Lauenburg. In der Uhrbrocksiedlung wohnten einst Lauenburger Werftarbeiter. Das Viertel ist denkmalgeschützt. Warum trotzdem saniert werden darf.

Wer über das marode Kopfsteinpflaster der Lauenburger Uhrbrockstraße stolpert, wird sich kaum vorstellen können, dass hier jeder Stein unter Denkmalschutz steht. Verschiedene Quellen bezeichnen das Gebiet als die älteste Arbeitersiedlung in Schleswig-Holstein. Die teilweise notdürftig ausgebesserte Straße stammt aus der Zeit der Entstehung. Jetzt geht es der Buckelpiste an den Kragen. Am Montag, 24. Juni, beginnt der erste Bauabschnitt einer umfassenden Sanierung des Areals.

Zwischen 1858 und 1870 errichtete Amtsbaumeister Friedrich Uhrbrock die Siedlungshäuser und vermietete sie an Arbeiter der Lauenburger Werften. Zu dieser Zeit wurde auch das Kopfsteinpflaster verlegt, das es im Jahr 2015 als „bauliche Anlage“ auf die Denkmalschutzliste des Landes geschafft hat. Damit ist es tabu für jegliche Umgestaltungen.

Lauenburg bekommt Million für Schleswig-Holsteins älteste Arbeitersiedlung

Umso erstaunlicher, dass die Stadt beim Land mit ihrem Förderantrag Erfolg hatte. Für die Sanierung des Viertels hat die Stadt Städtebaufördermittel bewilligt bekommen. Für fast eine Million Euro können hier nun Straßen, Wege und Plätze aufgewertet werden.

„Ein aus Naturstein gestalteter Gehweg schafft künftig Abhilfe und wird der historischen Bedeutung der Werftarbeitersiedlung gerecht“, heißt es in dem Zuwendungsbescheid. Allerdings muss im Haushalt ein Eigenanteil von einem Drittel der Fördersumme eingeplant werden.

Sanierung der Siedlung im Sinne des Denkmalschutzes

Der Volksmund hat früher für die Uhrbrocksiedlung den Namen Koppel geprägt. Möglicherweise deshalb, weil die winzigen Parzellen seinerzeit auf der ehemaligen Koppel des Lauenburger Gastwirtes Körting errichtet wurden. Nach ihm wurde eine Straße des Viertels benannt, die angrenzende Uhrbrockstraße erinnert an ihn.

Johann Ernst Friedrich Uhrbrock entstammte einer angesehenen Lauenburger Familie. Er galt als ein Mann mit ausgeprägtem Pflichtgefühl und starkem Gerechtigkeitssinn. Ganz ein Patriarch der damaligen Zeit sorgte er für die Familie, verlangte dafür aber absolute Gehorsamkeit.

Uhrbrock verdiente sich eine goldene Nase

Wer sich ihm widersetzte, wurde enterbt. Das galt übrigens auch für die Stadt Lauenburg selbst, die er in seinem Testament mit einer Stiftung bedachte, aus der das Krankenhaus finanziert wurde. Als Gegenleistung sollte die Stadt nach seinem Tod seine Grabstätte pflegen. Seine Stiftung wurde 1928 von der Stadt übernommen.

Der Bau der Siedlung für die Arbeiter war aber keineswegs nur von der Wohltätigkeit des Amtsbaumeisters geprägt. Heute würde man sagen, Uhrbrock verdiente sich eine goldene Nase damit. „Die Wohnungsnot in dem von Zuzüglern heimgesuchten Ort muss gewaltig gewesen sein. Bevor er das erste Haus verkaufen konnte, waren dessen drei Wohnungen schon vermietet, sodass der Käufer einem Mieter kündigen musste, um einziehen zu können“, schreibt der Lauenburger Historiker Dr. Wichmann von Meding in einem wissenschaftlichen Artikel zu diesem Thema.

1965 versuchte die Stadt schon einmal, das Quartier aufzuwerten, scheiterte damals aber am Widerstand der Bewohner.
1965 versuchte die Stadt schon einmal, das Quartier aufzuwerten, scheiterte damals aber am Widerstand der Bewohner. © LL | LL

Die jetzt geplante Aufwertung der historischen Siedlung ist übrigens nicht der erste Anlauf der Stadt. Bereits im Juli 1965 stand das Thema auf der Tagesordnung der Stadtvertretersitzung. „Ein Hauch von Landwirtschaft, doch gegen Neugestaltung wehren sich viele Bürger“ titelte die Lauenburgische Landeszeitung am 17. Juli des Jahres. Im Artikel ist von einer „harten Nuss“ die Rede, die die Politiker knacken müssten. Im Ergebnis blieb alles, wie es war – bis heute.

Sanierung scheiterte 1965 am Widerstand der Bewohner

Nicht nur die Straßen und Wege des Viertels, sondern auch die Freiflächen werden komplett umgestaltet. Das ist ein Spagat, denn auf die historische Pflasterung legen die Denkmalschützer besonderen Wert. „Wir haben gefühlt über jeden Stein gesprochen“, sagt Bauamtsleiter Christian Asboe.

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Jetzt steht das Konzept: Von den historischen Steinen werden so viele wie möglich wieder verlegt und, wo nötig, ergänzt. Zusätzlich gibt es einen Streifen, der die Barrierefreiheit in der historischen Siedlung sicherstellt. Dazu werden Pflastersteine von Hand so begradigt, dass nach dem Verlegen eine plane Fläche entsteht.

Barrierefreiheit in der gesamten Uhrbrocksiedlung

Außerdem werden neue Hecken gepflanzt, Sitzgelegenheiten geschaffen, die Straßenbeleuchtung auf LED umgestellt und ein Glasfasernetz verlegt. Der erste Bauabschnitt beginnt an der Einmündung Großer Sandberg und geht bis zur Krügerstraße.

Die Anwohner müssen während der Zeit mit Einschränkungen rechnen, insbesondere was Parkmöglichkeiten betrifft. Eine Ein- und Ausfahrt über Fürstengarten und Krügerstraße in die Uhrbrockstraße wird aber sichergestellt.