Schwarzenbek. Aktionsplan Inklusion: 35.000 Euro für Planungsbüro, aber keine politische Mehrheit für praktische Arbeit in einer Beratungsstelle?
Viele Kommunen tun sich schwer, Seniorenbeiräte oder ehrenamtliche Positionen wie die eines Behindertenbeauftragten zu besetzen. In Schwarzenbek hat der zuständige Fachausschuss jüngst den Weg freigemacht für die Aufstellung eines Aktionsplanes Inklusion. Politik und Verwaltung setzten darauf, dass Seniorenvertreter und Behindertenbeauftragter daran mitwirken, doch dies wird nicht ganz einfach.
Aus dem Ehrenamt ist immer wieder zur hören, dass es gerade in Schwarzenbek eines langen Atems bedürfe, um etwas in die Tat umzusetzen: „Pläne machen reicht nicht, es muss dann auch etwas geschehen“, so die zentrale Kritik. Für den Aktionsplan sind 35.000 Euro vorgesehen – allein für den Plan, nicht etwa als Anschubfinanzierung für erste Maßnahmen.
Ehrenamt: „Pläne machen reicht nicht“
Dass Schwarzenbek über mehrere Jahre über keinen Seniorenbeirat verfügt hat, lag jedoch weniger an Frust über die Politik oder an mangelndem Interesse, sondern an Auseinandersetzungen innerhalb des Gremiums. Seniorenvertreter hatten sich geweigert, mit einem AfD-Politiker zusammenzuarbeiten, der in das Gremium gewählt worden war.
Als sich 2022 nach Jahren ein neuer Beirat konstituiert hat, waren manche Themen die alten. Schlechte Busanbindung mancher Stadtteile oder das seit rund 20 Jahren beklagte, bei Regen extrem glatte rote Pflaster auf vielen Fußwegen in der Innenstadt sowie dem Alten Markt. Mit der Forderung, das Pflaster durch Anschleifen zu entschärfen, war der Seniorenbeirat vor sieben Jahren nicht durchgedrungen.
Neuer Seniorenbeirat steht vor alten Problemen
Jetzt wächst die Hoffnung, dass mit Straßenbauarbeiten ein Austausch des Belages möglich wird. Und es sind keineswegs nur kostenintensive Vorhaben, mit denen Behindertenvertreter oder Seniorenbeirat in Schwarzenbek nicht durchdringen oder lange Zeit dicke Bretter bohren müssen.
Dazu zählen etwa die Verlängerung der Boulebahn im Stadtpark, um mehr Spielern Platz zu bieten. Und auch der Wunsch nach einer Bank bei der Bahn, die in den Mittagsstunden nicht in der prallen Sonne steht.
Behindertenbeauftragter ist verschnupft
Schwarzenbeks engagierter Behindertenbeauftragter ist seit 2018 Klaus Gawlik. Wie weit er sich erneut von der Politik einbinden lässt, dazu zeigt er sich zurückhaltend. „2019 war beschlossen worden, dass ein Inklusionsplan unterstützt werden soll. Den haben dann ein rundes Dutzend Ehrenamtliche mit hohem Zeitaufwand erarbeitet“, berichtet der 73-jährige Ur-Schwarzenbeker. „Am Ende durfte ich das Papier nicht einmal in der Stadtvertretung vorstellen.“
Zentrale Punkte sind Barrierefreiheit, auch und gerade in öffentlichen Gebäuden und Schulen, sowie im Straßenraum. Ebenso Verbesserungen des Nahverkehrs, der Umbau des Busbahnhofes, die wegen Vandalismusschäden ständig geschlossenen öffentlichen Toiletten. Dazu noch der Wunsch nach einem „Inklusionsbüro“.
Ein Inklusionsbüro ist Teil einer langen Wunschliste
Allerdings mit einem deutlich breiteren Angebot. Gawlik: „Entsprechend geschulte Inklusionshelfer könnten dort ebenso Sprechstunden anbieten wie der Seniorenbeirat, die Rentenberatung, die verschiedenen Institutionen des Kreises und auch ich als Behindertenbeauftragter.“
Seine Hoffnung, dieses Thema voranbringen zu können, sei jedoch abgeschmettert worden. „Es fiel die Entscheidung, für ein Inklusionsbüro keine Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, auch nicht in der alten Realschule.“ Er selbst werde sich nicht erneut mit anderen Mitstreitern daran machen, ein Konzept zu erarbeiten: Er sei mit seinen Sprechstunden und weiteren Aufgaben gut beschäftigt.
