Schwarzenbek. Die Konkurrenz zwischen dem Stadtzentrum und dem Lupuspark wächst. Stadtplaner sehen dennoch Chancen für die Europastadt.

Wie soll Schwarzenbeks Innenstadt in Zukunft aussehen? Das ist die Kernfrage, der sich Bürger, Politik und Verwaltung seit mehreren Monaten im Zuge des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) stellen. Erstes Ergebnis: Die Innenstadt soll grüner, ruhiger und bewohnter werden. Angedacht ist eine Entsiegelung von Parkflächen, eine Nachverdichtung der Bebauung auch in zweiter Reihe von größeren Grundstücken, um Wohnraum zu schaffen, und eine Verkehrsberuhigung.

Stadtentwicklung: Grüne Inseln, Nachverdichtung, Verkehrsberuhigung

„Andere Städte haben das vorgemacht. Beispielsweise auf dem Ritter-Wulf-Platz könnte es grüne Inseln geben, aber auch in anderen Teilen der Innenstadt. Verkehrsberuhigung kann mit sogenannten Verkehrslaboren ausprobiert werden. Es kann für einige Tage oder Wochen mit einfachen Mitteln wie Pollern, Rollrasen oder anderen Barrieren ausprobiert werden, wie sich Sperrungen von Straßen auswirken. Dazu müssen natürlich auch die Autofahrer, Geschäftsleute und Anwohner befragt werden, wie sie eine Sperrung oder Einschränkung im Durchgangsverkehr finden“, so Stadtplaner Oliver Bormann vom Berliner Büro „Yellow Z“, das den Prozess rund um ISEK gemeinsam mit den Planern von der Partnerschaft Deutschland (PD) begleitet.

Dieses Konzept würde im Augenblick aber nur im Bereich rund um den Bahnhof und in der Schmiedestraße funktionieren. Die Lauenburger Straße ist aktuell noch Durchgangsstraße und Bundesstraße. Damit kann sie nicht zeitweise gesperrt oder mit künstlichen Barrieren probeweise verkehrsberuhigt werden. „Grundsätzlich ist das eine gute Idee, die wir ausprobieren werden“, sagte Bürgermeister Norbert Lütjens.

Das integrierte Stadtentwicklungskonzept in Schwarzenbek geht in eine entscheidende Runde. Stadtplaner Oliver Bormann stellt seine Ideen vor.
Das integrierte Stadtentwicklungskonzept in Schwarzenbek geht in eine entscheidende Runde. Stadtplaner Oliver Bormann stellt seine Ideen vor. © Stefan Huhndorf | Stefan Huhndorf

Ausgeweitet werden sollen auch die Radwege im Innenstadtbereich. „Kein Punkt in Schwarzenbek ist weiter als zwei Kilometer vom Zentrum entfernt. Das sind ideale Bedingungen für autofreien Verkehr. Gerade mit den Fahrradstellplätzen am Bahnhof und dem neuen Stadtbus ist Schwarzenbek da auf einem sehr guten Weg“, attestierte Stadtplaner Mathias Maurerlechner von „Yellow Z“ den Zuhörern.

Bürgerbeteiligung soll Zukunft der Stadt mitbestimmen

Es hat mehrere interne Versammlungen gegeben, aber auch mittlerweile drei öffentliche Bürgerbeteiligungen, bei denen jeweils mehr als Hundert Menschen anwesend waren. Für Schwarzenbeker Verhältnisse ist das eine herausragende Resonanz – zumal die Stadt praktisch keinerlei Werbung für die Veranstaltungen gemacht hat. Aber auch ein Grundproblem liegt auf dem Tisch: Die Konkurrenz der Innenstadt mit dem Lupuspark.

„Wir haben zwei konkurrierende Zentren. Zum einen den Bereich um die Lauenburger Straße, zum anderen den Lupuspark“, sagte Stadtplaner Oliver Bormann. Denn gerade der boomt. Als Gegenpol zur Innenstadt ist das Einkaufszentrum ohnehin schon seit zwei Jahrzehnten ein wichtiger Player. Allerdings fehlt im direkten Umfeld das Flair zum Verweilen. „Der Lupuspark ist eine Ansammlung von großen Geschäften rund um einen großen Parkplatz. Er ist kein Treffpunkt“, hatte Doris Lehmann, Vorsitzende der Wirtschaftlichen Vereinigung Schwarzenbek (WVS) bereits in der Vergangenheit mehrfach betont.

Geschäftsleute klagen über „Totentanz“ in Schwarzenbeks Zentrum

Wie drängend die Probleme sind, hatten kürzlich die Schwierigkeiten der Bäckerei Gräper an der Lauenburger Straße an den Tag gebracht. Aufgrund der geringen Laufkundschaft hatte Bäckereichef Matthias Gräper die Öffnungszeiten von 18 auf 16 Uhr reduziert. Auf der Straße herrsche „Totentanz“, so der Bäcker und Konditormeister gegenüber unserer Zeitung. Schon vor einigen Jahren hatte Ulf Eggers, der mit seinem Bruder Frank 20 Filialen im Großraum rund um Schwarzenbek betreibt, beklagt, dass seine Filiale an der Lauenburger Straße noch „Potenzial“ habe. Gemeint ist: Der Laden läuft nicht optimal.

