Hans Berger sagte im Kieler Landtag, dass die Bank zuvor in der Lage gewesen sei, die Finanzkrise aus eigener Kraft zu bewältigen.
Kiel. Erst die Pleite der US-Bank Lehman Brothers Mitte September 2008 hat die HSH Nordbank nach Darstellung ihres damaligen Vorstandschef Hans Berger in ernste Schwierigkeiten und in die roten Zahlen gebracht. Bis dahin sei die Bank in der Lage gewesen, die Finanzkrise aus eigener Kraft zu bewältigen, sagte Berger am Montag vor dem Untersuchungsausschuss des Kieler Landtags.
Für das erste Halbjahr 2008 wies die Bank noch einen Konzernüberschuss von 129 Millionen Euro aus (1. Halbjahr 2007: 727 Millionen Euro) aus. Berger bekräftigte seine Ausführungen von Ende April vor dem Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft. Die Ausschüsse sollen prüfen, wie das Geldinstitut in eine existenzbedrohende Schieflage geraten konnte.
Der Vorstand habe noch eine Woche vor der Lehman-Insolvenz erwartet, ein positives Jahresergebnis vorlegen zu können, sagte Berger. Er war Mitte November 2008 vom Vorstandsvorsitz zurückgetreten, nachdem sich dann doch ein hoher Verlust für die Bank abzeichnete, der am Ende bei 2,8 Milliarden Euro lag. Durch die Lehman-Pleite habe die Finanzmarktkrise eine völlig neue Dimension erhalten. „Von funktionierenden Märkten konnte keine Rede mehr sein“, sagte Berger. Zudem entwickelte sich die Krise in der Realwirtschaft. Sie habe Bereiche wie die Schifffahrt erfasst, in denen die HSH Nordbank traditionell stark engagiert ist. Dies sei auch mit ein Grund, warum die Lehman-Pleite so große Auswirkungen auf die HSH Nordbank hatte.
Im vergangenen Jahr mussten Hamburg und Schleswig-Holstein als Haupteigentümer Milliardenhilfen leisten, um das angeschlagene Institut vor dem Kollaps zu retten. Die HSH Nordbank war 2003 aus der Fusion der Landesbanken der beiden Länder entstanden und entwickelte sich zu einer international tätigen Geschäftsbank mit dem Ziel des Börsengangs.
Berger verteidigte die Geschäftspolitik des Instituts und wies Kritik zurück. „Die Aktivitäten der Bank wurden öffentlich teilweise herabsetzend gewürdigt“, sagte er. Diese Beurteilung entspreche nicht seinem persönlichen Eindruck. Es müsse für eine faire Beurteilung zwischen damaligen und heutigen Erkenntnissen unterschieden werden. „Wir hatten eine klare Gesamtbank-Strategie.“ Zudem seien auch die Vorgängerinstitute nicht nur regional aktiv gewesen.
Mitte April hatte bereits Ex-Aufsichtsratschef Wolfgang Peiner vor dem Kieler Ausschuss gesagt, die Bank sei ein klassisches Opfer der weltweiten Finanzkrise geworden. Auch die anderen bisher befragten Zeugen gaben an, die Bank sei von allen Seiten gelobt worden und ihre Schieflage nicht vorhersehbar gewesen.
Berger verteidigte die Renditeziele von 15 Prozent und mehr. Die Zahlen hätte der Aufsichtsrat gekannt und gebilligt: Wenn ein Unternehmen nach einem Börsengang für Anleger attraktiv sein soll, müssten bestimmte Erwartungen erfüllt werden - dazu gehörten auch hohe Renditen. Zudem habe es sicherlich gewisse Erwartungen der Anteilseigner hinsichtlich der Höhe der Dividenden gegeben. Seit der Fusion bis Ende 2006 wurde rund 1 Milliarde Euro an die Anteilseigner ausgeschüttet.
+++DOSSIER: Milliardengrab HSH-Nordbank+++
Die Ausschussmitglieder bewerteten die Aussagen Bergers unterschiedlich. So sagte der Obmann der CDU-Fraktion Tobias Koch: Der Umbau zur international tätigen Geschäftsbank sei offensichtlich aufgrund der Renditeerwartungen vorgenommen worden: „Offensichtlich wurde die Möglichkeit, das Modell Landesbank auslaufen zu lassen, überhaupt nicht diskutiert. Die damalige Landesregierung hatte die Dividenden fest im Haushalt eingeplant“.
Sein Gegenüber von der SPD, Jürgen Weber, sagte hingegen, Berger habe darauf hingewiesen, „dass es durch Vertreter des Landes im Aufsichtsrat keine politische Einflussnahme auf die Risikostrategie mit dem Ziel gab, eine möglichst hohe Rendite auf Kosten der Sicherheit zu erzielen“.
Der Vertreter der Linken, Uli Schippels, forderte, es müsse Schluss sein mit überbordenden Gewinnerwartungen, die unmittelbar mit hohen Verlustrisiken verbunden seien. „Geschäftsmodellen mit moderaten Gewinnen, anständigen Löhnen und angemessenen Steuern gehört die Zukunft.“