Neben zwei Top-Bankern soll ein weiterer Manager der HSH Nordbank Opfer einer Intrige sein. HSH-Chef Nonnemacher steht weiter in der Kritik.
Hamburg. Bei der HSH Nordbank gibt es nach Informationen des Radiosenders NDR Info einen dritten Fall, in dem die Bank sich mittels fragwürdiger Methoden von einem Spitzenmanager getrennt haben soll. Dabei handelt es sich um den früheren Geschäftsführer der HSH-Filiale London, den Spanier Luis Marti Sanchez, einen der wichtigsten Zeugen der Hamburger Staatsanwaltschaft.
Dem Bericht zufolge soll die Bank ihn mit der Weitergabe eines Dossiers unter Druck gesetzt haben. Dabei soll es sich um einen internen Untersuchungsbericht handeln, demzufolge Sanchez sich über eine angebliche Scheinfirma bereichert haben soll.
Das laut NDR Info vom Chefjustiziar der Bank unterzeichnete Papier soll in der zweiten Oktoberwoche 2009 an mehrere Zeitungen weitergeleitet worden sein - zu einem Zeitpunkt, als schon bekannt war, dass Sanchez bei der Staatsanwaltschaft im Verfahren gegen Verantwortliche der HSH aussagen wollte. In einer gleichzeitig veröffentlichten Strafanzeige sprach die HSH von "Vermögensdelikten zulasten der Bank".
Allerdings soll sich dem Sender zufolge wenig später herausgestellt haben, dass die Vorwürfe gegen Sanchez haltlos waren. Zu dieser Einschätzung soll auch die Personalabteilung der HSH gekommen sein. Zudem hätten selbst die vom HSH-Aufsichtsrat beauftragten Anwälte Anfang November 2009 festgestellt, dass "keine durchschlagenden Zweifel an der Zuverlässigkeit" des Spaniers bestünden, berichtet der Sender NDR Info.
Sanchez sagte schließlich bei der Staatsanwaltschaft über die "Omega"-Geschäfte aus, die der Bank zwischenzeitlich Abschreibungen von gut 500 Millionen Euro beschert hatten - ein Teil davon war allerdings Anfang 2010 wieder ausgeglichen worden. Die Aussage von Sanchez war für die Staatsanwaltschaft später der Grund, das zunächst allgemein gegen Verantwortliche der HSH geführte Verfahren jetzt direkt gegen Bankchef Dirk Jens Nonnenmacher - den unmittelbaren Vorgesetzten des Chefjustiziars - und seine Vorstandskollegen zu richten.
Die Anwälte des derzeit von der Bank freigestellten Top-Juristen teilten dem Sender mit, ihr Mandant habe "zu keinem Zeitpunkt ein Papier der beschriebenen Art Journalisten ausgehändigt". Die HSH wollte zu dem Sachverhalt keine Stellungnahme abgeben.
Die frühere Landesbank, die zu 85,5 Prozent den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein gehört, steht bereits wegen zweier ähnlich gelagerter Fälle in der Kritik. Dabei geht es um die Entlassungen des früheren Vorstands Frank Roth und des ehemaligen Leiters der New Yorker HSH-Filiale, Roland K.
Im Fall Roth hatte Ende Juli der frühere Sicherheitsberater der Bank, Arndt U., gegenüber Betriebsratschef Olaf Behm angeblich eine unglaubliche Geschichte offenbart. Demnach habe er Anfang 2009 im Auftrag der HSH Roths Büro verwanzt, sei in dessen Privatwohnung eingedrungen und habe in Roths Namen ein internes Vorstandsdokument weitergeleitet. So steht es in einem Protokoll, das Behm von dem Gespräch anfertigte. Nachdem das scheinbar von Roth verschickte Dokument bei einer englischen Zeitung aufgetaucht war, war Roth im April 2009 wegen Geheimnisverrats rausgeworfen und angezeigt worden. Die Staatsanwaltschaft Kiel hatte jedoch keinerlei Hinweise dafür gefunden, dass Roth wirklich das gesuchte Leck in der Bank war, durch das immer wieder vertrauliche Informationen nach draußen drangen. Die Ermittlungen wurden daraufhin eingestellt und kürzlich umgedreht: Jetzt untersuchen die Staatsanwälte, ob Roth möglicherweise eine Falle gestellt wurde, um ihn entlassen zu können. Dass Nonnenmacher das vorhatte, hatte sein Justiziar höchstpersönlich bei der Staatsanwaltschaft ausgesagt - das Vernehmungsprotokoll liegt dem Abendblatt vor. Arndt U. wiederum behauptete mittlerweile, er habe die Aussagen gegenüber Behm so nie gemacht.
Noch belastender für Nonnenmacher ("Dr. No") ist die vermeintliche Kinderporno-Affäre um Roland K. Dem US-Manager sollen einem Bericht des "Spiegels" zufolge Verbindungen zur Kinderporno-Szene untergeschoben worden sein, die am Tag seiner fristlosen Entlassung am 17. September 2009 in seinem Büro entdeckt wurden. Auch an dieser Aktion soll demnach der direkt dem Vorstandsvorsitzenden unterstellte Justiziar beteiligt gewesen sein.
Der Jurist und sein Chef Nonnenmacher weisen alle Vorwürfe zurück. Auch der Aufsichtsrat der Bank hatte sich hinter den Vorstandschef gestellt. Angesichts der Schwere der Vorwürfe gibt es aus der Opposition jedoch Stimmen, die eine Ablösung Nonnenmachers fordern.