Geesthacht. Vom 3. Juli bis 29. September ist die Querung der Elbbrücke für Autos nicht mehr möglich. Was das zur Folge hat.

Die Arbeiten auf dem oberen Teil der Elbbrücke bei Geesthacht neigen sich dem Ende zu. Am Freitag, 30. Juni, wird die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Stundenkilometer aufgehoben. Dann darf an dieser Stelle an der B404 wieder 60 gefahren werden, teilt der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein (LBV.SH) mit. Was zunächst einmal positiv klingt, hängt eng mit der nächsten Baumaßnahme zusammen, die den Autofahrern in der Region drei Monate lang reichlich Nerven kosten wird. Wenn vom 3. Juli bis zum 29. September die Lauenburger Elbbrücke für den Automobilverkehr voll gesperrt ist, droht nicht nur Lauenburg sondern auch Geesthacht ein Verkehrskollaps.

Rund 20.000 Fahrzeuge passieren die Brücke am Stauwehr Geesthacht täglich. Dazu kommen ab 3. Juli weitere knapp 10.500 Kraftfahrzeuge sowie 800 Lkw hinzu (Stand Verkehrszählung 2021), die sonst die Elbquerung in Lauenburg nutzen und nun eine Alternative brauchen. Wie viele davon voraussichtlich über Geesthacht ausweichen werden, weiß der LBV.SH allerdings nicht: „Bislang liegen keine befriedigenden Prognosemodelle dazu vor.“

Elbbrücke: Geesthacht droht Verkehrschaos wegen Sperrung in Lauenburg

Klar ist, auch wenn der überregionale Verkehr etwa an der A39 umgeleitet wird, wird es im Bereich Geesthacht zwei Nadelöhre geben, wo sich die Autos auch schon jetzt – ohne zusätzlichen Verkehr – stauen: im Kreuzungsbereich am Ende der A25 samt Abzweig zur B404 nach Niedersachsen und an den Auffahrten zur Bundesstraße 404 an der Elbuferstraße in Geesthacht. Erschwerend kommt hinzu, dass durch die Sperrung am Dösselbuschberg in Geesthacht die Nordtangente ebenfalls nicht zur Verfügung steht.

Kurz vor dem Beginn der A25 droht Ungemach, wenn zu viele Linksabbieger auf die B404 für einen Rückstau bis nach Geesthacht sorgen.
Kurz vor dem Beginn der A25 droht Ungemach, wenn zu viele Linksabbieger auf die B404 für einen Rückstau bis nach Geesthacht sorgen. © Dirk Schulz

Das heißt: In Ost-West-Richtung muss der gesamte Verkehr entweder durchs Geesthachter Stadtzentrum oder über die Elbuferstraße verlaufen. „Das wird automatisch zur Belastung der Verkehrsteilnehmer führen“, ahnt Mirco Tensfeldt, der bei der Polizeidirektion Ratzeburg für überörtliche Verkehrsangelegenheiten zuständig ist.

Grüner Verkehrsexperte Boll: „Lkw werden über Tesperhude ausweichen“

Konkret fürchtet Gerhard Boll, Verkehrsexperte der Geesthachter Grünen, dass besonders der Lkw-Verkehr verstärkt auf Grünhof und Tesperhude ausweichen wird, wo er am Steinberg einen abschüssigen Schulweg samt Tempo 30 passieren muss. „Die fahren alle nach Navi, und über Tesperhude ist der kürzeste Weg“, unkt Boll, der lange Rückstaus an den Auffahrten zur B404 befürchtet. Diese könnten nach Einschätzung der Polizei teilweise sogar bis zum Freizeitbad zurückreichen.

Gleiches ist in Geesthacht-Besenhorst zu befürchten, wenn der Linksabbieger auf die B404 am Anfang der Autobahn 25 überlastet ist. Während einer Grünphase kommen hier nämlich nur wenige Pkw durch, sodass die Abbiegespur schnell voll ist und dann auch der Weg nach Hamburg blockiert ist. Hier gibt es Rückstaus teilweise bis zum Heidbergring (Fahrendorfer Weg) und darüber hinaus. Auch um die Ab- und Auffahrt Rönne in Niedersachsen sowie im Lauenburger Stadtgebiet (B5) scheinen Staus unausweichlich.

Andere Ampelschaltung, um Rückstaus zu vermeiden?

Die Deutsche Bahn AG als Verantwortliche für die Baumaßnahme an der Lauenburger Elbbrücke, der LBV.SH, die Stadt Geesthacht, die Polizei und die Straßenverkehrsbehörde des Kreises Herzogtum Lauenburg stimmen sich gerade ab, ob und wie die Mehrbelastung abgefedert werden kann – etwa durch eine andere Ampelschaltung am Ende der A25. Danach erfolgt eine sogenannte verkehrsrechtliche Anordnung. Ob es Maßnahmen geben wird, ist jedoch keineswegs gesichert.

Generell äußert sich der LBV.SH zurückhaltend: „Die vorhandene bauliche Infrastruktur definiert die Leistungsfähigkeit von Knotenpunkten. Optimierungsmöglichkeiten von Lichtsignalanlagen sind dadurch Grenzen gesetzt. Gerade bei den verkehrsabhängig geschalteten Anlagen ist häufig das Optimum erreicht.“

Die Lauenburger Elbbrücke muss dringend saniert werden. 
Die Lauenburger Elbbrücke muss dringend saniert werden.  © Elke Richel

Gerhard Boll weiß, dass Veränderungen von bestehenden Ampelschaltungen mitunter schwierig sind, hält eine temporäre Ampellösung aber genau wie die Polizei für sinnvoll. „Das Verkehrsaufkommen muss dringend beobachtet werden“, fordert Boll. Mirco Tensfeldt geht davon aus, „dass wir als Polizei vereinzelt vor Ort vertreten sein müssen“. Für die Zukunft hält Gerhard Boll Kreisverkehre an den Auffahrten zur B404 an der Elbuferstraße „auf jeden Fall für sinnvoll“.

Lauenburger Elbbrücke in einem schlechten Zustand

Die Geesthachter Elbbrücke war 2022 für Sanierungsarbeiten acht Wochen voll gesperrt, anschließend – während laufender Arbeiten – das Tempo auf 30 Stundenkilometer reduziert. Bis zum 30. Juni laufen auf der Fahrbahn noch Restarbeiten, auch mit zeitweisen Fahrstreifensperrungen. Der zweite, westliche Radweg kann voraussichtlich ab 21. Juli freigegeben werden. Anschließend gehen die Arbeiten unter der Brücke ohne Einschränkungen für den Verkehr weiter.

Dafür lassen die Schäden an der Lauenburger Brücke keinen weiteren Aufschub von Arbeiten mehr zu. Das 1951 eingeweihte Bauwerk hat mittlerweile die schlechteste Zustandsnote, die in Deutschland für Brücken vergeben wird. Gerhard Boll hofft derweil inständig, dass in Lauenburg keine weiteren Schäden auftauchen, wie es in Geesthacht der Fall gewesen ist, die eine längere Sperrung erforderlich machen. „Wenn die Lauenburger Brücke länger ausfällt, wäre es eine Katastrophe“, sagt Boll.