Wentorf. Am Sachsenberg in Wentorf sollen vier Stadthäuser mit insgesamt 50 Wohnungen entstehen. Ob das gelingt, ist fraglich.
Die Ruhe am Sachsenberg oberhalb des Mühlenteichs ist einmalig. Das Wohnen auch: Herrschaftliche Villen aus Anfang des 19. Jahrhunderts, parkähnliche Gärten, alter Baumbestand. 1-A-Lage würden Makler sagen.
Bald könnte es mit der Ruhe vorbei sein, denn auf dem größten Grundstück, Am Sachsenberg 6, mit einer Fläche von 18.000 Quadratmetern plant ein Investor für das Versorgungswerk der Ärztekammer Schleswig-Holstein, vier hochwertige Stadtvillen zu bauen. In drei Villen sollen jeweils elf Wohnungen entstehen, in der vierten Villa sind 17 Seniorenwohnungen geplant.
Einmaliger Charakter, Villen mit viel Geschichte
Das Grundstück, das im Nordwesten an den Reinbeker Weg grenzt, hat Geschichte. Hier hatte einst die Familie des erfolgreichen Hamburger Überseekaufmanns Rudolf Petersen ihre Sommerresidenz, schreibt Hildegard Ballerstedt in ihrem Buch „Herrschaftliche Zeiten“ über die Geschichte der Wentorfer Villen. Petersen, der gut Englisch sprach, wurde nach dem zweiten Weltkrieg von den Engländern für kurze Zeit als Bürgermeister in Hamburg eingesetzt.
Seine Erben aber ließen die Villa verfallen und rissen sie Mitte der 60er-Jahre ab. „Das war die Zeit, als die Wentorfer das Petersche Grundstück für sich als Park eroberten und am Wochenende zum Picknicken kamen“, erinnert sich Kurt von Krosigk. Das ist seit 30 Jahren Geschichte. Das Grundstück wechselte mehrfach den Eigentümer, ist umzäunt, hohe Hecken schützen vor neugierigen Blicken.
Das Grundstück von Krosigk gegenüber hat keinen Zaun. „Das war nie nötig“, sagt der 74-Jährige. Von Krosigk ist am Sachsenberg groß geworden. Er kennt hier jeden Baum und die Geschichten vieler Bewohner. „Mir liegt viel daran, dass der Charakter des Viertels erhalten bleibt, behutsam nachverdichtet wird“, sagt der Wentorfer.
Veränderungssperre bis Mitte Dezember
So schnell aber werden die Bagger auf dem Nachbargrundstück nicht anrollen. Denn noch liegt auf dem 6,6 Hektar großen Gebiet Am Sachsenberg/Hochweg/Am Redder eine Veränderungssperre, darf bis Mitte Dezember nichts verändert werden.
Die Veränderungssperre verhängte die Gemeinde 2019, nachdem der vorherige Eigentümer des einstigen Petersen-Grundstücks seine Baupläne präsentiert hatte. Die waren sehr massiv, sollte hier ein Wohnriegel auf 5000 Quadratmetern entstehen. Torsten Dreyer, Vorsitzender des Planungs- und Umweltausschuss, kann sich gut an die Vorstellung der Baupläne erinnern: „Die waren sehr groß und passten nicht mehr in die heutige Zeit“, sagt der Grüne. Anlass für Politik und Verwaltung, um den veralten B-Plan aus dem Jahr 1982 zu überarbeiten. Die moderne Version liegt nun vor und noch bis 4. November im Wentorfer Rathaus aus und wird wohl im Dezember mit der Sitzung der Gemeindevertreter rechtskräftig.
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„Wir haben in den Fraktionen ziemlich gerungen. Diese B-Plan-Version ist, wie ich finde, ein guter Kompromiss, der moderne Wohnbebauung, ökologische Aspekte und den Erhalt des einmaligen Charakters berücksichtigt“, sagt Dreyer. So wurden Gebäudehöhen begrenzt, Mindestgrößen von Grundstücken auf 950 Quadratmetern festgelegt, der Baumbestand gesichert und festgelegt, dass Neubauten mit Luft- oder Erdwärme beheizt werden. Danach haben die Neubaupläne des neuen Investors auch kaum Chancen auf Realisierung – es sei denn, der Investor bekommt eine Ausnahmegenehmigung.
Zwei Denkmäler im neuen B-Plan
Im aktualisieren B-Plan sind weiterhin zwei Denkmäler – die Villa Billhoop von 1895 samt dazugehörigen Villengarten im Sachsenberg 4 – eingetragen Im vergangenen Dezember hatten illegale Fällarbeiten von vier alten Buchen im Villengarten für Aufruhr in der Nachbarschaft gesorgt, hat sich die Denkmalschutzbehörde des Kreises Ratzeburg eingeschaltet. Knapp ein Jahr später ist das Verfahren aufgrund von Krankheitsausfällen in der Behörde immer noch nicht abgeschlossen, muss der Eigentümer weiterhin mit einem Bußgeld rechnen, sagt Tobias Frohnert, Sprecher des Kreises Ratzeburg. Die Höhe wird individuell festgelegt und kann bei besonders schweren Eingriffen bis zu 500.000 Euro betragen. Eine Wiederherstellung des Villengartens fordert die Behörde nicht.
Auch im Villengarten sind in der neuen B-Plan-Version Baufenster eingetragen, die der Eigentümer gern nutzen will. Ob er das kann, ist offen. „Die eingetragenen Baufenster begründen keinen Anspruch auf eine umsetzbare Baugenehmigung. In der neuen Landesbauordnung vom September wurden Baugenehmigung und denkmalrechtliche Genehmigung voneinander getrennt. So kann zwar eine Baugenehmigung erteilt, die denkmalrechtliche Genehmigung aber versagt werden.“ Dem Bauherrn sei daher dringend zu empfehlen, sich vorher mit der Denkmalschutzbehörde abzustimmen um unnötige Kosten zu vermeiden, sagt Frohnert.