Lauenburg. Nach der Flut 2013 sagte Schleswig-Holstein wirksamen Schutz zu. Doch passiert ist kaum etwas. Die Stadt ist mit ihrer Geduld am Ende.

In den letzten Mai- und den ersten Junitagen 2013 goss es im Oberlauf der Elbe wie aus Eimern. Der Fluss schwoll an. Die Flut traf die Lauenburger Altstadt mit voller Wucht. Am 11. Juni erreichte der Pegelstand 9,60 Meter – der zweithöchste, der in der über 800-jährigen Geschichte der Stadt gemessen wurde. Viele der historischen Häuser standen unter Wasser und drohten einzustürzen.

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Politiker nutzten die Bühne für medienwirksame Auftritte. Sogar Kanzlerin Angela Merkel war in Lauenburg und machte sich ein Bild von der Lage. Der damalige Landesumweltminister Robert Habeck sicherte der Stadt einen wirksamen Hochwasserschutz zu. „Ich habe immer gesagt, dass das Land Lauenburg helfen wird“, sagte er in einem LL-Interview im November 2014. Bis 2018, so hieß es damals, wird die Altstadt – immerhin das größte Flächendenkmal des Landes – vor künftigen Fluten geschützt sein. Auf dieses Versprechen gibt heute niemand mehr was.

Hochwasserschutz in Lauenburg: Steigt das Land klammheimlich aus?

Das Thema Hochwasserschutz steht auf jeder Tagesordnung des Bau- und Planungsausschusses. Bahnbrechendes kann Bauamtsleiter Christian Asboe selten berichten. CDU-Stadtvertreter Darius Brackmann wollte während der jüngsten Sitzung deshalb auch genau wissen: „Hat die Verwaltung das Gefühl, dass der Hochwasserschutz für die Lauenburger Altstadt beim Land noch hohe Priorität hätte?“ Die Antwort kam prompt: „Ehrlich gesagt kann man dieses Gefühl derzeit nicht haben“, sagte Asboe.

Insbesondere würde es derzeit beim Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN) haken. Die Behörde ist verantwortlich für Genehmigungen und Zulassungen innerhalb des Projektes Hochwasserschutz. Aber auch vom Landesamt für Denkmalpflege stünden wichtige Stellungnahmen aus. „Wir werden jetzt konkret nachfragen, ob das Land auf eine Exit-Strategie setzt, also aus dem Projekt aussteigen will“, kündigte der Amtsleiter an.

Unter dem Eindruck der Katastrophe fordern Lauenburger im Februar 2014 vom Land einen wirksamen Hochwasserschutz.
Unter dem Eindruck der Katastrophe fordern Lauenburger im Februar 2014 vom Land einen wirksamen Hochwasserschutz. © Richel

Beim LKN begründet man die verzögerte Bearbeitung verschiedener Anfragen mit personellen Engpässen. „Da das Personal infolge der Ostseesturmflut und ihrer Nachwirkungen auch an anderen Stellen sehr stark eingespannt ist, kann eine beschleunigte Bearbeitung entsprechender Anfragen derzeit leider nicht kurzfristig in Aussicht gestellt werden“, sagt Sprecher Wolf Paarmann. Rund 200 Millionen Euro Schäden richtete die Ostseesturmflut im Oktober 2023 an. Das Land Schleswig-Holstein muss davon den Hauptanteil tragen.

Der Hochwasserschutz für Lauenburg ist auch nicht gerade ein Schnäppchen. Die Kosten schätzt Asboe auf mindestens 50 Millionen Euro. Die genaue Höhe sei noch völlig ungewiss, zumal die Planung noch in den Kinderschuhen stecke. Auf jeden Fall muss das Land 90 Prozent der Gesamtkosten tragen. Ob und in welcher Höhe die Anwohner beteiligt werden, ist noch nicht entschieden.

Auch komplizierte Zuständigkeiten bremsen Planung aus

Aber nicht nur Kosten oder Personalmangel sind Gründe, warum es in Sachen Hochwasserschutz nicht wirklich vorangeht. Auch das Geflecht der Zuständigkeiten bremst die Planung aus. Seit 2017 laufen bei der Lauenburger Verwaltung die Fäden der Abstimmung und Terminüberwachung zusammen. In einer sogenannten kleinen Lenkungsgruppe stimmen sich Vertreter des Landes und der Stadt über die nächsten Schritte in Sachen Hochwasserschutz ab. „An den Sitzungen dieses Gremiums nehmen Vertreter des LKN nicht mehr regelmäßig teil“, bedauert Asboe.

In der großen Lenkungsgruppe sitzen die Entscheidungsträger zusammen, die für alle Schritte grünes Licht geben müssen. Kommt man dort zu dem Schluss, dass die Vorschläge nicht überzeugend seien, fängt die kleine Lenkungsgruppe quasi von vorn an. Krasser Kontrast zu der riesigen Gruppe von hauptamtlichen Entscheidern: Träger der Maßnahme ohne Entscheidungskompetenz ist der ehrenamtlich geführte Wasser- und Bodenverband.

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Dabei herrscht dringender Handlungsbedarf. Wissenschaftler des Deutschen Wetterdienstes haben für eine aktuelle Studie herausgefunden: Extremwetterlagen kommen heute in Europa doppelt so häufig vor wie vor 100 Jahren. Damit nimmt auch die Wahrscheinlichkeit von Hochwassern zu. Zu Beginn dieses Jahres hatte sich die Elbe in Lauenburg eindrucksvoll zurückgemeldet. Doch diesmal kam die Stadt mit einem blauen Auge davon. Bis auf vollgelaufene Keller entlang der Elbstraße richtete das Hochwasser keine größeren Schäden an.

Bei der Stadt ist man mittlerweile mit der Geduld am Ende. „Die ständigen Verzögerungen kann man niemandem mehr erklären. In der kommenden Woche tagt die große Lenkungsgruppe. Wir haben das Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Jetzt müssen alle Beteiligten endlich Farbe bekennen, ob sie den Hochwasserschutz für Lauenburg noch umsetzen wollen oder nicht“, mahnt Amtsleiter Christian Asboe an.