Henstedt-Ulzburg. Lange Wartelisten, Besitzer müssen bis zu sechs Monate auf Platz warten. Auch Neubau steht zur Diskussion. Das sind die Gründe.

Die Lage ist dramatisch: Wegen Überfüllung können im Tierheim Henstedt-Ulzburg derzeit keine neuen Hunde, Katzen und Kaninchen mehr aufgenommen werden, es gibt einen Aufnahmestopp. „Wir sind auf allen Stationen randvoll und haben lange Wartelisten“, sagt Philine Bestehorn, die stellvertretende Tierheimleitung.

Allein 30 Hunde stehen auf der Warteliste, im Tierheim gibt es aber nur Platz für 15 Hunde. „In einigen Fällen dauert es bis zu sechs Monate, bis wir einen Hund aufnehmen können“, so Bestehorn.

Dramatisch: Tierheim überfüllt, Aufnahmestopp in Henstedt-Ulzburg

Während der Hamburger Tierschutzbund derzeit die vermehrten Aussetzungen zu Beginn der Sommerferien anprangert, spricht das Tierheim Henstedt-Ulzburg von einem dauerhaften Problem. „Unsere Stationen sind ganzjährig überfüllt“, sagt Philine Bestehorn. „Aber zum Glück wurden die meisten Tiere nicht ausgesetzt, sondern von Privatpersonen bei uns abgegeben oder vom Veterinäramt sichergestellt und zu uns gebracht.“

Das Tierheim nimmt nicht nur Hunde, Katzen und Kaninchen auf, deren Halter die Tiere abgeben möchten, sondern auch Tiere, die durch die Segeberger Behörden beschlagnahmt werden – „und das werden immer mehr“, sagt die stellvertretende Tierheim-Chefin.

Beunruhigt: Philine Bestehorn vom Tierheim Henstedt-Ulzburg und ihre Kollegen arbeiten dauerhaft an der Kapazitätsgrenze.
Beunruhigt: Philine Bestehorn vom Tierheim Henstedt-Ulzburg und ihre Kollegen arbeiten dauerhaft an der Kapazitätsgrenze. © Annabell Behrmann

Beunruhigend: Lage spitzt sich zu. Mitarbeiter arbeiten an der Kapazitätsgrenze

„Wir sind beunruhigt, weil sich die Lage immer mehr zuspitzt. Die Menschen sind verzweifelt und wissen nicht mehr, wohin mit ihren Tieren. Wir wissen es auch nicht und arbeiten dauerhaft an der Kapazitätsgrenze“, sagt Bestehorn, die für die Hundestation verantwortlich ist.

Die Gründe, warum die Halter ein Tier abgeben wollen, seien vielfältig. „Einige haben sich die Tiere übereilt angeschafft und sind dann damit überfordert, andere können durch Krankheits- oder Todesfälle nicht mehr für sie sorgen“, sagt die Expertin.

Aber auch die finanzielle Situation mache vielen Tierbesitzern zu schaffen. „Zusätzlich zu den Corona-Folgen und der Inflation leiden viele unter zunehmenden Tierarztgebühren, die um etwa 20 Prozent gestiegen sind“, weiß Philine Bestehorn aus Gesprächen mit Besitzern.

Dramatisch: Hundebesitzer müssen bis zu sechs Monate auf Platz im Tierheim warten

Angesichts der angespannten Situation im Tierheim wird seit Monaten über einen Neubau oder eine Erweiterung diskutiert. „Es ist wichtig, dass etwas passiert“, so Philine Bestehorn. Denn das 2006 errichtete Tierheim sei schon lange nicht mehr auf dem neuesten Stand. „Die Haltungsanforderungen haben sich massiv verändert, und wir möchten unsere Tiere so artgerecht wie möglich halten.“

Doch dafür brauche man Platz, aber die Kapazitäten auf dem Grundstück seien begrenzt. „Wir brauchen die Außenflächen als Auslaufflächen für die Hunde und können diese nicht einfach bebauen“, sagt die stellvertretende Leiterin.

Außerdem sei es mit einem Anbau nicht getan, denn das bestehende Gebäude sei an vielen Stellen feucht, ein Raum der Quarantänestation habe bereits wegen Schwarzschimmel geschlossen werden müssen.

