CDU und GAL sprechen bei der geplanten Steuer von dreistem Etikettenschwindel. FDP warnt vor Bürokratiemonster. Die Verwendung ist umstritten.
Hamburg. Die SPD spricht von einem "überzeugenden Kompromiss", die Grünen nennen es einen "dreisten Etikettenschwindel". Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dietrich Wersich formuliert es sogar als ein "Fiasko für die Kultursenatorin": Äußerungen wie diese zeigen eines ganz deutlich: Man ist sich im Hamburger Rathaus noch lange nicht einig über die sogenannte Kultur- und Tourismustaxe, die laut Senatsbeschluss zum Januar 2013 in Hamburg eingeführt werden soll. Die Steuereinnahmen, von denen sich die Stadt bis zu 20 Millionen Euro jährlich verspricht, sollen durch einen Aufschlag auf die Übernachtungspreise in der Hotellerie generiert werden.
Erneut wurden die kontroversen Haltungen der Parteien in den Diskussionen zum Thema im Kultur- und Wirtschaftsausschuss deutlich, in dem der Senatsantrag, ein Gesetzentwurf der CDU und ein Antrag der GAL-Fraktion zur Verwendung der Kulturförderabgabe behandelt wurden.
Den größten Kritikpunkt der Opposition stellt die Vergabe der Mittel dar. Gesetzlich festgeschrieben werden kann der Verwendungszweck nicht, weil es sich um eine Steuer handelt. Die Einnahmen landen somit zunächst im großen Haushaltstopf und werden von dort aus weiterverteilt. Der Gesetzentwurf sieht jedoch vor, dass mindestens die Hälfte der geförderten Vorhaben den Schwerpunkt Kultur haben soll. Der Rest soll den Bereichen Tourismus und Marketing zukommen - ein Grund, weshalb auch der Aufsichtsrat der Hamburg Tourismus GmbH beratend im Gremium für die Mittelvergabe beteiligt sein wird. Die Fachbehörden können Vorschläge für die Verwendung der Einnahmen aus der Kultur- und Tourismustaxe machen. Die endgültige Entscheidung über die Mittelvergabe trifft der gesamte Senat.
Senat will Tourismustaxe 2013 einführen
CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich sieht darin eine große Niederlage für Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos). "Frau Kisseler ist die eindeutige Verliererin des senatsinternen Pokers um die zusätzlichen Einnahmen aus der sogenannten Kulturtaxe", sagt Wersich. "Sie muss hilflos zusehen, wie über einen Etikettenschwindel nunmehr alle möglichen Bedarfe diverser Senatskollegen aus der Taxe finanziert werden sollen." Kein Cent der Einnahmen aus der Kulturtaxe liege in der Verantwortung der Senatorin, so der Fraktionsvorsitzende, sondern sie müsse für jedes Projekt im Senat betteln.
In der Kulturbehörde ist man anderer Meinung. Die CDU habe einiges in der Ausschusssitzung nicht ganz verstanden. "Selbstverständlich macht mein Haus als zuständige Fachbehörde die Vorschläge für die Mittelvergabe des Kulturanteils aus der Kultur- und Tourismustaxe, und damit wird natürlich die Verantwortung für die Kulturausgaben bei mir als Kultursenatorin liegen", sagt Kisseler. Dass die Entscheidung über die Mittelvergabe vom gesamten Senat getroffen wird, sei zudem nichts Besonderes bei der Kultur- und Tourismustaxe, sagt Behördensprecher Enno Isermann. Grundsätzlich würde der Senat über den Entwurf des Gesamthaushalts entscheiden und damit auch über den der einzelnen Behörden.
Gut für Szene und Tourismus
Ein weiterer Streitpunkt im Ausschuss entwickelte sich aus der Forderung der CDU nach zwei weiteren Anhörungen, einer öffentlichen und einer Expertenanhörung. Zu viel für die SPD-Ausschussmitglieder, die die Forderung mit einer Mehrheit ablehnten. Den Vorwurf der CDU, die Ablehnung resultiere aus "Angst vor der Öffentlichkeit", wehrt SPD-Fraktionsvize Gabriele Dobusch vehement ab. Man wehre sich nicht generell gegen Expertenmeinungen, jedoch würde die CDU-Fraktion über das Ziel hinausschießen. "Wir halten unser Angebot aufrecht, eine Expertenanhörung durchzuführen, wenn auf eine zweite öffentliche Anhörung verzichtet wird", so Dobusch. "Wir wollten und wollen eine möglichst konsensuale Einführung der Kulturtaxe."
Von einem Konsens, beispielsweise mit der GAL-Fraktion, sind die Sozialdemokraten noch weit entfernt. So spricht die kulturpolitische Sprecherin der Grünen, Christa Goetsch, von einem Trauerspiel für die Kulturszene. Die Befürchtung, dass die Taxe unterm Strich kein zusätzliches Geld für die Kulturszene bringt, habe sich bestätigt.
"Bei den Beratungen im Senat galt offenbar das Motto: Jeder darf sich bedienen", sagt Goetsch. "So wird die Kulturtaxe zur Pizza con tutti: Die Einnahmen sollen auch für Sport, Medien, Tourismus und Marketing verwendet werden." Goetsch spricht von einem Etikettenschwindel. "Hamburgs Kulturszene sollte sich die Frechheit nicht bieten lassen."
Für die FDP-Fraktion liegt das Problem der "Bettensteuer", wie sie die geplante Kultur- und Tourismustaxe nennt, an einer ganz anderen Stelle. Mit dem Gesetzentwurf sei der Senat auf dem besten Weg, ein neues Bürokratie-Monster zu schaffen, sagt der wirtschaftspolitische Sprecher Thomas-Sönke Kluth. Die Anwendung des Gesetzes sei eine Beschäftigungstherapie für das Beherbergungsgewerbe, sagt die kulturpolitische Sprecherin Katja Suding. "Dass die SPD angesichts dieses bürokratischen Monsters eine Anhörung der Wirtschaftsbeteiligten oder Sachverständigen scheut wie der Teufel das Weihwasser, ist nachvollziehbar, aber politisch ein Skandal."