Lauenburg. Seit 1. August dürfen Fundtiere nicht mehr auf schnellstem Weg ins Tierheim gebracht werden. Das Verfahren kommt nicht überall gut an.
Es war eine eingespielte Sache: Wurde in Lauenburg über einen längeren Zeitraum eine herrenlose Katze beobachtet, waren die Lauentown Katzenfreunde zur Stelle. Die Notlage des Tieres verbreitete sich schnell über die sozialen Netzwerke und die ehrenamtlichen Helfer schafften es meist mit Geduld und Erfahrung, die Katze einzufangen und ins Geesthachter Tierheim zu bringen. Dieser Weg stand auch anderen Bürgern offen, die Katze oder Hund in hilfloser Lage aufgefunden hatten. Für die Unterbringung und Versorgung zahlt die Stadt Lauenburg eine sogenannte Fundtierpauschale an die Geesthachter Einrichtung. Für das laufende Jahr sind das 65.000 Euro.
Seit Beginn dieses Monats ist das Verfahren neu geregelt. Jetzt muss in jedem Fall das Ordnungsamt über den Fund des Tieres informiert werden. Nach Feierabend in der Stadtverwaltung und am Wochenende kümmert sich die Polizei darum. Und sollte auch die Lauenburger Wache nicht besetzt sein, sollte das Tier über den Notruf 110 gemeldet werden. Die neue Verordnung gilt auch in Geesthacht sowie in den Ämtern Hohe Elbgeest und Lütau.
Tierschützer kritisieren die neue Fundtier-Vorschrift
In den Lauenburger Facebookgruppen wird das neue Verfahren kritisiert. Bürgermeister Thorben Brackmann schaltete sich persönlich in die Diskussion ein und erläuterte das Motiv. „Die Regelung war notwendig, da vermehrt Tierhalter ihre Tiere kostenlos als Fundtiere abgegeben hatten, weil sie das selbst beschaffte Tier nicht mehr haben wollten“, schreibt er. Tatsächlich auffällig: 2021 wurden neun Katzen aus Lauenburg im Tierheim abgegeben, ein Jahr später waren es 15 Katzen und nach dem ersten Halbjahr dieses Jahres sind schon neun Katzen.
Doch die Lauentown Katzenfreunde hören den Amtsschimmel wiehern. „Diese neue Vorschrift zielt auf einige wenige Fundtier-Schwindler ab. Gleichzeitig stellt die Behörde jeden hilfsbereiten Bürger unter Generalverdacht, dass etwas bei seinem gefundenen Tier nicht mit rechten Dingen zugeht“, sagt Sprecherin Gerda Starke. Ihre Befürchtung: Statt den behördlichen Weg zu gehen oder gar die Polizei anzurufen, würden viele künftig lieber wegsehen, wenn sich ein Tier in Not befindet.
Diese Ansicht teilt auch Silke Schippmann, die sich ehrenamtlich im Verein Tier-Notruf.de engagiert. „Das Ordnungsamt ist nicht zu jeder Zeit erreichbar, die Polizei oft nicht besetzt und den Notruf 110 anzurufen, trauen sich viele nicht. Wie bitte soll verhindert werden, dass Fundtiere sich nicht am Ende selbst überlassen bleiben?“, fragt die Tierrettungssanitäterin.
SPD-Fraktion kritisiert Alleingang der Verwaltung
Die neue Regelung sorgt mittlerweile auch für politischen Unmut. „Die Stadtverwaltung hat einseitig eine gut funktionierende Regelung aufgekündigt. Es fand vorher keine politische Diskussion statt. Hier sollen mit der Brechstange vollendete Tatsachen geschaffen werden“, kritisiert SPD-Fraktionschef Immo Braune. Auch die Vorschrift unter bestimmten Umständen den Notruf 110 zu wählen, statt selbst den Transport ins Tierheim zu veranlassen, stößt auf wenig Gegenliebe bei den Sozialdemokraten.
„Immer wieder wird darüber berichtet, dass der Polizeinotruf überlastet ist. Jetzt soll sich dieser auch noch mit Fundtieren und deren Sicherung befassen“, ärgert sich Stadtvertreterin Sabine Kowald, die für die SPD im zuständigen Ausschuss für Umwelt, Energiewende und Digitalisierung sitzt. Um die politische Diskussion nachträglich anzuschieben, will die Fraktion das Thema Fundtiersicherung für die nächste Ausschusssitzung auf die Tagesordnung setzen.
Bei der Lauenburger Polizei sieht man die neue Situation dagegen gelassen. „Wir wurden ja auch in der Vergangenheit öfter gerufen, wenn Bürger herrenlose Hunde oder Katzen gesichtet oder aufgegriffen hatten“, sagt der stellvertretende Polizeichef Klaus Scheipers. Die Beamten auf der Wache verfügen mittlerweile auch über ein Lesegerät, um den Chip der betreffenden Katze auszulesen.
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Kastrationspflicht soll Katzeninvasion im Tierheim eindämmen
Theoretisch dürfte es also kein Problem sein, den Halter eines Fundtieres ausfindig zu machen. Auf Initiative der SPD hatte die Politik zum 1. September 2021 einstimmig eine Katzenschutzverordnung beschlossen. Diese besagt, dass Freigänger in jedem Fall gechipt sein müssen. „Das ist das beste Mittel gegen Fundtier-Schummelei, denn der Halter kann ermittelt und zur Verantwortung gezogen werden“, ist Gerda Starke überzeugt.
Mit einer Kastrationspflicht für Freigängerkatzen hatte sich die SPD damals allerdings nicht durchsetzen können. „Nur die würde mittel- und langfristig dem Geesthachter Tierheim wirklich Entlastung bringen“, ist Gerda Starke überzeugt. Denn wer sein lästig gewordenes Tier partout loswerden will, ließe sich von der neuen Verordnung nicht davon abhalten. „Wenn diese Katzen ausgesetzt werden, vermehren sie sich womöglich unkontrolliert, mit allen Folgekosten für die Stadt“, weiß die Tierschützerin. Die Lauentown Katzenfreunde sind beim Neujahrsempfang 2020 für ihr Engagement mit dem Ehrenteller der Stadt ausgezeichnet worden.