Klaus Gawlik lobt Stadtverwaltung für gute Zusammenarbeit
Sein Vorschlag, sich mit Politikern aus jeder Fraktion zusammenzusetzen, sei auf wenig Gegenliebe gestoßen, die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung funktioniere dagegen vorbildlich, so Gawlik. „Seit Bürgermeister Lütjens im Amt ist, treffe ich auf offene Ohren, sei es im Bauamt, wenn es um Barrierefreiheit geht, oder bei Frau Scheerer.“
Petra Scheerer, Leiterin des Fachbereiches für Öffentliche Sicherheit und Soziales, kümmert sich neben anderem um die Umsetzung der politischen Beschlüsse in dem Bereich. „Einen Aktionsplan Inklusion kann die Schwarzenbeker Verwaltung nicht selbst aufstellen“, die öffentliche Ausschreibung sei daher folgerichtig.
Rathaus setzt auf Mitwirkung von Gawlik und Seniorenbeirat
Auch wenn eine Firma dafür gesucht werde, wolle und könne die Stadt auf den Behindertenbeauftragten und Seniorenbeirat nicht verzichten. Wobei Scheerer die Schwierigkeiten durchaus im Blick hat. „Das von Herrn Gawlik vorgeschlagene Inklusionsbüro als Beratungsstützpunkt hat keine politische Mehrheit gefunden“, da seien verschiedene Dinge miteinander vermischt worden. „Wir sind in Kontakt mit ihnen, auch die Ausschussvorsitzende Maja Bienwald will daran mitwirken.“
Für die lange Dauer, bis der Aktionsplan Inklusion Fahrt aufnimmt, will sich die Ausschussvorsitzende und Vizevorsitzende der CDU Schwarzenbek nicht in Verantwortung nehmen lassen. „Der Beschluss, einen solchen Aktionsplan aufzustellen, ist 2019 unter dem damaligen Ausschussvorsitzenden Rüdiger Jekubik (SPD) gefallen“, so Bienwald.
Aktionsplan Inklusion: Schuld sind die anderen
Weil nach gut vier Jahren wenig geschehen sei, sei das Thema nach den Kommunalwahlen im Mai wieder auf die Tagesordnung genommen worden. Über den Sommer sei in den Fraktionen beraten worden: „Es gibt ja einen Aktionsplan des Kreises. Die Frage war, können wir uns an dem entlanghangeln oder sind die Bedarf in Schwarzenbek andere?“ In der nächsten Sitzung des Sozial- und Kulturausschusses werde kommende Woche weiter beraten.
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Behindertenbeauftragter spricht nicht für Seniorenbeirat
Auseinandersetzungen mit dem Behindertenbeauftragten möchte Maja Bienwald vermeiden: „Herr Gawlik war und ist sehr aktiv, hat einiges aus seiner Sicht dargelegt.“ Was das von ihm geforderte Inklusionsbüro angeht, könne er jedoch nur als Behindertenbeauftragter sprechen – nicht aber für den Seniorenbeirat, die Rentenberatung oder andere.
„Aus Sicht meiner Fraktion ist es aber durchaus eine Überlegung wert, verschiedene Angebote in einem Büro zusammenzufassen, darüber muss die Politik entscheiden.“ Wichtig sei aber vor allem, dass aus einem Aktionsplan Inklusion dann auch Maßnahmen folgen, „sei es für den Wohnungsbau, für die Barrierefreiheit im öffentlichen Raum, im Bereich Bildung, für den öffentlichen Verkehr.“
Maja Bienwald: 25.000 Euro hätten auch gereicht
Um dies voranzutreiben, habe die CDU auch die aus ihrer Sicht hohe Summe für das Aufstellen des Aktionsplanes akzeptiert. „Aus unserer hätten auch 25.000 Euro dafür reichen können: Klar ist doch, unabhängig davon, was nachher für den Aktionsplan favorisiert wird, die Maßnahmen kosten Geld, über das die Politik wird beschließen müssen.“
Der Gedanke, die alte Realschule künftig auch für Stadtverwaltung und Kommunalpolitik, für Bücherei und verschiedene Beratungsangebote zu nutzen, sei durchaus vernünftig. Bienwald: „Der Erhalt dieses Kastens kostet die Stadt derzeit jedes Jahr um die 70.000 Euro – ohne dass er für die Öffentlichkeit zur Verfügung steht.“