Wentorf. Wentorf bremst den Verkehr noch stärker aus, um dem Zentrum mehr Aufenthaltsqualität zu verleihen. Das freut nicht jeden.

Dass Wentorf den Durchgangsverkehr aus dem Zentrum heraushalten will, ist nicht neu. Schon zu Beginn der Jahrtausendwende hat Wentorfs Politik beschlossen, dass nur noch auf den Bundes-, Landes- und Kreisstraßen Wentorfs schneller als 30 Kilometer pro Stunde gefahren werden darf – auch auf der Hauptstraße.

Seit Herbst 2021 gibt es sogar eine Tempo-20-Zone in der Ortsmitte, auf der Hamburger Landstraße zwischen Einmündung Zollstraße und Kreisel. Die wurde jetzt verlängert, so wie im Februar von der Politik beschlossen. Ab sofort dürfen Autofahrer auf der Hauptstraße bis zum Angerhof auf rund 300 Metern ebenfalls nur 20 Stundenkilometer fahren.

Verkehrsberuhigung Wentorf: Befürworter in der Überzahl

Während die Wellen auf Facebook wegen der erneuten Verkehrsberuhigung in den Wentorf-Gruppen hoch schlagen, sind die Menschen vor Ort eher entspannt – oder genervt, weil die Autofahrer sich nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung hielten. Die Hauptstraße sei damit zu einer Fußgängerzone erklärt worden, beschwert sich eine Userin auf dem Social-Media-Portal. „Denn anders kann man Tempo 20 – auf einer Hauptstraße wohlgemerkt – nicht beschreiben“, kritisiert sie. „Jeder Autofahrer weiß, wie schwierig es ist, auf Dauer so langsam zu fahren.“ Verständnis findet sie in der Gruppe aber nicht. Ihre Ansicht „ … für mich ist Wentorf nur ein Wohnort ohne Aufenthaltscharakter. Es ist ein Durchfahrtsort“, teilt dort offenbar niemand.

Auf dem Parkplatz eines Discounters an der Tempo-20-Zone oder am „verkehrsberuhigten Geschäftsbereich“ wie es in der Sprache der Verkehrspolitiker heißt, haben die wenigsten mitbekommen, dass die Tempo-20-Schilder seit Ende vergangener Woche auch an der Hauptstraße stehen: an jeder Einfallstraße auf die Hauptstraße sowie hinter der Einmündung der Straße Am Burgberg in Richtung Kreisel „In der Gegenrichtung hinter dem Kreisel brauchen wir kein Schild aufstellen“, erläutert Ortsamtschef Sascha Kröger. „Denn dort gilt die vorgeschriebene Geschwindigkeitsbegrenzung von 20 Kilometern pro Stunde fort.“

Tempo 20 ist okay – wenn sich alle dran halten

Ein Wentorfer stellt fest: „Ob ich dort nun 30 oder 20 Stundenkilometer fahre, ist mir eigentlich gleich.“ Mit dieser Meinung ist er nicht allein, vielen geht es ähnlich. „Die Hauptstraße ist kein Unfallschwerpunkt“, sagt Reinbeks und Wentorfs Polizeichef Jochen Sohrt. Und Hauptkommissar Lars Zander, Stationsleiter in Wentorf, erklärt: „Noch ist es zu frisch, um eine Veränderung zu beobachten. Aber wenn sich alle daran halten, wird das Sicherheitsgefühlt der Radfahrerinnen und Radfahrer auf der Hauptstraße auf jeden Fall zunehmen.“

Verkehrsteilnehmer fordern mehr Tempokontrollen

Die Bergedorferin Dunja Hellmann, die Wentorf jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit durchquert, lobt sogar: „Ich finde die erneute Temporeduzierung völlig in Ordnung. Es rasen leider immer noch genug Leute.“ Und der Wentorfer Jürgen Knopf erklärt: „Wir sind ja alle keine Engel. Ich fahre jetzt noch vorsichtiger. Denn das ist die Zukunft – das Auto hat ausgedient. Allerdings sollten sich auch die Radfahrer an die Straßenverkehrsordnung halten.“

Radfahrerin Heidi Kunsista würde sich freuen, wenn die Autofahrer auch tatsächlich langsamer fahren würden, sie traut sich mit dem Rad nicht auf die Fahrbahn. „Es müsste definitiv mehr kontrolliert werden“, fordert sie. Da ist der Wentorfer Uwe Dreher ganz bei ihr: „Dann würde auch Tempo 30 reichen. Aber die Autofahrer sind in Wentorf so rücksichtslos, sie beachten noch nicht einmal rechts vor links, es ist zum Kotzen!“ Seiner Meinung nach fahren die Polizei und die Mitarbeiter des Ordnungsamtes „nur spazieren“.

Bei Bedarf werden Geschwindigkeitsmessgeräte eingesetzt

Ortsamtschef Sascha Kröger bedauert: „Wentorf hat leider kein eigenes Geschwindigkeitsmessgerät.“ Lediglich die vier Geschwindigkeitsanzeigetafeln mit den Smileys, die ein optisches Signal geben, aber nicht gerichtsfest sind. Tatsächlich steht auch eines direkt hinter dem neuen Schild für Tempo 20 – zurzeit sei es jedoch noch nicht auf das neue Tempolimit eingestellt. Tobias Frohnert, Sprecher des Kreises Herzogtum Lauenburg, informiert darüber, dass der Kreis drei mobile Geschwindigkeitsmessgeräte hat. Die Bürgermeister müssten den Bedarf anmelden, dann werde darüber entschieden, wann wo welches Gerät eingesetzt wird.