Norderstedt. Todkranker Kater findet letztes Zuhause bei der tierischen Sterbebegleiterin Rebecca Schimpf. Ein Besuch im Hospiz für Katzen.

Was für eine Mission! Rebecca Schimpf begleitet alte und todkranke Katzen in der letzten Lebensphase – und beim Sterben. In den vergangenen Jahren hat sie immer wieder schwer kranke Katzen des Vereins Strassentiger Nord als private Pflegestelle aufgenommen, die niemand mehr haben wollte, und bis zu ihrem Tod gepflegt. Wie eine Art Hospiz für Katzen.

Jetzt hat sie Kater Mampfred, der mit Vorliebe alles mampft, was wie Futter aussieht, ein neues Zuhause geschenkt – es wird sein letztes Zuhause sein. Denn auch Mampfred hat eine unheilbare Krankheit. „Mich motiviert der Wunsch, einer Katze vor dem Tod noch ein schönes Leben zu schenken“, sagt Rebecca Schimpf.

Letztes Zuhause: Sterbebegleitung für schwer kranken Kater Mampfred

Seine Geschichte rührt zu Tränen: Nachdem Mampfred sein Leben lang von anderen Katzen vertrieben und von Nachbarn verjagt wurde, nahm der Verein Strassentiger den Streuner auf und suchte mit Hilfe des Abendblattes ein neues Zuhause für den Kater. Mit Erfolg: Nach dem Aufruf meldeten sich Interessenten, die Mampfred adoptieren wollten.

Doch dann die Tragödie: Da Mampfred ziemlichen Durchfall hatte, wurde nach diversen Test auch noch ein Ultraschall gemacht. Und das Ergebnis war erschütternd: Mampfred hat vermutlich ein Lymphom im Darmbereich – eine Krebserkrankung, die nicht heilbar ist. Daher entschieden sich die neuen Besitzer gegen eine Adoption von Mampfred.

Angekommen: Nachdem Mampfred vertrieben und verjagt wurde, hat er bei Rebecca Schimpf ein neues Zuhause gefunden.
Angekommen: Nachdem Mampfred vertrieben und verjagt wurde, hat er bei Rebecca Schimpf ein neues Zuhause gefunden. © Privat

Als Rebecca Schimpf von Mampfreds Schicksal erfuhr, war ihr sofort klar, dass sie den 13 Jahre alten Kater bis zu seinem Tod aufnimmt. „Für mich ist das eine Art Berufung“, sagt die Tierliebhaberin. Seit 2020 hat sie elf schwer kranken Katzen ein letztes Zuhause geschenkt – und bisher neun von ihnen beim Sterben begleitet.

Wie ein Hospiz: Sie möchte Katzen eine schöne Zeit schenken – bevor sie sterben

„Als damals meine eigene Katze gestorben ist, wollte ich zunächst kein neues Tier. Doch dann erwischte mich der „Katzenvirus“ und ich entdecke auf der Homepage von Strassentiger Nord zwei alte Katzen, die ein neues Zuhause suchten“, erinnert sich die 57-Jährige. Da niemand die Katzen haben wollte, entstand der Wunsch, ihnen noch mal ein schönes, ein letztes Zuhause zu geben. Mampfred ist nun ihre elfte Pflege-Katze.

Sie habe schon immer ein Faible für alte Menschen sowie Tiere gehabt und sich viel mit dem Thema Sterben befasst. Sie streichelt, liebkost und beruhigt die Tiere in ihren letzten Stunden. Als sie vor wenigen Wochen gemerkt hat, dass es Kater Norbert immer schlechter ging, hat sie abends ein Körbchen neben ihr Bett gestellt und die ganze Nacht seine Pfote gehalten. Er ist friedlich in ihren Armen eingeschlafen.

Einer sterbenden Katze hält sie die ganze Nacht die Pfote

Wenn Rebecca Schimpf von den Katzen der letzten drei Jahre, kann sie sich an jeden Namen, an jede Rasse und jede Eigenart der Tiere erinnern. Zuerst waren da Snoopy und Flöckchen, dann Junior, den sie ihren Herzenskater nennt und bei ihr viel länger lebte, als man vorher gedacht hatte. Jamie Lee und Coco, dann Michi, der vier Monate lang kaum aus ihrem Badezimmer raus wollte, später Sissi sowie Norbert und Purzel, dann Belmondo. Er ist erst vor wenigen Tagen verstorben.

Natürlich sei jeder Tod schlimm, sagt Rebecca Schimpf. Aber sie mache es glücklich, den Katzen vor ihrem Tod noch mal eine schöne Zeit zu schenken. Sie zu lieben und zu umsorgen – auch wenn das heißt, jeden Tag so einiges für sie zu tun, den Tieren Spritzen zu geben oder auch mal gebissen zu werden.

Sie konzentriert sich auf die schönen Erlebnisse, die Erfolge. Wenn eine Katze sich zuerst zurückzieht, dann aber ihre Nähe sucht. Wenn ein Medikament abgesetzt werden kann, keine Schmerzmittel mehr benötigt werden oder der Durchfall weniger wird. So wie bei Mampfred.

„Wir bleiben bei den Tieren – bis zum letzten Schritt“

„Alte und kranke Tiere haben oft ein doppeltes Schicksal: Sie müssen nicht nur ihre eigene Krankheit verkraften, sondern oft auch den Verlust ihres Zuhause, weil ihre Besitzer gestorben sind“, sagt Claudia Keck, Vorsitzende von Strassentiger Nord.

Ihr Wunsch sei es, die Tiere aufzunehmen und ihnen noch mal ein liebevolles letztes Zuhause zu geben, sie zu umsorgen und würdevoll auf ihrem letzten Weg zu begleiten. „Wir tun alles, damit es ihnen so lang wie möglich gut geht. Und bleiben bei ihnen bis zum letzten Schritt, den sie entweder selbst oder mit tierärztlicher Hilfe gehen.“

Für jedes Tier gibt es ein eigenes Abschiedsritual – unter anderem wird eine echte und eine virtuelle Kerze angezündet. „Damit wir so viele Tiere wie möglich begleiten können, suchen wir noch mehr Pflegestellen für kranke Tiere“, sagt Claudia Keck.

Traum: Sie möchte Menschen bei der Sterbebegleitung von Tieren unterstützen

Seit der Kater bei Rebecca Schimpf Spezialfutter bekommt, scheint es ihm besser zu gehen. Er benötigt keine Schmerzmittel mehr und scheint in seinem neuen Zuhause angekommen zu sein. Sein Lieblingsplatz ist auf der Fensterbank, von der er aus die Vogelfutterstelle im Garten beobachten kann. Am Abend verlässt er seinen Beobachtungsposten und springt zu Rebecca Schimpf, um sich von ihr streicheln zu lassen. „Ich lebe von Tag zu Tag und freue mich über jeden Moment, in dem es Mampfred gut geht“.

Irgendwann, so ihr Wunsch, möchte sie auch andere Menschen bei der Sterbebegleitung ihrer Tiere und der Trauerbegleitung unterstützen. Irgendwann, wenn die Zeit gekommen ist. Doch bis es soweit ist, kümmert sie sich weiter um heimatlose Tierschutzkatzen von Strassentiger Nord. Die nächste wartet bereits auf sie.

Strassentiger Nord sucht noch weitere Pflegestellen für alte und kranke Tiere. Interessenten können sich direkt beim Verein melden unter 040/33 38 88 83.