Wie schwierig es ist, Ladengeschäfte an der Einkaufsstraße anzusiedeln, belegen viele Beispiele aus der Vergangenheit. Die Raiffeisenbank hat den alten Markt neu bebaut. Einzelhandel ließ sich dort nicht ansiedeln. Lediglich Bankfiliale und Jobcenter sowie Arztpraxen fanden dort eine neue Heimat. Wirkliche Leerstände gibt es an der Haupteinkaufsstraße in Schwarzenbek nicht, aber die Probleme werden größer, weil Kaufkraft zunehmend in die Peripherie abwandert.

„Wir haben diese Probleme im Blick. Jeder Wandel kann auch eine Chance sein“, sagte Bürgermeister Norbert Lütjens auf Nachfrage unserer Zeitung salomonisch zu den möglichen Leerständen in der Innenstadt.
„Wir haben diese Probleme im Blick. Jeder Wandel kann auch eine Chance sein“, sagte Bürgermeister Norbert Lütjens auf Nachfrage unserer Zeitung salomonisch zu den möglichen Leerständen in der Innenstadt. © Stefan Huhndorf | Stefan Huhndorf

Viele Erweiterungen am Lupuspark

Denn der Lupuspark und die Umgebung werden massiv gestärkt. Bereits vor mehreren Jahren hat Aldi seinen alten Markt am Hans-Koch-Ring abgerissen und durch einen größeren Neubau ersetzt. Auch Edeka Kratzmann – einer der ersten Einzelhändler, die 2002 in den damals neu eröffneten Lupuspark investierten – hat bereits im Jahr 2009 seine Verkaufsfläche durch einen Anbau auf 3000 Quadratmeter erweitert. Nun steht eine weitere massive Erweiterung an, für die die Politiker „grünes Licht“ gegeben haben. Ebenfalls erweitert hat der Hagebaumarkt seine Verkaufsfläche.

Auch die Kreissparkasse steht in den Startlöchern. Sie plant bereits seit Jahren einen Neubau am Eingang des Lupusparks auf dem Grundstück vor Rohwerder Datasystems und der Centa-Wulf-Förderschule. Dafür wird sie ihre Filiale am Verbrüderungsring schließen und vermutlich auch die Niederlassung an der Berliner Straße. Das hat die Sparkasse zwar bislang dementiert, aber die Pläne scheinen trotzdem ziemlich konkret zu sein. Stadtplaner Oliver Bormann hatte das Kreissparkassengebäude in seiner Präsentation als möglichen Leerstand aufgeführt. Damit würden die Karten in der Innenstadt nochmals neu gemischt werden.

Postgelände ist ein wichtiger Ankerpunkt bei der weiteren Innenstadtplanung

Denn das Postgebäude an der Berliner Straße steht ebenfalls leer und soll verkauft werden. „Wir sind mit dem Investor im Gespräch“, sagte der Bürgermeister. „Für den Bereich gibt es erst einmal eine Veränderungssperre. Damit können wir unerwünschte Entwicklungen verhindern, aber das Gelände gehört uns nicht“, ergänzte Bauamtsleiter Ralf Hinzmann.

Unklar ist auch, was mit dem daneben gelegenen großen Grundstück des vor einigen Jahren verstorbenen Hans Behrendt an der Schmiedestraße passiert. Auch dieses Areal dürfte demnächst zum Verkauf stehen. Eine weitere schwer einschätzbare Variable ist das Kaufhaus CML an der Einmündung zur Berliner Straße. Der Betreiber Hans-Jürgen Linde hat immer wieder betont, dass er von Quartal zu Quartal entscheidet, ob er weitermacht. Mehrfach hat er auch das Aus des Kaufhauses verkündet.

Stadtentwicklung: Lange Strecke von Leerständen in der Innenstadt

Das alles zusammengenommen würde es eine lange Strecke von Leerständen bis zum geplanten Bürger- und Bildungszentrum in der alten Realschule an der Berliner Straße 12 geben, die in naher oder ferner Zukunft ein Magnet für die Innenstadt werden soll. „Wir haben diese Probleme im Blick. Jeder Wandel kann auch eine Chance sein“, sagte Bürgermeister Norbert Lütjens auf Nachfrage unserer Zeitung salomonisch.

Das Verfahren, mit dem die Stadt Fördermittel für große Projekte wie die Umgestaltung des Zentrums und die Umwandlung der alten Realschule in ein Bürger- und Bildungszentrum generieren will, läuft noch bis zum April. Wer nicht bei der Projektwerkstatt am Dienstagabend dabei war, kann sich noch über das Internet mit seinen Ideen einbringen. Auf der städtischen Homepage unter der Adresse www.schwarzenbek.de befindet sich gleich auf der Startseite ein OR-Code, der direkt zur Online-Befragung führt.