Jan und Jean-Pierre sollen in der Universitätsklinik Lübeck behandelt werden. Todesopfer Rafael wird heute beigesetzt.

Lübeck. Sie waren zu einer fröhlichen Klassenreise in die Türkei aufgebrochen, gestern kamen Jan L. (20) und Jean-Pierre V. (18) mit einem Ambulanzjet des ADAC zurück nach Lübeck. Die Eltern der beiden Realschüler, die seit acht Tagen nach einer Methanolvergiftung im Koma liegen, hatten den Rücktransport aus dem Anadolu-Krankenhaus in Antalya veranlasst. "Sie sollen auf der Intensivstation der Universitätsklinik weiterbehandelt werden", sagte Krankenhaussprecher Christian Zöllner gestern. Weitere Angaben machte er nicht. Nach Aussagen der türkischen Ärzte ist der Zustand der Patienten unvermindert kritisch.

Jan und Jean-Pierre gehörten zu einer Gruppe von elf Schülern des Mortzfeld-Bildungszentrums, die mit ihrem Lehrer (55) am 22. März in den südtürkischen Urlaubsort Kemer aufgebrochen waren. Bei einem Trinkgelage am Abend des 25. März hatten sieben der Schüler gepanschten Schnaps getrunken. Rafael N. (21) starb an den Folgen. Nach einem Gutachten der Hamburger Rechtsmedizin hatte er zwei Promille hochgiftiges Methanol im Blut - das Zehnfache der tödlichen Dosis. Er wird heute in Lübeck beigesetzt.

In den vergangenen Tagen hatte es Verwirrung um die Ursachen der Vergiftungen gegeben. Das Krankenhaus hatte bei den beiden Koma-Patienten zunächst einen Alkoholgehalt von mehr als sieben Prozent und keine Anzeichen von Methanol festgestellt. Inzwischen haben sich Auswärtiges Amt und Konsulat sowie die deutschen Ermittlungsbehörden eingeschaltet. Unklar ist auch, woher der Alkohol - es handelte sich offenbar um drei Flaschen Wodka - stammte. Anders als bisher angenommen hatten die Schüler ihn laut "Stern.de" nicht in einem nahen Kiosk, sondern von einem Kellner des Hotels unter der Hand gekauft.

Mehrere Eltern der betroffenen Schüler haben inzwischen in Deutschland Strafanzeige gegen unbekannt gestellt. "Es gibt einen Tatverdacht, der von Körperverletzung mit Todesfolge bis zu Mord reicht", sagte der Anwalt der Familie des getöteten Rafael N., Frank-Eckhard Brandt. Die Eltern wollten wissen, ob es einen Verantwortlichen für den Tod ihres Sohnes gebe und ob er zu verhindern gewesen sei.

Bereits gestern Vormittag waren vier Schüler der Gruppe, die am Dienstag aus dem Krankenhaus entlassen worden waren, mit einem Linienflug nach Hause zurückgekommen. "Sie stehen noch unter Schock", sagte Schulleiter Rüdiger Knoll. Das Ambulanzflugzeug mit den beiden Koma-Patienten, eine Dornier 328, sollte am späten Abend in Lübeck-Blankensee landen. "Dass Koma-Patienten ausgeflogen werden, kommt sehr selten vor", sagte ADAC-Sprecher Jochen Oesterle. Mit an Bord waren zwei Ärzte, Rettungssanitäter sowie die Eltern der Schüler. "Es handelt sich um eine fliegende Intensivstation, die für eventuelle Notfälle ausgerüstet ist."