Lauenburg. Silke und Arne Schippmann aus Lauenburg engagieren sich als Tierretter. Wo sie helfen können und wo die Grenzen sind.

Ein bisschen unheimlich ist Gimli die Sache schon: Der eineinhalbjährige Rüde kann ja nicht wissen, dass er heute im Rettungswagen nur Fotomodell ist. Im Ernstfall könnten ihm seine Menschen aber helfen – und anderen Haustieren auch: Silke und Arne Schippmann arbeiten ehrenamtlich als Tierretter für Tier-Notruf.de. Etwa 30 Tierfreunde engagieren sich für den vor zwei Jahren gegründeten Verein.

Auf den ersten Blick unterscheidet sich der Rettungswagen im Inneren kaum von einem, in dem Menschen medizinische Hilfe finden. Es gibt eine Trage, Wirbelsäulenstabilisator, Stethoskop und sogar ein EKG-Gerät. Nur der Katzenkorb auf dem oberen Regal passt nicht in das Bild – und die auffällige blau-gelbe Lackierung des Rettungswagens.

Silke Schippmann weiß, wie belastend die Situation ist, wenn das geliebte Haustier plötzlich in einer medizinischen Notlage ist: Ein Insektenstich, der eine allergische Reaktion auslöst, ein schwerer Sturz oder auch altersbedingte Zustände, die Schlimmes ahnen lassen. „Oft ist es nicht möglich, das Tier selbst in eine Tierklinik zu bringen. Manchmal steht die Familie unter Schock, oder der Hund ist viel zu schwer, um ihn ins Auto zu bugsieren.“ Die erfahrene Hundehalterin weiß, dass es dann nicht nur darauf ankommt, dem Tier zu helfen. Beruhigend auf die Halter einzugehen, sei oft genauso wichtig.

Ausbildung zum Tierrettungssanitäter bezahlt der Verein

Silke und Arne Schippmann rücken mit dem RTW immer gemeinsam aus, denn ganz ungefährlich ist ihr Einsatz nicht. „Tiere, die Schmerzen haben, verhalten sich anders, als im Normalfall. Da kommt es zunächst darauf an, sich selbst nicht in Gefahr zu begeben“, sagt Arne Schippmann. Gegen Katzenbisse ziehen die Retter derbe Handschuhe an, panische Hunde müssen manchmal mit bestimmten Gerätschaften auf Abstand gehalten werden. „Die Tiere wissen ja nicht, dass wir ihnen helfen wollen.“

All das lernt man in der mehrwöchigen Ausbildung zum Tierrettungssanitäter, die der Verein bezahlt. Theorie, Praxis und eine bestimmte Anzahl von Einsätzen, dann hat man den Schein in der Tasche, so wie Silke Schippmann. Ihr Mann hat diese Ausbildung noch vor sich, er ist derzeit Tierrettungshelfer. Was bewegt jemanden, in seiner Freizeit fast jederzeit ausrücken zu können, weil irgendwo in der Gegend ein Haustier in Not ist? „Man muss aus vollem Herzen tierlieb sein. Dazu natürlich zuverlässig und auch am Wochenende einsatzbereit“, sagt Arne Schippmann. Allerdings sei es auch möglich, über die App zu signalisieren, wenn ein Einsatz aus persönlichen Gründen nicht infrage kommt.

Ganz oder gar nicht, das ist das Prinzip der Schippmanns. Eine Schlange aus dem Terrarium liegt ihnen genauso am Herzen, wie ein ausgewachsener Schäferhund. Wenn sie die Tiere an Bord des RTW nehmen, bereiten sie die Tierklinik auf die Ankunft des Patienten vor und leiten selbst erste Hilfsmaßnahmen ein.

Für den Einsatz müssen die Halter 145 Euro bezahlen

Nur in einer Frage müssen sie passen: wenn jemand ein verletztes Wildtier meldet. „In diesem Fall ist die Stadt zuständig. Zumindest im Kreis Herzogtum Lauenburg ist das bisher noch nicht anders vereinbart“, erklärt die Tierretterin.

Der Einsatz der Tierretter ist nämlich nicht umsonst, selbst wenn diese keinen Cent dafür bekommen. „Die Fahrzeuge, die Ausrüstung und das Benzin muss bezahlt werden“, zählt Silke Schippmann auf. Wer den kostenlosen Notruf 0800/111 15 15 wählt, erfährt schon von der Einsatzzentrale, dass für den Einsatz der Tierretter 145 Euro fällig werden. Manchmal kommen noch weitere Kosten dazu. Die beiden Lauenburger wissen, dass das für viele Menschen fast unerschwinglich ist, gerade auch für Senioren. „Es ist schlimm. Auf der einen Seite brauchen viele Menschen das Tier an ihrer Seite, um die Einsamkeit zu mildern, auf der anderen Seite können sich immer mehr Menschen Futter- oder Tierarztkosten nicht mehr leisten“, weiß Silke Schippmann.

Der Verein Tier-Notruf.de engagiert sich daher auch für die Tiertafeln, deren Zahl in Schleswig-Holstein wächst.

Standort für den Rettungswagen und neue Mitstreiter gesucht

Der Tierrettungswagen parkt derzeit auf dem Grundstück des Paares, das dafür eigentlich viel zu klein ist. „Es wäre schön, wenn uns jemand einen Standort für das Fahrzeug mit Stromanschluss in Lauenburg bereitstellen könnte“, wünscht sich Silke Schippmann.

Auch neue Mitstreiter sind im Verein gern gesehen – für die Rettungseinsätze, aber auch für die Einsatzzentrale oder für Werbeaktionen. Auch Spenden sind natürlich immer sehr willkommen Weitere Informationen zum Verein, den Leistungen und das Mitgliedsformular zum Download gibt es auf der Webseite www.tier-notruf.de.

Was beim Fund eines verletzten Wildtieres zu tun ist

Viele Tiere verunglücken im Straßenverkehr. Während kleine Wildtiere wie Igel oder Kröten meist tot aufgefunden werden, liegen größere Tiere wie Rehe oder Füchse nicht selten verletzt am Straßenrand.

Ein häufiges Motiv, einem Tier nicht zu helfen, ist die eigene Hilflosigkeit. Teilnehmer im Straßenverkehr sind gesetzlich dazu verpflichtet, sich um das von ihnen angefahrene Tier zu kümmern. Aber auch wer ein verletztes Tier entdeckt, sollte nicht einfach weiterfahren.

Die wichtigste Regel: Ruhe bewahren. Zunächst die Unfallstelle sichern. Danach die Polizei anrufen und die Unfallstelle möglichst genau benennen. Wichtig zu wissen: Würde das Tier einfach abtransportiert, könnte das als Wilderei ausgelegt werden

Wichtig ist es, die Unfallstelle nicht zu verlassen, bis die Rettungskräfte oder der Jäger eingetroffen ist. Sollte auch nach einer halben Stunde immer noch niemand da sein, erneut anrufen.

Eine wichtige Voraussetzung ist, dass sich die Helfer nicht selbst in Gefahr begeben, sei es durch den Straßenverkehr oder durch Kratzen, Beißen oder Treten panischer Tiere.

Bei verletzten Füchsen oder Rehen heißt es grundsätzlich: Abstand halten! Die verängstigten Tiere können sehr wehrhaft sein.