Norderstedt. Stadtpark-Gastronomie weiterhin geschlossen. Pächter müssen einige Räume herausgeben. Gericht entlastet Ex-Arriba-Chef.

Die Türen des Strandhauses bleiben weiterhin geschlossen. Daran ändert auch das jüngste Urteil des Kieler Landgerichts nichts. Zwar müssen die Pächter mehrere Räumlichkeiten herausgeben, dazu gehören der Durchgang zum Strandbad, Umkleiden für Badegäste und die Dachterrasse – doch der Mietvertrag behält seine Gültigkeit. Über den Großteil des Strandhauses können die Betreiber weiter verfügen. Damit wird der seit mehr als zwei Jahren andauernde Streit mit den Stadtwerken Norderstedt fortgesetzt.

Alles begann im Herbst 2020 mit einer Uneinigkeit über das gastronomische Angebot im Norderstedter Stadtpark. Daraufhin kündigten die Stadtwerke, denen die Räumlichkeiten am See gehören, den Betreibern. Doch die Kündigung war unwirksam. Ihr eigener Mitarbeiter, der damalige Arriba-Manager Ruud Swaen, hatte zuvor den Vertrag mit den Strandhaus-Betreibern um 20 Jahre plus Option auf weitere zehn verlängert – ohne Wissen seines Arbeitgebers. Swaen musste nach dieser Aktion das Unternehmen verlassen. Der Pachtvertrag aber blieb bestehen.

Stadtpark Norderstedt: „Wenn alles so bleibt, zerfällt das Strandhaus irgendwann“

Seitdem schöpfen die Stadtwerke sämtliche Rechtsmittel aus, um diesen ungültig zu machen. Bestandteil der jüngsten Räumungsklage waren gleich mehrere fristlose Kündigungen. Eine wurde ausgesprochen, weil die Pächter einen beleuchteten Elch unberechtigt entfernt und für eine andere Location in Hamburg genutzt haben sollen. Doch auch schwerwiegende Vorwürfe waren Teil der Klage: Die Stadtwerke verdächtigten die Betreiber, Urkundenfälschung betrieben zu haben.

Der beleuchtete Elch ist ebenfalls Streitpunkt zwischen den Pächtern des Strandhauses und den Stadtwerken Norderstedt gewesen. Ende 2019 haben Ex-Arriba-Chef Ruud Swaen (l.) und Strandhaus-Betreiber Aydin Farhadi das Tier noch für das „WinterWonderland“ genutzt.
Der beleuchtete Elch ist ebenfalls Streitpunkt zwischen den Pächtern des Strandhauses und den Stadtwerken Norderstedt gewesen. Ende 2019 haben Ex-Arriba-Chef Ruud Swaen (l.) und Strandhaus-Betreiber Aydin Farhadi das Tier noch für das „WinterWonderland“ genutzt. © Annabell Behrmann

Im Januar 2022 hatten die Stadtwerke die Formwirksamkeit der Vertragsverlängerung beanstandet. Daraufhin präsentierte das Strandhaus erstmals eine weitere, von Ruud Swaen unterzeichnete Fassung – ohne die kritisierten Mängel.

Strandhaus-Prozess: Landgericht Kiel hält Dokument nicht für gefälscht

In seinen Aktenordnern konnte dieses Dokument – im Gegensatz zum ursprünglichen Vertrag – allerdings nicht gefunden werden. Deswegen unterstellen die Stadtwerke den Pächtern, das Papier nachträglich gefälscht zu haben.

Das Landgericht Kiel hielt das Dokument nicht für gefälscht. Wenn man beide Unterschriften vergleiche, gebe es keine Auffälligkeiten. Beide Verträge würden zudem den Stempel des Arribas tragen. „Es gibt keine Anhaltspunkte für eine Fälschung der Unterschrift des Zeugen Swaen“, heißt es in der Urteilsbegründung. Und das Gericht geht noch einen Schritt weiter: Es entlastet den Ex-Arriba-Chef und sein eigenmächtiges Handeln.

Gericht entlastet Ex-Arriba-Chef Ruud Swaen und sein eigenmächtiges Handeln

Swaen war nur befugt, über Aufträge bis zu einem Volumen von maximal 25.000 Euro eigenständig und ohne Zustimmung der Stadtwerke zu bestimmen. Die Pachterlöse durch das Strandhaus haben diesen Wert deutlich überschritten, im Jahr 2019 sollen sie fast 93.000 Euro betragen haben. Das Gericht sagt allerdings, Swaen hätte seine Vertretungsmacht nicht missbraucht, nur weil er den Vertrag um 20 Jahre verlängert habe. Das sei „gesetzlich zulässig“.

Im Gegenteil: Die Stadtwerke hätten ihre „Aufsichts- und Kontrollpflichten“ nicht wahrgenommen. Ihnen sei seit 2014, als der Vertrag noch jährlich verlängert wurde, bekannt gewesen, dass die Pachterlöse weit größer waren und Swaens Befugnis überschritten.

Norderstedter können weiterhin keinen Kaffee im Strandhaus trinken

Die Stadtwerke verbuchen das Urteil dennoch als Teilerfolg. Abgesehen vom Mietvertrag seien die mündlichen Nebenvereinbarungen wirksam gekündigt, „so dass insbesondere der Strand wieder vollständig für die Badegäste zur Verfügung steht“, so Sprecher Oliver Weiß.

After-Work-Partys feiern, Kaffee trinken und Lesungen lauschen können die Norderstedter aber nach wie vor nicht. Ein weiteres Urteil des Landgerichts besagt, dass die Stadtwerke Veranstaltungen im Strandhaus genehmigen müssen. Das tun sie nicht. Das Tagesgeschäft dürfte jedoch weiterlaufen. „Das ist wirtschaftlich nicht darstellbar für uns“, sagt Christoph Clauß. „Wenn alles so bleibt wie jetzt, zerfällt das Strandhaus irgendwann. Wir wollen das nicht.“

Stadtpark Norderstedt: Strandhaus fordert Politik zum Eingreifen auf

Der kaufmännische Leiter sieht als einzige Lösung, gemeinsam an einem Tisch zu verhandeln. „Die Politik muss eingreifen und als Mediator fungieren“, meint Clauß. Der Vorschlag, die Vertragslaufzeit zu halbieren und den Pachtzins zu erhöhen, bestehe weiterhin.