Lauenburg. Brücke oder Tunnel? Darum und um mögliche Trassenverläufe ging es in der dritten Beteiligungsrunde zu dem Großprojekt. Die Details.
Dass es in Lauenburg eine neue Elbquerung für den Straßenverkehr geben wird, ist seit drei Jahren bekannt. Aber wo wird sie verlaufen? Wird es eine Brücke oder ein Tunnel sein? Wann ist das Mammutbauwerk fertig? Um es vorweg zu nehmen: Antworten auf diese Fragen gibt es noch nicht. Aber eines steht offenbar fest: „Die neue Elbquerung wird zeitgleich mit einer Ortsumfahrung gebaut und geplant, egal, wo die Trasse verlaufen wird“, sagte Britta Lüth vom Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV).
Der hatte eine dritte öffentliche Beteiligungsrunde zu diesem Projekt organisiert. Diesmal ging es um mögliche Trassenverläufe in den bekannten fünf Planungskorridoren – und wie Brücke, Bohrtunnel oder Absenktunnel dort platziert werden könnten.
Mit neuer Elbquerung kriegt Lauenburg auch die Ortsumfahrung
Nachdem im März dieses Jahres die Gemeinde Hohnstorf Gastgeberin der zweiten Beteiligungsrunde war, hatte der LBV diesmal wieder nach Lauenburg eingeladen. Doch nur knapp 60 Interessierte waren in die Heinrich-Osterwold-Halle gekommen.
Liegt es an dem langen zeitlichen Vorlauf, den das Projekt benötigt, oder daran, dass die Veranstaltung auch vom heimischen Sofa aus verfolgt werden konnte? Den eingerichteten Livestream verfolgten zeitweise bis zu 170 Personen. Über eine Chatfunktion konnten auch die Menschen am Bildschirm Fragen an die Referenten stellen.
Untersuchungen der Flora und Fauna auf 4000 Hektar
Federführend bei den Voruntersuchungen zu den verschiedenen Trassenvarianten ist das Ingenieurbüro für Verkehrsanlagen in Halle an der Saale. Geschäftsführer Björn-Ingar Meyer hatte eine Menge Folien mitgebracht. Für die fünf Planungskorridore West, Mitte, Ost, Nord und Süd hatten die Planer jeweils eine Linienvariante für eine Brücke, einen Absenktunnel und einen Bohrtunnel vorbereitet.
Auf den ersten Blick erkennbar: Eine einfache Lösung wird es für eine neue Elbquerung in Lauenburg nicht geben. „Wir haben etwa 4000 Hektar Fläche untersucht, das entspricht fast 6000 Fußballfeldern“, rechnet Geschäftsbereichsleiterin Britta Lüth in einem Imagefilm des LBV vor. Die Untersuchungen bezogen sich zunächst vor allem auf die Tier- und Pflanzenwelt. „Technische Planung und Umweltverträglichkeit gehen ab jetzt Hand in Hand“, versichert Britta Lüth in dem Clip.
Elbquerung muss bis zu 30 Meter Höhenunterschied überwinden
Doch gerade das dürfte die besondere Herausforderung bei diesem Projektes sein. Man kann es nämlich drehen und wenden, wie man will, ohne eine Beeinträchtigung der Umwelt wird es nicht gehen. Alle infrage kommenden Trassenführungen berühren Naturschutzgebiete. Es gibt Biber und Haselmaus, dazu brüten im Wald und auf den Wiesen viele seltene Vögel, und nachts sind 13 Fledermausarten unterwegs – allesamt schützenswerte Arten. Und auch die technischen Voraussetzungen sind nicht ohne: Es müssen Hanglagen mit bis zu 30 Metern Höhenunterschied berücksichtigt werden.
Nach der Vorstellung der drei Bauwerksvarianten im jeweiligen Planungskorridor läutete Moderator Thomas Waldner eine Fragerunde ein. Die Besucher, die sich zu Wort meldeten, waren mit dem jetzigen Planungsstand offenbar schon vertraut. Zahlenmäßig gut vertreten war das Lauenburger Bürgeraktionsbündnis „Lauenburg reicht`s!“ (BAB).
Europäischer Gerichtshof: Alle Varianten müssen geprüft werden
Wie für Lauenburgs Grüne kommt für die BAB-Akteure eine neue Querung nur im Osten der Stadt infrage, also in der Nähe der heutigen Elbbrücke. „Ich verstehe nicht, warum so viele Varianten geprüft werden. Das ist Zeitvergeudung und Verschwendung von Steuergeld“, monierte Sprecher Jürgen Mähl. Doch um diese Prüfungen kommen die Planer gar nicht herum: Weil bei jeder möglichen Trassenführung Eingriffe in die Natur nötig sind, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) nämlich entschieden, dass im Vorfeld einer Planung dieser Größenordnung alle möglichen Varianten untersucht werden.
„Im anderen Fall würden wir riskieren, dass später gegen die geplante Trassenführung der Elbquerung geklagt und das Projekt gekippt wird. wäre eine Verschwendung von Steuergeld“, argumentierte Britta Lüth. In Stein gemeißelt sei zudem noch gar nichts. Erst Ende nächsten Jahres werde feststehen, welche Variante weiter verfolgt und schließlich umgesetzt wird.
Umgehungsstraßen im „vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplanes
Warum die BAB-Akteure eine Elbquerung im Westen der Stadt ablehnen, machten sie auch noch einmal klar. Sie befürchten, dass sich der Schwerlastverkehr, der jetzt im Osten über die Elbbrücke fährt, durch die ganze Stadt schieben würde, um dann die neue Querung zu passieren. „Ich bin jetzt 75 Jahre alt, ich glaube nicht, dass ich den Beginn der Planung der Ortsumfahrungen noch erlebe“, meinte Mähl.
Immerhin hatten es die Verlegung der B5 an den nördlichen Stadtrand und die innerörtliche Verlegung der B209 durch das Industriegebiet in den „vordringlichen Bedarf“ des aktuellen Bundesverkehrswegeplanes geschafft. Trotzdem hatten die beiden Ortsumfahrungen von Anfang an bei den Planern des Landes keine große Priorität. Jetzt offenbar die Wende.
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Verkehrsprognose wird im November vorgestellt
Wie sich die einzelnen Varianten der neuen Elbquerung auf die Verkehrsströme auswirken werden, wollen die Planer als Nächstes untersuchen. Im Januar und im April dieses Jahres wurden im Lauenburger Stadtgebiet nicht nur Autos, sondern auch Radfahrer und Fußgänger gezählt. Diese Zahlen fließen in die Prognose ein. Ein vierte Beteiligungsrunde zum Projekt neue Elbquerung ist für November vorgesehen – dann wahrscheinlich wieder in Hohnstorf.
Unklar ist derzeit noch, wo Fußgänger und Radfahrer die Elbe queren werden, wenn das neue Bauwerk steht. Möglich sei, so Planer Björn-Ingar Meyer, dass es eine separate Spur gebe. Dies gelte aber nur für eine Brückenvariante. Britta Lüth brachte noch eine andere Variante ins Spiel: einen Shuttle, der Fußgänger und Radfahrer auf die andere Elbseite bringt. So ein Beispiel gibt es bereits. Durch den Herrentunnel in Lübeck fährt so ein kostenloser Shuttle. Allerdings müssen dafür die Autofahrer zahlen: Für eine Durchfahrt werden 2,10 Maut fällig.