Kind hatte Geld und Fahrkarte vergessen. Mitfahrer wollten helfen. Ist Ihnen schon einmal etwas Ähnliches passiert? Schreiben Sie uns hier Ihre Erfahrungen.
Bad Doberan. Was ist in diese Zugbegleiterin gefahren? Trotz anbrechender Dunkelheit hat sie ein zwölfjähriges Mädchen am Montagabend in Parkentin (Kreis Bad Doberan) eines Zuges verwiesen und auf dem Bahnsteig allein zurückgelassen - weil das Mädchen seine Fahrkarte vergessen hatte. Mitreisende hatten noch angeboten, für das Mädchen zu zahlen und gegen die Anweisung der Schaffnerin protestiert.
Die Zwölfjährige befand sich auf dem Weg von Bad Doberan zur Musikschule in Rostock und musste ungeachtet der Proteste der Mitreisenden mit einem schweren Cello auf dem Rücken von der Station Parkentin fünf Kilometer nach Hause laufen.
Jetzt bekommt die hartherzige Schaffnerin aus dem Regionalzug RE 33183 die Quittung: Die Deutsche Bahn AG beurlaubte die Mitarbeiterin vorläufig. Ihr drohen "ernsthafte arbeitsrechtliche Konsequenzen". Zudem ermittelt die Bundespolizei gegen sie.
Die schier unglaubliche Geschichte der Zwölfjährigen sorgte für Empörung. Fred Zuppke (42), der die Szene im Zug miterlebt hat, sagt: "Ich bin schwerstbeschädigt, das Mädchen hat mir in den Zug geholfen." Als das Kind bemerkt habe, dass es sein Portemonnaie zu Hause vergessen hat, habe er ihm seine Hilfe angeboten. "Ich darf eine Begleitperson kostenfrei mitnehmen", sagte Zuppke. "Doch das lehnte die Zugbegleiterin schroff ab, ich sollte die Amtshandlung nicht stören." Darüber hat sich Zuppke bei der Bahn beschwert. "Mir wurde gesagt: 'Was wollen Sie? Es ist doch nichts passiert.''"
Die Bundespolizei - sie ist für Sicherheitsfragen bei der Deutschen Bahn zuständig - sieht das anders. "Wir brauchen nicht zu erörtern, was alles hätte passieren können, als das Mädchen allein und bei Dunkelheit zu Fuß über Land nach Hause gehen musste", sagte Polizeisprecherin Erika Krause-Schöne.
Die Bahn bat gestern öffentlich um Entschuldigung. Sie werde dies auch bei dem Mädchen und ihrer Familie "in aller Form" tun, sagte Bahnsprecher Burkhard Ahlert. Das Verhalten der Zugbegleiterin sei "nicht zu rechtfertigen". Sie habe eindeutig "gegen den Grundsatz verstoßen, dass Minderjährige nicht von der Beförderungsleistung ausgeschlossen werden dürfen".
Nach Angaben des Fahrgastverbandes Pro Bahn hätte die Zugbegleiterin dem Mädchen die Chance geben müssen, die Fahrkarte nachzureichen.
Das Nachlösen eines Tickets hätte für die Strecke übrigens nur 2,90 Euro gekostet.