Wentorf. Bürgerpreis-Kandidatinnen: Verein „Wentorf gestalten! – Ideen leben“ macht sich stark für eine lebens- und liebenswerte Gemeinde.
Ein lebens- und liebenswertes Umfeld – das ist es, nach dem sich alle Menschen sehnen. Und es ist nichts weniger als das, was die Anpacker vom gemeinnützigen Verein „Wentorf gestalten! – Ideen leben“ in ihrer Gemeinde umsetzen wollen. Vor der eigenen Haustür geht es los. Und zwar jetzt gleich. Alena Kempf-Stein (46) und Stefanie Sohst (60) halten nicht viel davon, wenn Ideen durch endlose Diskussionen und Abstimmungsrunden verkümmern. „Wer Lust hat, der macht“, meinen die Vorsitzenden.
Aus der Taufe gehoben wurde „Wentorf gestalten“ 2018 als Initiative. Beim ersten Treffen ging es noch um Visionen für die Gemeinde. Die Vorstellung von einer nachhaltigen Kommune in sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Hinsicht ist seither fest verankert in den Köpfen. „Ja, und es gibt Lösungen“, meint Alena Kempf-Stein.
Coworking-Space, Blühwiesen, Begegnungsstätte und Lernorte
Stefanie Sohst und Alena-Kempf-Stein ging es schon immer um die Menschen. Sohst, die vor zehn Jahren als Stefan nach Wentorf zog, engagierte sich lange Jahre als Seelsorger und in der Missionsarbeit in der Kirche. Ursprünglich aus der IT kommend, ist sie heute selbstständig als Emotionscoach mit „Emotion Heroes“.
Alena Kempf-Stein ist als Mutter dreier Kinder (8, 13 und 16 Jahre) und als Geschäftsführerin des Waldkindergartens in Wentorf schon gut ausgelastet. Aber das Ehrenamt ist ihre Mission. Schon als Jugendliche engagierte sie sich in der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Wentorf, während ihres Studiums beim Verein Startsocial, der unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Angela Merkel arbeitet. Die Eindrücke internationaler Kontakte haben Spuren hinterlassen: „Ich habe erlebt, wie zerbrechlich die Welt ist. Weder Trinkwasser, noch Nahrung oder Energieversorgung sind sicher. Ich sehe auch bei uns eine große Verantwortung. Schon in den 1980er-Jahren hieß es ‘think global, act local’.“
"Wentorf gestalten" schafft Raum für alternative Ideen
„Wentorf gestalten“ schafft deshalb Raum für alternative Ideen. Das Coworking-Space auf dem Casinopark war eine der Hauruck-Aktionen. Nach dem ersten Lockdown kehrte für vier Wochen Leben in der Ortsmitte ein. Es war eine Einladung an die Menschen zum gemeinsamen arbeiten, diskutieren und lernen. Auch Yoga und Vorträge über moderne Arbeitsweisen und Demokratie standen allen offen.
Eindrucksvoll zeugen auch die vielen Blühwiesen, der „essbare Casinopark“ und der neue Petersiliengarten vom Tatendrang des Vereins. Es sind Aktionen, wie diese, die für Gemeinschaft und Identifikation sorgen. Zur Pflanzaktion im Casinopark etwa kamen Kleinkinder, Eltern und Senioren. „Sogar die ‘Problemjugendlichen’ aus dem Park fragten uns, ob sie eine Schaufel ausleihen dürfen. Sie wollten ihre Umgebung schöner gestalten“, berichtet Alena Kempf-Stein. „Die Menschen, die mitgeholfen haben, sammeln dort heute auch Müll.“
„Wir wollen, dass Kinder sich frei entwickeln können“
Und wenn die Wentorfer laut nach einem zentralen Ort der Begegnung rufen, dann hört das Vorstands-Duo um Alena Kempf-Stein und Stefanie Sohst. „Wir haben ein Jugendzentrum und eine Kirche, aber nichts ist offen für alle“, erklärt Stefanie Sohst. „So nah waren wir noch nie dran, einen Treffpunkt möglich zu machen.“ Lose Gespräche laufen mit dem Schweizer Eigentümer des „Würfels“ auf dem Casinopark. Neben einem Café und einem Unverpacktladen soll auch Platz für ein Coworking-Space, Treffpunkt und Lernort sein.
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Dort könnte auch das Lernprojekt von „Wentorf gestalten“, das Stefanie Sohst federführend begleitet, unterkommen. Es spricht Menschen von 0 bis 60 Jahre an, die sich zweimal wöchentlich in der Lohe treffen. Sie alle dürfen hier kreativ sein und Traumprojekte wie das Kettcar mit Motor realisieren. „Wir wollen, dass Kinder sich frei entwickeln können“, erklärt Stefanie Sohst. „Ich bin immer schon jemand gewesen, der sich getraut hat, Dinge anders zu tun.“ Eine freie Schule ist das Ziel, ungefähr 20 Eltern sind interessiert. „Wentorf gestalten“ führe bereits Gespräche mit der Hamburger Schulbehörde.
Jeder hat eine Stimme und kann seine Ideen verwirklichen
Stefanie Sohst und Alena Kempf-Stein sind Macher mit dem Mut, Dinge zu probieren. Und wer mutig ist und überzeugen kann, der begeistert auch Sponsoren. „An Geld für verrückte Projekte hat es nie gefehlt“, so Alena Kempf-Stein. Dass „Wentorf gestalten“ so ein rundes Ding ist, dafür machen die Vorsitzenden neben den Ideenköpfen in Wentorf und Förderern auch die Soziokratische Ausrichtung des Vereins verantwortlich. Diese lässt Mitgliedern den nötigen Freiraum, Jeder hat eine Stimme, kann seine Ideen verwirklichen.