Es ist die Woche der Wahrheit für die Nordic-Mitarbeiter: Kann Neu-Eigentümer Witali Jussufow für die notwendigen Kredite sorgen?

Schwerin/Berlin. Nach der definitiven Weigerung Berlins, den deutschen Schiffbauern weitere Staatshilfen zu gewähren, kommt für die Nordic-Mitarbeiter an diesem Mittwoch alles auf Neu-Eigentümer Witali Jussufow an. Kann der Russe, der die insolventen früheren Wadan Yards in Wismar und Rostock im August kaufte, in letzter Minute die nötigen Kredite für einen schon unterschriebenen 100-Millionen-Euro-Auftrag aus seiner Heimat unter Dach und Fach bringen?

Ein neuerliches Treffen Jussufows mit Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) und Wirtschaftsminister Jürgen Seidel (CDU) in der Schweriner Staatskanzlei wird entscheiden, ob die knapp 1000 verbliebenen Wadan-Beschäftigten noch eine Chance bekommen. Nach bisherigen Planungen sollen die Transfergesellschaften für die ehemals 2500 Schiffbauer zum Monatsende auslaufen. Vor allem ältere Kollegen stünden dann möglicherweise vor dem Nichts.

Hoffen auf die „positive Entscheidung“

Der Nordost-Regierungschef hatte sich jedoch vorvergangene Woche nach langem Für und Wider festgelegt: Sollte es dem russischen Investor gelingen, bis Mittwoch eine wasserdichte Finanzierung für den Tanker „Nordic AT 19“ vorzulegen, wird die Auffanglösung für das krisengebeutelte Unternehmen zunächst weiterbestehen. Dann sei „selbstverständlich der Weg frei für eine positive Entscheidung“, erklärte Sellering im Landtag. IG Metall und Ex-Betriebsräte hatten die Transfer-Verlängerung bis zumindest Ende Juli immer wieder gefordert – wohingegen Jussufow allen Ankündigungen zum Trotz keinerlei durchfinanzierte Aufträge vorweisen konnte.

Für die Nordic-Belegschaft wäre das Ende der nervenaufreibenden Zitterpartie eine Befreiung. Klar ist: Wenn das rund 170 Meter lange, eisbrechende Schiff ab dem 1. Juli gebaut und bis September 2011 an den russischen Bergbau-Riesen Norilsk Nickel ausgeliefert wird, können viele Schiffbauer tief durchatmen. Ob Jussufow die in seinem Übernahmekonzept zugesagten 1200 Mindest-Stellen an beiden Standorten erhalten kann, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

Fieberhafte Suche nach privaten Finanziers

„Wir haben die besten Voraussetzungen seit langem, dass es möglich wird“, sagte Sellering nach seiner ersten Begegnung mit Jussufow vor 14 Tagen. Bei den Beratungen mit Vertretern aus Bundeskanzleramt und Bundeswirtschaftsministerium war noch keine Einigung erzielt worden. Jussufow versprach, bis zu dieser Woche „die Finanzierungsstruktur sicherzustellen“. Die Landesregierung glaubt, dass Banken-Geld für weitere Schiffe lockerer sitzt, falls es dem Sohn des russischen Ex- Energieministers glückt, den ersten Auftrag durchzubekommen.

Die Geschicke des Moskauer Jung-Managers werden nun zum letzten Strohhalm für die Werften. Denn ungeachtet der Appelle Sellerings an Kanzlerin Angela Merkel (CDU), den Kampf gegen Nordics drohenden Untergang zur „Chefsache“ zu machen, hatte der Bund neuen Staatskrediten oder -bürgschaften für die maritime Wirtschaft eine Absage erteilt. In erster Linie sollen die Privatbanken, die sich aus Sicht vieler Kritiker trotz Milliarden-Rettungsschirmen bislang aus der Verantwortung gestohlen haben, die Branche mit frischen Schiffsdarlehen aus der existenziellen Flaute führen. Weiter Schiffbau in Wismar und Warnemünde?

Jussufow bekräftigte immerhin, künftig sowohl in Wismar als auch in Rostock weiter Schiffe herstellen zu wollen: „Ich sehe die Zukunft beider Werft-Standorte als Schiffbau-Standorte.“ Nicht nur IG-Metall- Bezirkschefin Jutta Blankau, sondern auch die vor zwei Wochen mit ihren mecklenburgischen Kollegen demonstrierenden Werftarbeiter von Hegemann (Stralsund/Wolgast), Blohm + Voss (Hamburg) sowie HDW (Kiel) werden ihn da beim Wort nehmen. Sellering wusste ebenfalls um den Ernst der Lage: „Am 24. März müssen alle Hausaufgaben gemacht sein.“