Reinbek. Die Spitze im Polizeirevier Reinbek ist neu besetzt: mit Jochen Sohrt (58). Welche Schwerpunkte der neue Chef setzen will.

Das Revier kennt er in- und auswendig, mit den Kollegen arbeitet er seit Jahren vertrauensvoll zusammen, nur die Verantwortung ist größer geworden: Jochen Sohrt ist seit November der neue Leiter des Polizeireviers Reinbek. Der 58-Jährige ist jetzt Chef von 65 Beamten an fünf Standorten – in Reinbek, Glinde, Barsbüttel, Aumühle und Wentorf. Im Laufe des nächsten Jahres kommt mit Oststeinbek ein sechster dazu. In der Region ist der Polizist kein Unbekannter, denn seit acht Jahren ist der Vater einer erwachsenen Tochter stellvertretender Revierleiter in Reinbek. Er arbeitet seit Langem vertrauensvoll mit den Verwaltungen und Feuerwehren zusammen. Zur Kriminalpolizei, die im gleichen Haus an der Sophienstraße sitzt, hat er einen engen Draht.

Jochen Sohrt sorgte jahrelang in zweiter Reihe für Kontinuität

Während die Führungsspitze in den vergangenen Jahren mehrfach gewechselt hat, sorgte Jochen Sohrt in zweiter Reihe und mit viel Humor für Kontinuität im Reinbeker Revier. Sein Vorgänger blieb nicht einmal ein Jahr in Reinbek, wechselte zum 1. Oktober nach Ahrensburg. Ambitionen auf den Chefposten hatte er eigentlich nie, sagt Sohrt. Dass er überhaupt bei der Polizei landete, hat er seiner Mutter zu verdanken: „Sie brachte mich zur Polizei. Sie wollte nach dem frühen Tod meines Vaters einen sicheren Job für mich.“ Sohrt wuchs auf einem Hof in Böel (Kreis Schleswig-Flensburg) auf. Der Vater starb im Alter von 40 Jahren an Herzversagen und hinterließ seine Frau, drei Söhne und einen verschuldeten Hof.

Unglücklich über die Berufswahl ist Sohrt nie gewesen: „40 Berufsjahre sind wie im Flug vergangen, es war eine abwechslungsreiche Zeit.“ Seine Ausbildung machte er in Eutin, wechselte dann nach Kiel und sorgte in der Einsatzhundertschaft auf Demos beim AKW Brokdorf für Ordnung.

Polizeichef: „Straftaten haben sich von der Straße ins Internet verlagert“

Anfang der 1990er-Jahre folgte er seiner Frau nach Hamburg und wechselte in die Umlandgemeinde ins Revier nach Glinde. 29 Jahre blieb er hier und war schwerpunktmäßig für die Aufklärung von Straftaten von und unter Jugendlichen eingesetzt. „Jugendkriminalität war Mitte der 90er-Jahre ein Riesenproblem. Allein die Menge an beschlagnahmten Waffen war riesig“, erinnert er sich. In der Zeit war er viel auf der Straße und in den Schulen unterwegs, war bestens in der Stadt vernetzt und kannte seine „Pappenheimer“. Aktuell spiele Jugendkriminalität eher eine untergeordnete Rolle, sei die Jugend irgendwie vernünftiger geworden. „Die Straftaten haben sich von der Straße ins Internet verlagert“, sagt der Polizeichef.

Selbst ermittelt Sohrt seit seinem Wechsel von Glinde nach Reinbek nur noch in Ausnahmefällen. 2014 nahm ihn sein damaliger Chef in Glinde, Eggert Werk, mit. Werk übernahm die Leitung im neu entstandenen Polizeirevier Reinbek. In Reinbek war kurz zuvor der Polizeichef abgesetzt worden.

Zahl der Streifenwagen in der Nacht auf drei erhöhen

Die Aufgaben der neuen Führung unter Werk und Sohrt war es, eine Umstrukturierung der Polizeidienststellen im Südkreis umzusetzen und zu einem großen Revier zusammenführen. Acht Jahre später kann Sohrt sagen, dass das geglückt ist, auch wenn der Unmut unter der Belegschaft damals groß war. Die Bevölkerung hat von der internen Umstrukturierung nur wenig mitbekommen, lediglich die Gesichter der Polizisten haben mit der Zeit gewechselt. Alteingesessene Kollegen sind in den Ruhestand gegangen, junger Nachwuchs ist dazugekommen. Allein im Oktober sind es sechs neue Polizisten – drei in Barsbüttel und drei in Glinde.

Tagsüber arbeiten die Stationen weiter vorwiegend eigenständig. Nachts sind auf dem Gebiet mit 88.000 Einwohnern zwei Streifenwagen im Einsatz. Für Sohrt sind das zu wenig, er würde gern auf drei erhöhen. Dafür aber fehlt ihm das Personal, zumal es in allen zehn Revieren der Polizeidirektion Ratzeburg eine Unterdeckung von 93 Prozent gibt. Zusätzlich kommen Arbeitsverkürzung der Schichtdienstleistenden sowie Teil- und Elternzeiten dazu, die eigentlich kompensiert werden müssten. Ausglichen werden die weggefallenen Stunden nicht, weigert sich die Landespolitik neue Stellen zu schaffen – auch nicht für die neue Polizeistelle in Oststeinbek. Geplant ist, dass drei Beamten aus Glinde abgezogen werden.

Personalstärke erhöhen, um mehr Präsenz zeigen zu können

„Glinde ist mit derzeit 23 Beamten zwar am besten besetzt, ist unter den Standorten aber auch mein Sorgenkind. Wenn etwas passiert, dann oft hier“, sagt Sohrt. Das einzige Tötungsdelikt in der jüngsten Kriminalitätsstatistik aus dem Jahr 2021 war in Glinde.

Als neuer Chef will sich Jochen Sohrt für mehr Personal einsetzen, auch um als Schutzpolizei mehr agieren als reagieren zu können. „Dann wären auch mehr Polizeikontrollen möglich und wir könnten auf der Straße noch mehr Präsenz zeigen.“ Er weiß, wie wichtig die für die gefühlte Sicherheit in der Bevölkerung ist.

Sicher sind die im Revier lebenden Menschen aber in jedem Fall: Laut aktuellster Kriminalitätsstatistik aus 2021 (die nächste erscheint im nächsten Frühjahr) ist die Zahl der Straftaten rückläufig. Reinbek (1106 Straftaten), Glinde (859), Barsbüttel (698) und Wentorf (437) gehören zu den Gemeinden mit der geringsten Kriminalität in der Polizeidirektion Ratzeburg. Ganz vorn liegt demnach Geesthacht. Die häufigsten Delikte in der Metropolregion sind Cyberkriminalität sowie Einbrüche und Kfz-Diebstahl. 2021 wurde in Reinbek in 27 Häuser und Wohnungen eingebrochen. In Ahrensburg und in Glinde war die Zahl mit 29 Einbrüchen noch etwas höher.