Jahre Bürgermeisterin im niedersächsischen Bad Pyrmont.
Sie verzichtete an diesem Abend darauf, ein schlechtes Wort über ihre beiden Mitbewerber zu verlieren. Schmieder und Hille kritisierten bei den vorigen FDP-Veranstaltungen beide die „dünne“ Kommunikation der Oberbürgermeisterin. „Das habe ich zur Kenntnis genommen“, sagte Roeder kurz und sprach lieber von der Zukunft, wie sie die Digitalisierung in Norderstedt noch weiter voranbringen möchte, und von dem Traum, einen Gesundheitskiosk wie in Hamburg-Billstedt aufzubauen.
Mährlein bemängelte in Vergangenheit Kommunikation der Rathauschefin
Auf das Thema Kommunikation näher einzugehen, ließ sich Moderator Tobias Mährlein dennoch nicht nehmen. Der Norderstedter FDP-Chef hat in der Vergangenheit selbst häufig bemängelt, dass die Rathauschefin die Politik nicht gut genug informieren würde. „Ich frage für einen Freund“, sagte Mährlein mit einem Schmunzeln. „Sehen Sie Optimierungsbedarf in der Kommunikation zwischen der Verwaltung und der Politik oder würden Sie sagen, es läuft alles gut?“
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Roeder reagierte ebenfalls mit einem Augenzwinkern. „Ja, man kann das eine oder andere verbessern. Aber Kommunikation ist keine Einbahnstraße“, sagte sie deutlich.
Norderstedt: FDP entscheidet nun, welchen Kandidaten sie im Wahlkampf unterstützt
Nach etwas mehr als zwei Stunden beendete Mährlein den Abend. Die FDP, die keinen eigenen Kandidaten für die Wahl im Oktober aufgestellt hat, setzt sich nach den drei Vorstellungsrunden nun mit allen Mitgliedern zusammen und entscheidet gemeinsam, welchen Bewerber sie im Wahlkampf unterstützt. „Es wird bestimmt unterschiedliche Meinungen geben“, ist sich Tobias Mährlein sicher.
Er wünscht sich, dass die Norderstedterinnen und Norderstedter ihre Wahl nicht von der Partei, die hinter den Kandidaten steht, abhängig machen. „Ich hoffe, dass sie nicht nach dem Parteibuch entscheiden, sondern nach ihren Führungsqualitäten.“