Tierheim Henstedt-Ulzburg: Kommunen beraten über neue Struktur

Politisch verantwortlich für die Zukunft des Tierheims ist der Zweckverband „Fundtiere Segeberg West“. Unter Leitung von Henstedt-Ulzburgs Bürgermeisterin Ulrike Schmidt traf sich die Verbandsversammlung zuletzt Ende Mai, unter anderem waren auch Elke Christina Roeder, die Oberbürgermeisterin von Norderstedt, und Hanno Krause als Bürgermeister von Kaltenkirchen dabei. Ebenso im Verband: Das Amt Auenland Südholstein, das Amt Kisdorf und die Gemeinde Ellerau.

In einem Bericht schilderte der Tierschutzverein den Verwaltungsspitzen die Lage. „Es wird für Tierheime immer schwieriger, die Tiere zu vermitteln. Die Verweilzeit wird immer länger – es herrscht ein Überangebot. Und trotzdem werden weiterhin viel zu viele Tiere aus dem Ausland importiert und im Internet verkauft“, hieß es unter anderem.

Tierschutzverein fordert „langfristig sinnvolle Lösung“

Die Liste an Problemen ist lang. „Der tatsächliche Platzbedarf übersteigt die Kapazität des aktuellen Tierheimgebäudes und -geländes immens. Der ursprünglich angedachte Anbau an die Hundestation würde vier weitere Plätze schaffen. Das reicht bei weitem nicht mehr aus. Der Bedarf ist weit höher geworden als noch zu Planungsbeginn angenommen.“

Dazu müsse das Kleintierhaus ersetzt werden, dieses sei marode. Und: „Wir müssen uns an die Vorschriften bzgl. des Platzanspruchs pro Tier halten (3 Quadratmeter zum Beispiel beim Kaninchen), eine Käfighaltung wie 2006 geplant ist also gar nicht mehr zulässig und erhöht den Platzbedarf.“ Es sei daher „angezeigt, nun eine langfristig sinnvolle Lösung zu finden, die sowohl den Platzbedarf als auch die baulichen Probleme berücksichtigt“.

Tierheim: Irgendwann zuständig für den gesamten Kreis?

Nur: Es ist gar nicht sicher, welches Gebiet das Tierheim mittel- bis langfristig überhaupt abdecken soll. Schon im Herbst 2022 berieten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister mit dem Landrat über die Gründung eines kreisweiten Zweckverbandes. Ein Grund: Das Tierheim in Neumünster habe finanzielle Schwierigkeiten, es drohe die Schließung. Die Stadt Neumünster hat mittlerweile Betriebskostenzuschüsse für 2023 und 2024 gewährt.

Ein Aus hätte Folgen, schließlich sind sowohl die Stadt Bad Bramstedt als auch das Amt Bad Bramstedt-Land dort angebunden, genauso das Amt Boostedt-Rickling. Die Verwaltungen erkundigten sich beim Zweckverband West nach Möglichkeiten des Beitritts, suchten zum Teil den direkten Kontakt zum Tierschutzverein. Und auch die Kreisveterinärin habe den Wunsch nach einem Zweckverband für den gesamten Segeberger Raum.

Tierheim Henstedt-Ulzburg: „Wir befürworten einen zeitnahen Neubau“

Sollte das Tierheim in Henstedt-Ulzburg theoretisch all diese Kommunen ebenso übernehmen, wäre ein Neu- oder Anbau sowieso zwingend erforderlich – ob nun auf dem Grundstück am Kirchweg oder anderswo. „Wir befürworten einen zeitnahen Neubau“, so der Verein in seinem Bericht. „Sollte es zu einer Erweiterung des Zweckverbandes kommen, könnte der Tierschutzverein auch die Fundtierversorgung weiterer Gemeinden in der Größenordnung von ca. 40.000 Einwohnern übernehmen.“

In den nächsten Monaten werden die Beratungen weitergehen. Gegenüber der „Segeberger Zeitung“ hatte Kaltenkirchens Bürgermeister Hanno Krause aber schon einmal beziffert, dass es „mindestens drei Jahre“ dauern dürfte, bevor ein neues Tierheim – oder ein erweitertes und saniertes – in Betrieb gehen könne.