Witzeeze. Die Stiftung Naturschutz will im Kreis Herzogtum Lauenburg einen Wald schaffen, der Hitze und Dürre trotzt. Die Chancen stehen gut.
Zwischen Schwarzenbek und Büchen macht sich die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein daran, die Entwicklung der vergangenen Jahrhunderte ein wenig zurückzudrehen. Auf einem rund acht Hektar großen Areal entsteht mit heimischen Bauarten ein Wald, der der Klimakrise trotzt. Am Montag haben notwendige Vorarbeiten begonnen. Zunächst werden Drainage-Rohre großflächig entnommen.
Wurde für das Waldsterben vor Jahrzehnten allein der saure Regen als Ursache gesehen, ist heute klar, ein Mix von Entwicklungen ist dafür verantwortlich. Durch den Klimawandel verursachte Hitze und fehlender Niederschlag schwächen viele Bäume. Machen sich dann noch Larven der Borkenkäfer in großen Zahlen über die geschwächten Nadelwälder her, sind auch viele Baumriesen nicht mehr zu retten. Zugleich wird die Waldbrandgefahr immer größer
Kreis Herzogtum Lauenburg: Neuer Wald kann Klimawandel trotzen
Gern ausgeblendet wird dabei, dass Menschen in vielerlei Hinsicht Verantwortung tragen. Außer durch den von uns bedingten Klimawandel und durch standortuntypische Nadelwald-Monokulturen in Regionen, wo früher Laubbäume dominiert haben: Die Entwässerung weiter Landstriche hat Anteil daran, dass auch Laubmischwald an manchen Standorten immer stärker von langen Trockenperioden massiv geschädigt wird. Doch der Umbau der heimischen Wälder kommt nur schleppend voran.
Seit 2020 ist das Areal im Dreieck zwischen Witzeeze, Schulendorf und Lütau im Besitz der landeseigenen Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein. Bis die jetzt beginnenden Vorarbeiten aufgenommen werden konnten, „musste zunächst die Pacht für die intensive landwirtschaftliche Nutzung auslaufen, zudem notwendige Genehmigungen eingeholt werden“, erläutert Pressesprechern Jana Schmidt.
Der Klimaschutz braucht einen langen Atem
Ein offenes Geheimnis: Derartige Vorhaben mit dem Kreis Herzogtum Lauenburg als Untere Naturschutzbehörde abzustimmen, verläuft häufig eher schleppend. Vertreter der Landwirtschaft und Kreispolitiker äußern immer wieder Vorbehalte gegen die Renaturierung von Äckern. Eine Erfahrung, die auch schon der BUND im Herzogtum machen musste.
Gestern haben Arbeiter begonnen, nördlich des Baches Linau mit schwerem Gerät Entwässerungsrohre ganz aus dem Boden zu nehmen oder sie zu unterbrechen. Das Ziel ist klar: Das kostbare Nass soll nicht länger abgeleitet werden, sondern im Boden bleiben. Zudem soll es ungehindert in Senken fließen können, dort auf Dauer zu einer anhaltenden Wiedervernässung der Flächen beitragen.
Wiedervernässung hilft, Kohlendioxid zu reduzieren
Feuchtgebiete und besonders Moore speichern besonders viel klimaschädliches Kohlendioxid. Darüber hinaus kann mit Hilfe von Feuchtflächen der Wasserhaushalt auch in der Nachbarschaft unterstützt werden. Eine Folge: In sommerlichen Dürreperioden trocknet der Boden nicht so schnell aus, geraten Bäume nicht so schnell in Trockenstress.
Im nächsten Schritt wird ein Wildschutzzaun um die rund acht Hektar Stiftungsland Stecknitz-Delvenau errichtet. Im Herbst soll mit der Aufforstung der früheren Ackerflächen begonnen werden. Neben heimischen Stieleichen und Hainbuchen, die besser mit Trockenheit zurechtkommen als viele andere Bäume, sollen in feuchten Arealen Erlen gesetzt werden. Sie wachsen gut in Böden mit hoher Feuchtigkeit, gedeihen auch in zeitweilig überfluteten Auwäldern.
Stiftung plant Nebeneinander von Misch- und Erlenwald
12.500 heimische Bäume und Sträucher sollen gesetzt werden, erläutert Projektmanagerin Ann-Kathrin Brandt: „Ziel ist es, hier einen Eichen-Hainbuchenwald zu entwickeln und in den stark vernässten Bereichen einen Sumpfwald zu etablieren.“
Das neue Waldgebiet soll nicht nur zum Klimaschutz beitragen, es soll auch vielen Tieren als Lebensraum dienen. Neben Spechten werden auch Kraniche erwartet. Die großen Vögel bevorzugen zum Übernachten überflutete Flächen. Im Wasser stehend fühlen sie sich geschützt vor Fressfeinden wie etwa Füchsen. Als weitere Bewohner erwarten Naturfreunde den geschützten Moorfrosch und den Grasfrosch.
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Eine Neue Heimat für bedrohte Tiere
Brandt ist optimistisch, dass auch die stark bedrohte Haselmaus die Vorzüge des Areals für sich entdeckt. Der abwechslungsreiche Waldrand mit vielen Sträuchern und Büschen werde ihr einen „nahezu perfekten Lebensraum“ bieten.
Auch für einen nachtaktiven Insektenjäger bietet der geplante Klimawald einiges, so Brandt: Zunächst werden Fledermäuse das Gebiet für die Jagd nutzen. „Je älter der Wald dann wird, desto höher sind die Chancen, dass sich über die Zeit auch Höhlen und Spalten in den Bäumen bilden, die Fledermäusen auch in sensiblen Phasen wie der Jungen-Aufzucht ein Zuhause bieten.“
Stiftung wirbt um Investoren: Platz für Ökoausgleich
Aus Sicht der Stiftung profitieren neben Pflanzen- und Tierwelt auch Investoren. Der gesetzlich vorgeschriebene Ökoausgleich für Eingriffe in die Umwelt könne künftig auf Stiftungsland realisiert werden. Vorteil: Unternehmen können den Ausgleich leisten, ohne sich selbst um dafür geeignete Flächen zu bemühen. Tatsächlich fällt es Investoren in der Metropolregion um Hamburg immer schwerer, geeignete Flächen dafür zu finden.