Lauenburg. Fast zehn Jahre nach dem Hochwasser 2013 ist die Lauenburger Altstadt noch immer schutzlos. Bürgermeister Thiede platzt der Kragen.

Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass fast zehn Jahre nach dem verheerenden Hochwasser 2013 die Altstadt von Lauenburg im Ernstfall den Fluten noch immer schutzlos ausgeliefert wäre. Viele Planungsprozesse könnten deutlich schneller gehen, würde die untere Denkmalbehörde nicht wie ein Bremsklotz wirken, so der Eindruck in Lauenburgs Verwaltung.

Ein ums andere Mal mussten die Planer zurückrudern, weil denkmalrechtliche Genehmigungen verwehrt wurden. „Das hätte vermieden werden können, wären die Denkmalschützer gleich von Anfang an im Boot gewesen“, sagt Lauenburgs Bürgermeister Andreas Thiede.

Lauenburger Altstadt noch immer ohne Hochwasserschutz

Dafür gebe es keine personellen Kapazitäten, hieß es bisher aus der unteren Denkmalschutzbehörde. Damit soll jetzt Schluss sein. Am Dienstag beschloss der Haupt- und Innenausschuss des Kreises die Schaffung einer halben Stelle, zweckgebunden für die denkmalrechtliche Begleitung der Planungsarbeiten für den Hochwasserschutz in Lauenburg.

Mit Schreiben vom 20. Mai dieses Jahres an Landrat Christoph Mager hatte Lauenburgs Bürgermeister seinem Ärger Luft gemacht. Am Geld liegt es nämlich nicht, dass es in Sachen Hochwasserschutz nur mit angezogener Bremse vorangeht. Schließlich stehen etwa 30 Millionen Euro Fördermittel bereit, um das Flächendenkmal Lauenburger Altstadt vor künftigen Fluten zu schützen.

Brandbrief des Lauenburger Bürgermeisters an den Landrat

„Um dieser kulturhistorischen Bedeutung im Zuge der Hochwasserschutzplanung folgerichtig gerechtwerden zu können, ist eine stetige Begleitung durch die zuständige Denkmalschutzbehörde als Genehmigungsinstanz vonnöten. An dieser erforderlichen intensiven Mitwirkung an den bisherigen Planungsprozessen hat es in der Vergangenheit spürbar gemangelt“, schreibt der Lauenburger Verwaltungschef.

Seine Befürchtung: Er müsse der Öffentlichkeit vermitteln, dass der zuletzt genannte Fertigstellungstermin 2030 für den Hochwasserschutz der Lauenburger Altstadt auch nicht zu halten sei. „Vor diesem Hintergrund muss ich Sie eindringlich bitten, Ihre untere Denkmalschutzbehörde personell so auszustatten, dass die Planungs- und Umsetzungsprozesse für den Hochwasserschutz der Lauenburger Altstadt nicht behindert werden. Eine intensive und dauerhafte Begleitung durch die Denkmalschutzexperten Ihres Hauses muss kurzfristig sichergestellt werden“, heißt es in dem Schreiben weiter.

Künftig wird die Mitwirkung der Denkmalbehörde noch wichtiger

Der Brandbrief verfehlte seine Wirkung nicht. „Für eine derart umfassende Begleitung stehen in der unteren Denkmalpflegebehörde keine Personalkapazitäten zur Verfügung. Dies könnte allerdings zur Folge haben, dass am Ende des Planungsprozesses die ausgearbeiteten Lösungen verworfen und Alternativen erarbeitet werden müssten“, hieß es in der Begründung der Beschlussvorlage der Kreisverwaltung, die der Hauptausschuss schließlich verabschiedete. Künftig wird es in der Denkmalschutzbehörde jemanden geben, der sich in einer halben Stelle um die Begleitung der Planung des Hochwasserschutzes in Lauenburg kümmert.

Angesichts der Aufgabe, die die Planer des Hochwasserschutzes im sogenannten Abschnitt A vor sich haben, ist die Mitwirkung der Denkmalschützer wichtiger denn je. Für viele Anwohner geht mit diesem Abschnitt die Planung des Hochwasserschutzes erst richtig los. Und auch die Fachleute sprechen von der Kernzone der künftigen Hochwasserschutzlinie.

Expertenbüro soll zwischen Planern und Denkmalschutz vermitteln

Die Planer dieses Bereiches stehen fest. Den Zuschlag hat das Büro Inros Lackner aus Rostock erhalten. Die Architekten und Ingenieure aus Mecklenburg sind in Sachen Hochwasserschutz ausgewiesene Experten. Sie haben unter anderem das Hochwasserschutzkonzept der Stadt Sulz am Neckar erarbeitet.

In dem Bereich zwischen Rufer-Platz und Kuhgrund gibt es Grundstücke, auf denen Gebäude unmittelbar an die Elbe herangebaut sind, während andere Grundstücke einen Garten zur Wasserseite haben. Der Hochwasserschutz muss in jedem dieser Fälle die individuellen Merkmale des jeweiligen Denkmals berücksichtigen. Für die Planung dieses Bereiches hat das Gebäudemanagement Schleswig-Holstein (GMSH) deshalb nicht nur die Planungsleistungen für die Wasserbauer ausgeschrieben, sondern auch für den Denkmalschutz.

Dieses Expertenbüro soll zwischen den Planungsingenieuren und der unteren Denkmalschutzbehörde vermitteln und das jeweilige Genehmigungsverfahren der Behörde von Anfang an begleiten. So soll eine weitere Verzögerung der Planungen verhindert werden.

Hochwasserschutz für Hitzacker vom Denkmalschutz begleitet

Die örtlichen Gegebenheiten sind andere, aber zwei Dinge haben die Altstädte Lauenburgs und Hitzackers gemeinsam: Sie sind Flächendenkmäler und waren oft vom Hochwasser betroffen. In Hitzacker ist die Gefahr gebannt. 2005 genehmigte das Land Niedersachsen das Projekt. 2008 erfolgte die Einweihung der Schutzanlagen. Die Kosten betrugen 30 Millionen Euro, finanziert aus Mitteln der Aufbauhilfe und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung.

Von Anfang an waren die Denkmalschützer beteiligt, was gelegentlich auch dort zu Interessenkonflikten geführt hatte. In einer Nachbetrachtung des Projektes durch die TU Dresden heißt es: „Weder die Denkmalpflege noch der Hochwasserschutz darf stehen bleiben bei starren Konzepten, die dann entweder im Recht-Behalten oder in einer Niederlage enden.“