Hamburg. Gemeinsamer Bundesausschuss: Beratungsstelle soll deutschlandweit eingeführt werden. Was den Gesundheitskiosk so erfolgreich macht.
Der als kleines Pilotprojekt gestartete „Gesundheitskiosk“ in Hamburg-Billstedt hat die höchste Auszeichnung erhalten, die im deutschen Gesundheitssystem möglich ist: Die Idee, vor Ort in sozial schwächeren Stadtteilen und Quartieren eine Gesundheitsberatung vor oder nach Arztbesuchen in Zusammenarbeit mit Praxen anzubieten, soll bundesweit eingeführt werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) aus Ärzten, Krankenkassen und Experten, der Behandlungen vorgibt und festlegt, was mit den Kassen überhaupt abgerechnet werden darf, hat das allen Gesundheitsministerien der Länder und des Bundes empfohlen.
Geschäftsführer Alexander Fischer sagte, der Gesundheitskiosk habe auch in der Corona-Pandemie dazu beigetragen, die Gesundheitskompetenz „in allen Teilen der Gesellschaft“ zu verbessern und Informationen leichter zugänglich zu machen. Da der Horner HNO-Arzt Dr. Dirk Heinrich zu den Mitbegründern des Projektes zählte, wurden in Billstedt auch schnellstmöglich Impfangebote in dem kleinen Ladengeschäft ermöglicht. Beratungen sind hier mehrsprachig, unter anderem auf Türkisch und Farsi.
Gesundheitskiosk Billstedt: Wirkung wissenschaftlich bewiesen
Heinrich mahnte allerdings, bei Nachahmer-Projekten müsse darauf geachtet werden, dass sie professionell und mit Ärzten und qualifizierten Pflegekräften organisiert würden. Durch den Gesundheitskiosk in Billstedt und seine beiden Filialen in Horn und Mümmelmannsberg nehme man auch den Praxen Arbeit ab.
Eine Studie des Hamburg Center for Health Economics (Prof. Jonas Schreyögg und Prof Eva-Maria Wild) hatte ergeben, dass eine Beratung à la Billstedt sogar Kosten im Gesundheitswesen senken könne, zum Beispiel im Hinblick auf weniger Arztbesuche und geringere Ausgaben für Arzneimittel. Auch die Zahl der Krankenhausbehandlungen konnte nachweislich gesenkt werden.
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Gesundheitsversorgung für sozial Schwache
Krankenkassen wie die AOK, die Barmer und die Techniker unterstützten das Projekt anfangs, das auch Gelder aus dem Innovationsfonds bekam. Bei einer Überführung in die Regelversorgung wird die Finanzbasis noch breiter und macht das Projekt offiziell zum festen Teil des Gesundheitswesens.
In Billstedt und Horn liegt das Durchschnittseinkommen rund 40 Prozent unter dem Hamburger Niveau. Es gibt mehr Migranten, Arbeitslose und Alleinerziehende. Die Empfehlung des mächtigen G-BA ging auch an die Hamburger Sozialbehörde. Deren Präses kennt den Gesundheitskiosk in Billstedt inzwischen auch: Im Dezember war Senatorin Melanie Leonhard (SPD) zu einem Gespräch an der Möllner Landstraße.