Die Städte sehen sie als eine Einnahmequelle, die Hotels als Zwangsabgabe. Viele Betriebe fürchten nun eine Zunahme der Bürokratie.

Hannover. Kein Ende im Zank um die Bettensteuer: Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Niedersachsen hat nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu der umstrittenen Abgabe vor einer ausufernden Bürokratie gewarnt. Wenn die geforderte Trennung zwischen privaten und geschäftlichen Übernachtungen in jedem Einzelfall geprüft werden müsse, drohten Hoteliers Mehrbelastungen, sagte Hauptgeschäftsführer Rainer Balke am Donnerstag in Hannover: „Es wäre eine riesengroße Frechheit.“ Die Leipziger Richter hatten entschieden, dass die Steuer nur von Touristen verlangt werden darf.

In Nordwestdeutschland erheben Oldenburg, Bremen, Bremerhaven, Osnabrück, Göttingen und Hildesheim die Abgabe. In Hannover war sie in der Diskussion, wurde jedoch nicht durchgesetzt. „Wenn sich der Hotelier bei beruflichen Übernachtungen immer eine Bescheinigung vom Arbeitgeber des Gasts ansehen muss – das wäre gar nicht hinnehmbar“, warnte Balke. „Und falls einzelne Kommunen diesen Plan im Sinn haben, werden wir uns vorm Oberverwaltungsgericht (OVG) wiedertreffen.“

In den betroffenen Städten müssen Hotelgäste für eine Übernachtung bis zu 3,50 Euro extra zahlen, die über den Zimmerpreis mit verbucht werden. Bundesweit wird eine „City-Tax“ von über 20 Kommunen erhoben, das Leipziger Urteil vom Mittwoch erklärte solche Aufwandssteuern nur bei Touristen für zulässig. Das OVG Lüneburg nimmt entsprechende Satzungen Osnabrücks und Göttingens unter die Lupe. Rückzahlungen für berufliche Aufenthalte sind aus Dehoga-Sicht nicht ausgeschlossen.

Die Stadt Oldenburg will die seit dem 1. Januar 2012 geltende Steuer abschaffen. Das bisher eingenommene Geld werde einschließlich Zinsen zurückerstattet, sagte Sprecher Andreas van Hooven. 70.000 Euro hatte die Stadt im ersten Quartal kassiert, das zweite war noch nicht abgerechnet. Die Rückzahlung sei bereits im März mit dem Dehoga vereinbart worden, falls das Bundesverwaltungsgericht die Bettensteuer in dieser Form beanstandet. In der Ratssitzung am kommenden Montag soll die entsprechende Satzung aufgehoben werden.

Das Land Bremen wird die Zahlungspflicht für Übernachtungsbetriebe vorläufig aussetzen. Finanzsenatorin Karoline Linnert sagte: „Wir nehmen die Entscheidung über die Kulturförderabgabe der Städte Trier und Bingen ernst.“ Über das weitere Vorgehen müssten jetzt Senat und Parlament beraten, sobald die Urteilsbegründung vorliege.

In Bremen und Bremerhaven gibt es die Bettensteuer seit dem 1. April. Bereits erfolgte Zahlungen für das abgelaufene Quartal (bis 30.6.) sollen zurückgezahlt werden. Dazu müssten die Betriebe aber Einspruch einreichen, hieß es. Die Leipziger Entscheidung habe keine automatische Auswirkung auf das Bremer Gesetz, da sich das Gericht auf kommunale Satzungen beziehe. Die „City-Tax“ sei ein Landesgesetz.

Osnabrück will zunächst die Details des Urteils der Bundesrichter prüfen. „Wir haben es noch nicht. Sobald es vorliegt, schauen wir, ob unsere Satzung noch passt“, kündigte ein Stadtsprecher an. Erst dann könnten eventuelle Änderungen beraten werden. „Aber natürlich sind wir davon betroffen und werden alsbald Rechtskonformität schaffen.“

Göttingen plant, die seit Juli 2011 erhobene Steuer abzuschaffen. Bis zu einem entsprechenden Ratsbeschluss werde die Verwaltung die Erhebung aussetzen, sagte ein Sprecher. Danach würden Steuerbescheide förmlich aufgehoben und die Einnahmen von insgesamt 670.000 Euro verzinst an die Betriebe zurückgezahlt. Von der Beherbergungssteuer hatte sich die Stadt jährliche Einnahmen von 900.000 Euro erwartet.

Die Stadt Hildesheim startete bereits mit der Rückzahlung. „Wir waren schon auf ein mögliches Urteil in diese Richtung vorbereitet“, berichtete eine Sprecherin. In den kommenden fünf bis sechs Tagen würden die Bescheide verschickt, die Satzung zur Bettensteuer sei mittlerweile aufgehoben. Der Bund der Steuerzahler forderte dies für alle betroffenen Kommunen: „Die rechtswidrig erlangten Einnahmen müssten zügig erstattet werden.“ Es sei in der Praxis unmöglich, beruflich und privat veranlasste Reisen genau zu unterscheiden.

Auch dem Niedersächsischen Industrie- und Handelskammertag geht der Leipziger Richterspruch nicht weit genug. Zwar sei es erfreulich, dass die Erhebung der Bettensteuer für Geschäftsreisende als nicht rechtens eingestuft wurde, sagte Tourismusexperte Martin Exner. Das Gericht hätte sie aber komplett kippen sollen: Privatübernachtungen könnten nun erst recht von den Kommunen mit der Steuer belegt werden.

Auch die Handelskammer Hamburg findet Kritik an dieser Entscheidung. "Das Urteil führe zu deutlich niedrigeren Einnahmen für die Stadt. aber zu einem hohen Verwaltungsaufwand für die Hotels und Unternehmen", berichtete sie in einer Stellungnahme. Weiter heiß es, dass der Senat die Steuerpläne noch einmal grundsätzlich überdenken sollte. Eine freiwillige Angabe würde den bürokratischen Aufwand vermeiden und Hamburg als Tourismusstandort stärken.

(dpa)

„Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig zur Kulturtaxe, in dem die Steuer grundsätzlich gebilligt wird, aber Geschäftsreisende davon ausgenommen werden, führt zu deutlich niedrigeren Einnahmen für die Stadt, aber zu einem hohen Verwaltungsaufwand für die Hotels und Unternehmen. Künftig müssen alle Reisenden nach dem Anlass für ihren Hamburg-Besuch gefragt werden; falls dann der berufliche Anlass nachgewiesen wird, darf die Steuer nicht erhoben werden. Vor diesem Hintergrund sollte der Senat die Steuerpläne noch einmal grundsätzlich überdenken. Sofern der Senat an dem Plan einer Kultur- und Tourismustaxe festhalten sollte, regen wir an, diese auf freiwilliger Basis umzusetzen. Wir hoffen, dass sich dann auch die Groß-Hotellerie unserem ursprünglichen Plan für einen Tourismusfonds auf privater Basis anschließt. Eine freiwillige Abgabe pro Gast – unabhängig vom Reiseanlass – vermeidet viel Bürokratie und stärkt den Tourismusstandort Hamburg."